Warum das Klinikum jährlich bis zu sechs Millionen Euro vom Kreis benötigt

Kreis Herford. Bis zu sechs Millionen Euro Ausgleichszahlung jährlich fürs Klinikum: Der Betrag taucht jetzt erstmals im Haushaltsentwurf des Kreises auf. Das Defizit kommt allerdings nicht überraschend. Als Maximalversorger mit teuren, nicht gewinnbringenden Abteilungen wie einer Geburtsstation haben es Krankenhäuser schwerer, kostendeckend zu arbeiten, als private Häuser, die sich auf gewinnbringende Abteilungen konzentrieren. Zudem hat das Klinikum in den vergangenen Jahren viel investiert - ohne ausreichende Gegenfinanzierung durch das Land. Defizite hat der Kreis, Landrat Jürgen Müller zufolge, schon 2019 und 2020 ausgeglichen: Er erinnert an die Sanierung des Bettenhochhauses und viele weitere Baumaßnahmen. In der Summe seien das rund 120 Millionen Euro gewesen, sagt Müller, die zum Beispiel in den Neubau der Apotheke und des Parkhauses geflossen sind, in die Radiologie, den Fahrstuhlschacht, die Küche, die Energie- und Kälteversorgung . . . Ausgeglichen worden seien die Verluste, die das Klinikum erstmals 2018 ausgewiesen hatte, aus Rückstellungen, die der Kreis aus Überschüssen gebildet hat. Das sei auf Dauer aber nicht möglich. Und gesetzlich habe das Klinikum als Anstalt des öffentlichen Rechts einen Anspruch darauf, dass Verluste nach fünf Jahren ausgeglichen würden, sagt Müller. Die Corona-Ausgleichszahlungen laufen in diesem Juni aus Alle Krankenhäuser könnten derzeit schwer voraussagen, wie sich ihre Situation entwickeln werde, sagt Klinikum-Vorstand Peter Hutmacher. Die Ausgleichszahlungen, die sie erhalten, weil Pateienten in der Pandemie Behandlungen absagen und die Krankenhäuser Betten für Corona-Patienten frei halten mussten, laufen im Juni aus. Der Klinikum-Vorstand steht daher vor der Frage, wie es zukünftig um das Patienten-Vertrauen ins Klinikum steht. Das Klinikum schloss 2019 mit einem Rechnungsergebnis von minus 5,6 Millionen Euro und mit einem Betriebsergebnis von minus 9,9 Millionen Euro ab. Besser stehe es 2020 da, sagt Hutmacher. Derzeit könne er noch keine konkreten Zahlen nennen. Er kündigt aber an, dass er dem Verwaltungsrat Ende Juni den Jahresabschluss 2020 mit einem deutlich geringeren Minus vorlegen wird. Schwierig blieben die Prognosen für die Folgejahre, weil vieles nicht einzuschätzen sei. Sicherlich würden Sachkosten wie für Schutzkleidung und PCD-Tests auch nach der Pandemie höher sein als davor: "Corona wird uns ja erhalten bleiben." Zudem sollen die Eingangskontrollen personalisiert werden. Bleiben soll es auch bei deutlich mehr Hygienekontrollen. "Das sind alles Kosten, die nicht mehr gegenfinanziert sind", sagt Hutmacher. Der Knackpunkt ist die Unterfinanzierung der Gebäude durch das Land Einen weiteren großen Block machten die Rückstellungen aus: Zwischen 2013 und 2018 ist das Bettenhochhaus für rund 50 Millionen Euro saniert worden. Jährlich steckt das Klinikum außerdem zwischen 1,5 bis 1,6 Millionen Euro in Gebäudesanierungen. "Der Knackpunkt ist die Unterfinanzierung durch das Land", sagt Hutmacher. Deshalb hat das Klinikum in der Vergangenheit Bauprojekte kreditfinanziert. "Zinsen und Tilgung belasten für die Zukunft", sagt Hutmacher. Mülller spricht von 1,25 Millionen Euro im Jahr allein fürs Bettenhaus. Weitere Investitionen stehen mit dem Neubau der Kinderklinik an. Dafür gibt es zwar Geld vom Land, aber das reiche nicht, sagt Hutmacher. Der Finanzierungsdruck sei sehr hoch. Hinzu komme, dass die Pandemie 2020 zu höheren Aufwendungen der Krankenkassen geführt habe und auch noch 2021 führen werde. Die Kassen müssten sehen, wo sie in Zukunft sparen. Und das würden sie sicherlich bei Kliniken und Krankenhäusern zu tun, weil rund ein Drittel des Etats der Kassen dorthin fließt. 2022 und 2023 werden die Schrauben angezogen, meint Hutmacher. Mit ersten einschneidenden Strukturanpassungen rechnet er für den Herbst dieses Jahres: Im Hintergrund steht auch die Krankenhausplanung NRW, die richtungsweisend für die in ganz Deutschland werden soll. Wer mehr Patienten behandelt als 2019 erhält für diese demnächst weniger Geld Sie geht einher mit einer finanziellen Unwägbarkeit, die der Begriff Fixkosten-Degressionsabschlag umschreibt. Dahinter steckt die Vorstellung, dass Krankenhäuser in Ballungszentren zur Überversorgung neigen. Die Konsequenz: Das Budget der Kliniken orientiert sich ab 2022 an den Patientenzahlen des Referenzjahres 2019. Krankenhäuser, die mehr Patienten behandeln, bekommen für diese zusätzlichen Patienten - bei gleich hohen Sach- und Personalkosten - nur einen Abschlag von 65 Prozent des sonst üblichen Satzes, und das für drei Jahre. Damit soll verhindert werden, dass sie Abteilungen ausbauen. Wächst allerdings die Bevölkerung plötzlich stark an oder kommt es zu einem verstärkten Zuzug von Flüchtlingen, könnten die Krankenhäuser finanziell die Leidtragenden sein. Hutmacher zufolge gibt es beim Blick auf die Finanzen aber auch viele positive Aspekte. Für 2020/2021 habe das Klinikum einmalig pauschal fünf Millionen Euro für die IT, den Brandschutz und die Beleuchtung erhalten. Demnächst komme das Krankenhaus-Zukunftsgesetz: Dann könnten sie einen Förderantrag für den Ausbau der Digitalisierung stellen. Hutmacher rechnet mit guten Chancen für das Klinikum auf eine Förderung. Und schließlich werde auch die engere Zusammenarbeit mit Bünde zu Einsparungen von Kosten führen, sagt Hutmacher, der auch Geschäftsführer des Bünder Lukas-Krankenhauses ist. Müller verweist auf die Zusammenlegung von Personalabteilung und Pathologie oder beispielsweiese eine einheitliche IT.

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