Herford. In Deutschland werden laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft pro Jahr zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel als Abfall entsorgt. Die Lechtermann Pollmeier Bäckereien setzen dieser Vergeudung etwas entgegen: Seit fast fünf Jahren bieten sie auch in Herford einen „Vortagsladen“ an. Hier werden Backwaren verkauft, die am Vortag in den Fachgeschäften übrig geblieben sind. Doch das ist nicht die einzige Strategie, um der Lebensmittelverschwendung zu begegnen.
Initiativen wie „Zu gut für die Tonne!“ und die „Nationalen Strategie gegen Lebensmittelverschwendung“ machen es vor. „Große Initiativen sind sicherlich wichtig, doch jeder muss bei sich selbst anfangen“, meint Hanno Lechtermann, einer der drei geschäftsführenden Inhaber der Lechtermann-Pollmeier Bäckereien mit Sitz in Bielefeld.
„Mein Bruder Stefan und ich sind – ebenso wie unser Kollege Thomas Pollmeier – in der Backstube groß geworden und wir haben noch von unseren Eltern gelernt: ,Brot wirft man nicht weg.“
Vorhersehen, welche und wie viele Backwaren voraussichtlich am kommenden Tag benötigt werden
Und so gibt es vier Säulen, mit denen die regionale Bäckerei agiert, um möglichst wenig Backwaren der Entsorgung zuzuführen. Ein wesentliches Element dabei ist es, so genau wie möglich vorherzusehen, welche und wie viele Backwaren voraussichtlich am kommenden Tag in den 15 Pollmeier- und den 24 Lechtermann-Fachgeschäften in der Region benötigt werden. Dafür bedienen sich die Bäckermeister den modernen Hilfsmitteln der Digitalisierung.

Die Daten der vergangenen Tage, Wochen, Monate und Jahre werden ausgewertet, um vorherzusagen, wie viele Osterbackwaren, Sonntagskuchen oder Schnittbrötchen an einem verregneten Dienstag zum Beispiel benötigt werden. Der nächste Schritt ist, dass die Fachgeschäfte mehrfach täglich mit den in Vilsendorf frisch produzierten Teiglingen aus der Backstube angefahren werden, welche dann nach Bedarf vor Ort für die Kunden gebacken werden. Wenn am Ende des Tages doch noch Backwaren in den Fachgeschäften übrig bleiben, dann gehen diese zurück in die Zentrale, werden dort geprüft und dann in die drei Vortagsläden der Region entsandt: Zwei davon befinden sich in Bielefeld, einer in Herford. Dort kann jeder die Backwaren vom Vortag zu einem Nachlass von etwa 50 Prozent erhalten. Dieses Angebot werde gut angenommen, meint Lechtermann.
Nachhaltig einkaufen oder Geld sparen
Die einen wollten nachhaltig einkaufen, andere Kunden möchten gerne das Geld sparen. Hanno Lechtermann: „Die Zusammenarbeit mit den Tafeln der Region bleibt davon unangetastet und was wir nicht in die Vortagsläden geben können, geht dennoch zurück in die Nahrungskette, indem wir diese Backwaren aufbereiten und als Futter für Nutztiere zur Verfügung stellen.“
Dass sich die Menschen, auch und besonders in Pandemiezeiten, hochwertigen Lebensmitteln zuwenden und darauf achten, dass diese nicht weggeworfen werden, freut den Bäckermeister: „Der Vortagsladen ist kaum von den anderen Fachgeschäften zu unterscheiden. Einrichtung, geschultes Fachpersonal, Backwaren aus der Heimat – Gutes von gestern zum halben Preis.“