Salzufler Straße ist bald wieder voll befahrbar

Herford. Die Geschäftsleute an der Salzufler Straße und die Anlieger der Umleitungsstrecken und Schleichwege werden aufatmen. Ab Samstag, 24. April, soll der Verkehr zwischen der Hansestadt Herford und der Kurstadt Bad Salzuflen endlich wieder durchgängig und ungehindert fließen. Das teilte auf Anfrage Baudezernent Peter Böhm mit. Derzeit aber ist die Strecke zwischen der Elan-Tankstelle an der Einmündung Langenbergstraße und der Aral-Tankstelle an der Einmündung Taxusweg noch eine Baustelle. Beide Tankstellen sind einseitig erreichbar. Die Arbeiten an der insgesamt 2,1 Kilometer langen Strecke zwischen der Einmündung Schützenstraße im Bereich Bergertor und dem vor kurzem eröffneten Obi-Markt werden seit Baubeginn im Oktober 2018 bis Ende April 2021 rund zweieinhalb Jahre gedauert haben. Das ist eine Bauzeit, mit der Obi nicht gerechnet hatte, und die eine Verschiebung der Eröffnung des Marktes um eine Gartensaison zur Folge hatte. Am Ende nahm das Tempo des Ausbaus dann durchaus Fahrt auf. Auch Obi gab sich am Ende versöhnlich. Baustelle soll am 23. April abgeräumt werden Den Straßenbauarbeiten waren seit 2016 mit Unterbrechungen Kanalbauarbeiten vorausgegangen, die die Einzelhändler und Dienstleister schon auf eine ebenso harte Probe stellten. Letztlich mussten sie einen Baustellenmarathon von fünf Jahren aushalten. Betroffen war auch der innerstädtische Einzelhandel, der für die Kunden aus Bad Salzuflen umständlicher zu erreichen war. Obwohl der letzte Bauabschnitt in diesen Tagen noch eine Schotterstrecke ist, glaubt Böhm, dass der 24. April zu halten ist: "Die Fahrbahndecken sind am Ende zügig aufgetragen." Man sei immer auch davon abhängig, ob die Mischwerke für den Belag arbeiten, sagt Böhm. Das scheint aber der Fall zu sein. So soll die Baustelle am 23. April geräumt werden. Die Salzufler Straße L 712 ist eine Landstraße, der Ausbau mithin eigentlich klassische Aufgabe des Landes, erklärt Böhm. Das Land hatte zwar die Kosten eingeplant und mit der Planung begonnen, sich aber personell nicht in der Lage gesehen, die Bauausführung zu überwachen. Da die Straße eine hohe Verkehrsbedeutung habe, aber in denkbar schlechtem Zustand gewesen sei, habe die Stadt diese Aufgabe selbst übernommen. "Darüber haben wir uns auch schon geärgert, weil wir dann die Prügel einstecken mussten", räumt Böhm ein. Ursprünglich sollte die Straße in sechs Abschnitten ausgebaut werden. Daraus seien aber deutlich mehr kleinteilige Abschnitte geworden, da man immer versucht habe, die Geschäfte erreichbar zu halten. Das allerdings ist nicht immer zur Zufriedenheit der Betroffenen gelungen. Böhm begründet die lange Bauzeit mit dieser Erreichbarkeit der Anlieger. In anderen Ländern werde diese Rücksicht nicht genommen und so komme man dort auch schneller voran. An Wochenenden werde auf Baustellen des Landes in der Regel nicht gearbeitet, weil das die Kosten erhöhen würde. Rund 7,6 Millionen Euro Gesamtkosten Ja, die Kosten. Das Rechnungsprüfungsamt hat sie geprüft und legt das Ergebnis dem Rechnungsprüfungsausschuss am Donnerstag, 15. April, vor. Demnach war eingangs des Auschreibungsverfahrens mit Kosten von netto 5,3 Millionen Euro für Fahrbahn, Gehwege und die Herstellung einer Regenwasserbehandlungsanlage kalkuliert worden. Das Ausschreibungsergebnis habe dann mit rund 6,3 Millionen Euro netto (7,5 Millionen Euro brutto) deutlich über der Kostenschätzung gelegen. Hinzu kommen Ingenieursleistungen von rund 210.000 Euro und Kosten für die Erneuerung einer Ampelanlage in Höhe von 86.000 Euro. Nach Angaben des Baudezernenten sei die Stadt in laufendem Kontakt zum Land gewesen, das ja den Löwenanteil der Kosten bezahlen muss. Er bewertet zumindest die Kostensteigerung seit Feststellung der Ausschreibungsergebnisse als "überschaubar". Derzeit liege man insgesamt bei rund 7,6 Millionen Euro Kosten brutto, das seien lediglich 100.000 Euro mehr als nach der Auftragsvergabe vorgesehen. Das Land zahlt für