So kämpfen sich Gastronomen mit dem Außer-Haus-Verkauf durch den Lockdown

Herford. Timo Hinkelmann und Heinz Kleine wollen nicht aufgeben. Zum zweiten Mal in diesem Jahr sind der Gastronom und der Konditormeister von einem Lockdown betroffen. Doch anstatt ihre Lokale komplett zu schließen, haben die beide die Ärmel hochgekrempelt und einen Außer-Haus-Verkauf organisiert. Und damit sind sie nicht allein: Auf der Internetplattform "Herford handelt" können sich Restaurants, Cafés und Bars präsentieren. Von den rund 28 registrierten Betrieben hat ein Großteil denselben Weg eingeschlagen. Manche, weil sie trotz der versprochenen Corona-Hilfen präsent bleiben wollen, und manche, weil für sie bislang noch kein Hilfsprogramm existiert. Konditormeister Heinz Kleine leitet zusammen mit seiner Frau das "Café Kleine" in Herford. Nachdem bekannt wurde, dass sie ihr Café ab dem 2. November nicht mehr öffnen dürfen, haben sie sich überlegt, wie sie ihre Gäste anderweitig versorgen können. Denn schließlich verkaufen sie nicht nur Brot, Brötchen, Torten und Pralinen, sondern bieten auch ein warmes Mittagessen an. "Wir machen in erster Linie auf, um für unsere Kunden da zu sein und präsent zu bleiben", erzählt er. Ob es sich lohne, seinen Koch weiterhin zu beschäftige - er weiß es nicht. Doch trotzdem will er den Außer-Haus-Verkauf weiterhin ermöglichen. "Wir hoffen vor allem auf die Treue unserer Stammkunden." Außer-Haus-Verkauf ist Herausforderung Ähnlich geht es auch TV-Koch Timo Hinkelmann, Leiter des Restaurants "Quartier Lounge" am Gänsemarkt in Herford. Wie schon beim ersten Lockdown setzt auch er nun wiederholt auf den Außer-Haus-Verkauf, auch, wenn er nicht weiß, wie viel er damit verdienen wird. "Aber besser als nichts", betont er. Zudem wollen sie kochen und arbeiten können, um ihre Kunden zu versorgen. Dabei hilft, dass er auf bestehende Erfahrungen und Strukturen zurückgreifen kann. Doch beim ersten Mal sei das eine riesige, logistische Herausforderung gewesen. "Wir mussten erst einmal überlegen, wie wir es schaffen, viele Gerichte auszuliefern und zwar so, dass sie auch warm beim Kunden ankommen." Auch die "Herforder Wirtschaft" und die "Alte Schule" setzen auf das Außer-Haus-Konzept. Sie sehen vor allem für Familien mit kleineren Kindern einen Vorteil. "Eltern mit kleinen Kindern gehen häufig nicht auswärts essen. Nun liefern wir beispielsweise Gänse- und Wildgerichte nach Hause, da ist das was anderes", erklärt Daniela Reiche, Leiterin der "Herforder Wirtschaft". Trotzdem niedrige Umsätze Die Herausforderungen, die ein Außer-Haus-Verkauf mit sich bringt, sind immens, betont auch Dehoga-Geschäftsführerin Regine Tönsing. Deshalb sei es auch nicht allen Herforder Lokalen möglich, umzustellen. "Man muss sich über Verpackungen Gedanken machen, die Kalkulation für Lebensmittel umstellen, Werbung machen, damit die Kunden überhaupt wissen, dass man das anbietet. Da kann man sich auch schnell verkalkulieren." Doch trotz des Außer-Haus-Verkaufes sind die Betriebe weit von ihren eigentlichen Umsätzen entfernt. Unsicher bleibt zudem, ob sie ab dem 1. Dezember tatsächlich wieder vollumfänglich öffnen dürfen. Das vom Bund beschlossene Hilfsprogramm soll den Gastronomen deshalb unter die Arme greifen. 75 Prozent des durchschnittlichen, wöchentlichen Umsatzes im November 2019 sollen ausgezahlt werden. Die Gewinne, die Gastronomen durch den Außer-Haus-Verkauf erzielen, spielen dabei keine Rolle. Einzige Ausnahme: Bringt der Liefer- und Abholservice mehr als 25 Prozent des Novemberumsatzes 2019 ein, wird die Fördersumme angepasst. Das sei jedoch unwahrscheinlich, vermutet Regine Tönsing. Zeitpunkt der Förderung unklar Dennoch denken Gastronomen über die Grenze nach. Torben Tönsing, der gemeinsam mit seinem Vater die "Alte Schule" leitet, sieht die 25-Prozent-Regelung für den Außer-Haus-Verkauf kritisch. "Soll ich meinen Kunden sagen, ich verkaufe nichts mehr, weil ich ab jetzt keine Hilfe mehr bekomme?" Wie sie damit umgehen sollen, müssten sie noch überlegen. Doch wie lange es dauert, bis die Fördersummen tatsächlich ausgezahlt werden, kann auch Regine Tönsing nicht abschätzen. Es werde jedoch mit Hochdruck daran gearbeitet, betont sie. Sie hofft darauf, dass ab Dezember ein relativer Regelbetrieb wieder stattfinden könne, denn viele Gastronomen würden mit den Einkünften aus November und Dezember den eher schwachen Jahresbeginn überbrücken. "Man darf nicht vergessen, dass wir das Bauernopfer sind." Die Gastronomie habe umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um den Betrieb coronakonform zu gestalten und habe trotzdem schließen müssen. Auch die Ergebnisse einer neuen Studie aus den USA, die Restaurants als "Superspreader"-Orte einstufen würden, findet sie fragwürdig. Denn: In den USA sei unter Donald Trump möglicherweise weniger auf die Einhaltung und Durchsetzung von Corona-Maßnahmen geachtet worden. Das sei in Deutschland jedoch gänzlich anders. Nicht alle Betriebe bekommen Hilfe Doch nicht alle Herforder Betriebe können von den Corona-Hilfen profitieren. Obwohl für Konditormeister Heinz Kleine fast sein ganzer Umsatz wegbricht, weil er sein Café nicht mehr öffnen darf und keine Kunden mehr beliefern kann, da beispielsweise auch Gastronomiebereiche von Schwimmbädern geschlossen haben, gilt er nicht als Gastronom. Auch nicht, obwohl das warme Mittagessen bei ihm frisch gekocht wird. "Bis jetzt ist für uns keine Hilfe in Aussicht. Wir können nur hoffen, dass wir mit unseren Stammkunden durch die Krise kommen." Einen Überblick über Herforder Gastronomen, die derzeit geöffnet haben, bietet die Plattform "Herford handelt".

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