So fangen Eltern die fehlende Kita-Förderung auf

Herford. Der Corona-Lockdown und Quarantäne-Zeiten sind für Erwachsene anstrengend. Auch bei Kita-Kindern stellten Herforder Erzieherinnen fest - den Kinder fehlt die Zeit in ihrer Gruppe. Je nachdem, wie gut ein Elternhaus das hätte abfangen können, hätten Kinder die fehlende Förderung durch die Kita in ihrer Entwicklung besser oder schlechter kompensiert. Vermehrt seien Empfehlungen für eine ärztliche Diagnose ausgesprochen worden. Macht sich das bei Therapeuten bereits bemerkbar? Mehr Kinder beim Ergotherapeuten Die Herforder Ergotherapeutin Sandra Nehl stellt fest: Seit der Corona-Pandemie kommen gefühlt mehr Kinder und Jugendliche in ihre Praxis. Das sei auf keine bestimmte Altersgruppe beschränkt, sondern betreffe alle. Probleme seien häufig motorische Auffälligkeiten, Entwicklungsverzögerungen und eine fehlende Konzentrationsfähigkeit. Kinder, die zu ihr in die Praxis kommen würden, hätten meist gleich ein Bündel von Problemen. Die Kontaktbeschränkungen, das Ausbleiben vom Sporttraining in der Freizeit und die dunklen Jahreszeit sei für diese Kinder problematisch: "Kinder, die motorisch normal entwickelt sind und denen das Erlernen von Bewegungen keine Schwierigkeiten macht, die leiden zwar auch, weil sie ihrem Bewegungsdrang nicht in gewohnter Weise nachgehen können, aber die können die Erfahrungen aufholen. Für Kinder mit Entwicklungsverzögerungen ist das nicht so einfach." Familien aus kleinen Verhältnissen haben es schwieriger Auch die Wohnsituation habe großen Einfluss darauf, ob Bewegung trotz der Corona-Beschränkungen möglich ist. "Für Familien mit einem großen Haus und Garten gibt es da natürlich mehr Möglichkeiten." Familien, die in kleineren Verhältnissen leben würden, hätten es schwieriger. "Dennoch ist auch hier was möglich. Es ist uns beispielsweise ein großes Anliegen, dass Kinder frühzeitig in den Haushalt mit eingebunden werden. Sie haben durchaus Freude daran, kleinere Tätigkeiten im Haushalt zu übernehmen." Durch das Tragen von Geschirr, das Falten von Handtüchern oder Plätzchen backen würden vielfältige Fertigkeiten erworben und trainiert. Zudem könnten sich Familien überlegen, den technischen Fortschritt für sich zu nutzen und gemeinsam via Youtube, zum Beispiel durch motivierende Musik- beziehungsweise Aerobic-Videos, Familien-Sport im Wohnzimmer zu machen. "Zusammen macht es mehr Spaß als alleine." Logopäden können die Sprachentwicklung anschieben In der Herforder Logopädie-Praxis von Kerstin Schüler sowie bei Melanie Begemann und Sandra Wessel von der Praxis &bdquo;Rederei" in Herford gab es bislang noch keinen Anstieg an Patienten im Kindergartenalter. Dass &bdquo;die Entwicklung bei manchen Kindern nicht so schnell vorangegangen ist wie sie es sonst ohne Lockdown und Quarantäne wäre, kann aber gut sein", sagt Wessel. Bereits Erlerntes als auch die Aussprache von gefestigten Lauten gingen dabei aber sicher nicht wieder verloren. Wie können Eltern den Entwicklungsstand ihrer Kinder beurteilen? &bdquo;Wenn das Kind um die zwei Jahre alt ist, die 50-Wort-Grenze nicht erreicht hat und auch noch nicht anfängt, in Zwei-Wort-Sätzen zu sprechen, dann spricht man von einem sogenannten &bdquo;Late Talker". Das wäre eine Indikation zu sagen, man versucht ganz früh die Sprachentwicklung anzuschieben, damit man im Nachhinein keine langwierige Therapie durchführen muss", sagt Wessel. Kinder, die kurz vor der Einschulung stehen, sollten alle Laute bilden können und nicht mehr &bdquo;Tatze" statt &bdquo;Katze" oder &bdquo;Sule" statt &bdquo;Schule" sagen. &bdquo;Wenn ich einen Laut nicht sprechen kann, kann es zu Problemen beim Erlernen der Schriftsprache kommen. Wenn das Kind auf Wörter aus seiner Umgebung nicht kommt, Dinge falsch benennt oder gar nicht, dann wäre auch das ein Fall für den Logopäden", sagt Begemann. Gut zuhören und nicht verbessern Den Kitas käme bei der Sprachentwicklung eine wichtige Aufgabe zu, hier werde viel Sprache gefördert. &bdquo;Da geht es im Morgenkreis schon los mit Singen und Erzählen, es wird gereimt und vieles mehr. Das kann man im häuslichen Bereich so nicht leisten", sagt Begemann. Eltern könnten dafür andere Dinge machen, um das Kind sprachlich zu fördern: Geschichten vorlesen, Bilderbücher angucken, Rollenspiele spielen und so Sprachanreize schaffen, rät Schüler. Kinderlieder singen, Reim - und Reaktionsspiele spielen, raten Wessel und Begemann. Dabei sei wichtig: &bdquo;Das Kind anschauen, wenn es spricht und es ausreden lassen", sagt Wessel. Und vor allem das Kind nicht verbessern oder gar Sätze sagen wie &bdquo;du bekommst die Milch erst, wenn du sie sagst". Das sei kontraproduktiv und setze das Kind nur unter Druck. Optimal sei es, den Begriff selbst noch einmal aufzugreifen und richtig in einen neuen Satz einzubinden. &bdquo;Sprache ist ganz viel Vorbild-Lernen", sagt Schüler.

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