Hohe Fluktuation: Gastronomen suchen händeringend Personal

Herford. Sieben Monate lang musste die Gastronomie die Türen geschlossen halten. Das Aufatmen war bei Gästen und Betreibern dementsprechend groß, als mit den niedrigen Inzidenzwerten immer mehr Lockerungen möglich wurden. Seit nunmehr einem Monat haben die Restaurants, Eiscafés und Bars wieder geöffnet. Neben den dennoch weiter einzuhaltenden Corona-Regeln, stehen viele Gastronomen nun vor einer weiteren Herausforderung: Geeignetes Personal zu finden. Wer derzeit einen Nebenjob in der Gastro sucht, hat die Qual der Wahl. Beim Gang durch die Innenstadt wird das schnell deutlich. An vielen Lokalen hängt ein entsprechender Hinweis. Theke, Service, Küche: Für all diese Bereiche sucht etwa das Extrablatt am Alten Markt Mitarbeiter in Voll- oder Teilzeit. Ein paar Meter weiter könnten Jobsuchende beim Kochlöffel fündig werden, auch das Piccoli sucht Eisverkäufer und Barkeeper und eine Servicekraft wird im Kantor Kaffee benötigt. "Man braucht immer gute Leute" Derzeit sind im Kreis Herford 49 Stellen in der Gastronomie frei, informiert Janine Billerbeck, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit in Herford. "22 neue Stellen wurden allein im Juni bei uns gemeldet." Zum Vergleich: Im Mai wurden sechs neue Stellen gemeldet. Aber da haben auch noch die Lockdown-Regeln gegriffen. Billerbeck: "Tatsächlich ist das der höchste Stand an neu gemeldeten Stellen in der Gastronomie im Kreis Herford in einem einzigen Monat seit Februar 2020 – also vor der Pandemie." Admir Selimovic hat ebenfalls aktuell Stellen ausgeschrieben. "Man braucht immer gute Leute", sagt der Inhaber vom Föge am Alten Markt. Vor allem in den Sommermonaten. Da kommt die Urlaubszeit dazu, die Außengastronomie ist bei gutem Wetter voller "und es kann immer mal jemand ausfallen", sagt Selimovic, der deswegen lieber zwei Kräfte mehr als zu wenig hat. Trotz des Stellengesuchs käme er derzeit gut klar. "Wir haben Glück gehabt, viele Mitarbeiter sind geblieben", sagt der Inhaber. Es hätten sich aber auch welche umorientiert. "Es ist jedes Jahr das gleiche Spiel" Das bestätigt auch Thorsten Kleile, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) für die Region Paderborn-Detmold: "Viele Betriebe suchen händeringend Personal." Die Probleme seien hausgemacht und durch die Pandemie nur verschärft worden. Die Gastronomie baue vermehrt auf Aushilfen und 450-Euro-Kräfte. "Da haben sich viele einen neuen Job gesucht." In der Pflege etwa oder im Einzelhandel. "Wenn der dann noch besser bezahlt wird und gefällt, bleiben viele dabei." Schließlich seien die Arbeitsbedingungen in der Gastronomie für einige nicht optimal, so Kleile und zählt auf: "Es gibt oft keine Tarifverträge, es herrscht ein rauer Ton und dann sind da noch die Arbeitszeiten." Kleile sagt aber auch, dass das Personalproblem schon vor der Pandemie bestand. "Die Branche steht jedes Jahr im Fokus." Das sagt auch Föge-Inhaber Selimovic: "Es ist jedes Jahr das gleiche Spiel." Auch Kollegin Andrea Höner zu Siederdissen kann das bestätigen: "Wir suchen alle, wir müssen ja schließlich rechtzeitig vorsorgen", sagt die Inhaberin des Jägerkrugs. Und das sei kein Phänomen, das allein auf Corona und den langen Lockdown geschoben werden kann. "Das ist unabhängig davon." Darum hat die Alte Schule keinen Engpass In der Gastronomie ist die Fluktuation hoch. Doch es gibt auch Angestellte, die sich während des Lockdowns einen anderen Nebenjob gesucht haben und jetzt wieder zurückgekehrt sind. "Sowohl Aushilfen als auch Festangestellten sind froh gewesen, endlich wieder im Lokal arbeiten zu können", sagt Höner zu Siederdissen: "Wir konnten also ganz gut starten." Torben Tönsing vom Restaurant Die Alte Schule ist mit dem Start seit dem 4. Juni ebenfalls sehr zufrieden. Die Inhaber hätten hier keinen Personalengpass. Auf 450-Euro-Kräfte werde hier nicht gesetzt. Tönsing: "Wir arbeiten mit ausgelernten Kräften." Diese seien in Kurzarbeit gewesen, zusätzlich habe der Betrieb aufgestockt. Durch den Lieferservice im Lockdown sei auch eine Teilbeschäftigung weiter möglich gewesen. "Wir konnten unser Personal so halten", sagt der Gastronom. Jetzt möchten sie zeigen, was sie können. "Und das funktioniert nur mit einem top Team."

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