die Kosten der Fahrbahn, die Stadt für die Bürgersteige. Der städtische Anteil liegt laut Böhm bei 1,9 bis 2 Millionen Euro netto. Davon zahlen die Anlieger 65 Prozent, im Durchschnitt 4,50 Euro pro Quadratmeter Grundstücksfläche. "Als wenn man hier eine U-Bahn gebaut hätte" "Jetzt bekommen wir auch noch die Rechnung dafür", sagt Annette Langner, die mit ihrem Autohaus mitten im letzten Bauabschnitt liegt. "Wir sind noch vergleichsweise gut durchgekommen", tröstet sie sich, denn sie glaubt dass es die Tankstellen, Friseure und Händler noch schlimmer erwischt hat. "Ich habe viel Zeit mit Däumchendrehen verbracht", sagt aber ihr Automobilverkäufer Fabian Kissing. Da der Durchgangsverkehr fehlt, wurden viele mögliche Kunden nicht auf das Angebot aufmerksam und sein Umsatz ging um die Hälfte zurück. Selbst Bestandskunden hatten immer wieder Probleme, zum Autohaus zu finden. "Das ist nicht schön, wenn man mit der Familie gerade gebaut hat", sagt er. Immerhin haben die Kunden, die ein Fahrzeug über das Internet bei ihm gesehen haben, auch den Weg zu ihm gefunden. Kissing ist froh, dass sich die Corona-Pandemie mit ihren Problemen und die Baustelle wenigstens zeitlich überschnitten haben und nicht auch noch nacheinander gekommen sind. Annette Langner versteht nicht, wie sich eine Baumaßnahme so lange hinziehen kann. "Das steht doch in keinem Verhältnis zueinander. Da wurde doch keine U-Bahn gebaut. Man bezahlt für eine Fehlplanung", meint sie. Immerhin hätten sich die Bauleute und auch der städtische Baustellenkümmerer Michael Schäfer bemüht, Probleme zu lösen. Aber das schon auf anderen Streckenabschnitten absehbare Endergebnis überzeugt sie nicht: "Die Fahrbahn ist schmaler geworden, es gibt für die Händler zu wenig Parkplätze, weil neben und auf den aufgemalten Fahrradstreifen nicht geparkt werden darf. Und die Radfahrer fühlen sich nicht einmal sicher darauf." Lehrling konnte nicht übernommen werden Sie bedauert ihren benachbarten Kollegen Olaf Rossack. Den hat es schlimmer erwischt, weil dessen freie Werkstatt mit Autoverkauf über Wochen so gut wie abgeschnitten von der Außenwelt war. Erst als er einen Anwalt eingeschaltet hat, kam Bewegung in die Sache. "Wir haben daraus gelernt und dann von vorneherein über einen Anwalt gefordert, dass wir erreichbar bleiben", berichtet Annette Langner. "Sonst wären wir ins offene Messer gelaufen. Tatsächlich blieb ihr eine Zufahrt über den schon hergestellten Gehweg. Nun ist sie zuversichtlich, dass es mit der "freien Fahrt" ab Ende April auch hier wieder aufwärts geht. Das hofft auch Olaf Rossack. Er hatte im Februar vergangenen Jahres sein Leid in der NW geklagt, nachdem sich die Straße vor seiner Tür in eine Mondlandschaft verwandelt hatte und Kunden, die sich doch noch zu ihm verirrten, danach in die Waschanlage fahren mussten. Er ist zwar längst wieder gut von der Stadt aus zu erreichen, doch sein Betrieb liegt wie in einer Sackgasse, die Laufkundschaft fehlt und die Kunden sind noch immer irritiert, ob und wie sie zu ihm finden können. Generationswechsel um Jahre verschoben Noch immer liegt der Umsatz in der Werkstatt um die Hälfte unter Vor-Baustellen-Niveau. Das liegt auch an Corona. Die Leute sind weniger mit dem Auto unterwegs. Die Baustelle hat in seinem Betrieb auch einen Arbeitsplatz gekostet. Den guten Auszubildenden konnte er entgegen der Planung im vergangenen Jahr nicht übernehmen. Rossack hat im Vertrauen auf bessere Geschäfte nach Ende der Baustelle nun wieder erste Autos zum Verkauf vor das Haus gestellt. "Die Geschichte hat uns ganz schön nach unten gebracht", räumt Rossack ein. "Eigentlich wollte ich den Betrieb jetzt so langsam an meinen Sohn übergeben. Das wird sich nun noch zwei bis drei Jahre hinziehen." Denn Rossack will ein florierendes Unternehmen übergeben. An sich sieht er sich gut gerüstet für die Zukunft. Denn Juniorchef und KFZ-Meister René Rossack hat sich auch im Bereich E-Mobilität schulen lassen.

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