Herforder Stadttheater: Probleme mit Brandschutz sind noch gravierender

Herford. Neue Hiobsbotschaft für die Herforder Theaterfreunde: Es wird womöglich erst wieder mit Beginn der nächsten Spielzeit im Herbst 2021 Aufführungen in dem denkmalgeschützten Haus geben können. Das befürchtet der Geschäftsführer der Kultur Herford gGmbh, Andreas Kornacki. Die Ursache sind einmal mehr Brandschutzprobleme. Es hat sich bei einer Begehung mit Bauexperten herausgestellt, dass es mit dem vom Rat abgesegneten Einbau einer neuen Türanlage zur Sicherung des Fluchtweges zwischen Zuschauergarderobe und Foyer sowie der Ertüchtigung der Tür zwischen Kassenhalle und Garderobe für rund 250.000 Euro nicht getan ist. Schutzdecke aus dem Studio ganz entfernt Offenbar wurde in den flachen Anbauten des Theaters schon vor vielen Jahren der gleiche Fehler begangen, der nun zum geplanten Abriss des naturwissenschaftlichen Traktes des in einem Zuge gebauten Ravensberger Gymnasiums geführt hat. Es gibt hier wie da eine seltene Deckenkonstruktion, bei der die Stahlträger durch speziellen Beton im Fall eines Brandes geschützt sind. Dieser Schutz besteht nur, wenn diese sogenannte "Rabitzdecke" nicht nachträglich durchbohrt wurde. Beim Gymnasium ist das fatalerweise ausgerechnet bei der mehrere Millionen Euro teuren Sanierung des Traktes vor wenigen Jahren passiert. Bei den Funktionsräumen des Theaters wurde wohl immer mal wieder etwas an die Decke gehängt, in der Studiobühne wurde sie ganz entfernt. "Bevor wir jetzt das Geld für die Türen ausgeben, werden wir von Teilen des Geldes ein neues Gutachten in Auftrag geben", sagt Kornacki. Die Rede ist von rund 60.000 Euro dafür. "Wenn sich dann herausstellt, dass größerer Sanierungsbedarf ist, werden wir womöglich einen neuen Ratsbeschluss herbeiführen müssen." Kornacki geht es dabei nicht so sehr um die Studiobühne, sondern die Kassenhalle und die Zuschauergarderobe. Der ganze Flachbau hat eine durchgehende Decke. Das Foyer sei nach aktuellem Stand nicht betroffen. "Wir werden jetzt aber genau hinsehen bei dem ganzen im nächsten Jahr 50 Jahre alten Bau", sagt Kornacki. "Unsere Aufgabe ist es, bei aller Härte für die Kulturschaffenden die Sicherheit der Zuschauer herzustellen. Das ist eine große Aufgabe. Ich bin froh, dass wir die neuen Probleme nicht erst nach einem Einbau der Türen erkannt haben." Brandbrief an die Fraktionen Bürgermeister Tim Kähler hatte am Freitagmittag einen Brandbrief an die Fraktionen und das Ravensberger Gymnasium, das das Theater als Aula nutzt, geschickt. Darin schildert er, wie die neuen Probleme Ende November erkannt wurden. "Ich muss Sie heute leider davon in Kenntnis setzen, dass im Stadttheater weitere Herausforderungen bestehen können", schreibt Kähler. Aufgrund einer gemeinsamen Erörterung mit Experten sei man zu dem Entschluss gelangt, dass für die Entscheidungsfindung bezüglich der notwendigen Investitionen zur Wiederaufnahme des Spielbetriebes eine brandschutztechnische Untersuchung mit abschließendem Brandschutzgutachten erforderlich sei. Ergänzend sei eine begleitende Untersuchung der Gebäudetechnik und des Tragwerkes notwendig. Woher kommt jetzt die neue Erkenntnis? Im Zuge der Abbrucharbeiten der Turnhalle des RGH an der Studiobühne war es dort zu Rissbildungen gekommen. Der daraufhin beauftragte Statiker war schon an den Untersuchungen des Fachklassentraktes des RGH beteiligt. "Die gute Nachricht ist, dass es sich bei den Rissen um Setzungsrisse handelt, die nicht durch den Abriss verursacht wurden und die Standsicherheit nicht gefährdet ist", schreibt Kähler. "Die schlechte Nachricht ist, dass die Deckenkonstruktion im Studio der im RGH sehr ähnlich ist und hier die gesamte schützende Rabitzdecke entfernt wurde. Damit ist die Studiobühne ohne entsprechende Ertüchtigung nicht mehr nutzbar." Wann diese bauliche Veränderung erfolgt ist, könne nicht mehr nachvollzogen werden, offenbar aber bereits vor dem Amtsantritt des Theaterleiters Karl-Heinz Rohlf. Aufgrund dieser Erkenntnisse sei der Statiker von Andreas Kornacki gebeten worden, die weiteren Deckenflächen über der Zuschauergarderobe und der Kassenhalle zu beurteilen. Hier sei die Rabitzdecke noch vorhanden. Es seien aber Bohrungen vorgenommen und Lampen installiert worden. Die Bauaufsicht fordere ein aktualisiertes Brandschutzkonzept und den fehlenden konstruktiven Brandschutz wieder herzustellen, bevor das Theater wieder in Betrieb genommen werden kann. Am Donnerstagabend habe es eine Besprechung aller beteiligten Institutionen und Firmen gegeben. "Einmütig gelangten wir zu der Auffassung, dass eine grundsätzliche Begutachtung erforderlich ist, bevor weitere Investitionsentscheidungen getroffen werden. Beim RGH wurde damals versäumt, diese professionelle Begutachtung vorzunehmen. Diesen Fehler wollen wir nicht wiederholen", schreibt der Bürgermeister. Die Fachleute gehen davon aus, dass die Begutachtung im ersten Quartal erledigt werden kann. Dann muss wohl die Politik entscheiden, wie es weiter gehen soll. Mittelfristig will die Rats-Koalition aus SPD und CDU das Theater aufgeben und durch einen Neubau OWL-Forum ersetzen, der auch der Nordwestdeutschen Philharmonie einen neuen Spielort bietet.

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