Bericht im „Handelsblatt“: Bielefelder Restaurants sollen die dreckigsten Deutschlands sein

Bielefeld. Die Nachricht klingt wenig appetitlich – und auch der Blick auf die dazugehörige Deutschlandkarte könnte dazu geeignet sein, den Bielefeldern den nächsten Restaurantbesuch gründlich zu vermiesen: Das Handelsblatt hat nach eigenen Angaben recherchiert, wo die &bdquo;problematischsten und die saubersten Restaurants in deutschen Großstädten“ zu finden seien. Das Schlusslicht ist nach Meinung der Autoren ausgerechnet eine Stadt, &bdquo;in der Lebensmittel eigentlich einen besonderen Platz haben sollten“: Bielefeld. Dort wiederum ließ das Ergebnis des &bdquo;Gastro-Atlas der anderen Art“ und der Spitzenplatz bei den &bdquo;Worst Five“ der Erhebung die Kinnladen herunterklappen – sowohl beim Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Ostwestfalen-Lippe als auch beim städtischen Gesundheitsamt. Denn die finden weder ihre Restaurants noch die tatsächlichen Resultate ihrer Kontrollen in dem Bericht wieder. Bei rund 73 Prozent der Kontrollen in Bielefelder Restaurants habe es im Jahr 2023 Beanstandungen gegeben – Tendenz in den vergangenen Jahren steigend. Damit liegt Bielefeld in der im Artikel angeführten Liste der &bdquo;Städte mit den häufigsten Hygieneverstößen in Restaurants und Imbissen“ deutlich vor Dortmund, Köln, Berlin und Hannover auf Platz 1. &bdquo;Wir sind völlig überrascht“, sagt DEHOGA-Hauptgeschäftsführerin Regine Tönsing, als sie erstmals von dem Ranking des Handelsblattes erfährt. Denn weder von ihren Mitgliedern noch vom Gesundheitsamt habe sie in jüngerer Vergangenheit oder auch darüber hinaus ein Signal bekommen, dass irgendetwas in den Bielefelder Gaststätten im Argen liegen würde. &bdquo;Und das wäre ja schon äußerst ungewöhnlich, wenn wir davon nichts mitbekommen, wenn es wirklich so brenzlig wäre.“ Lesen Sie auch: Gericht stoppt Testlauf für &bdquo;Hygiene-Ampel“ in Bielefeld und Duisburg Gesundheitsamt kritisiert die dünne Datenlage des Rankings Auch die Stadt reagiert perplex auf die Berichterstattung und das verheerende Urteil über die vermeintlichen Hygienezustände in Bielefelder Lokalen. Ivo Lücke, Abteilungsleiter der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung im Gesundheitsamt, kritisiert die dünne Datenlage, die für den &bdquo;Gastro-Atlas“ herangezogen wurde – und dass die dann auch noch recht frei interpretiert worden sei. &bdquo;Es wurden lediglich die Zahlen abgefragt, bei welchen Kontrollen ein Verstoß festgestellt wurde“, erläutert Lücke. Dieser könnte durchaus im Bereich Hygiene gefunden worden sein. &bdquo;Es kann aber auch sein, dass nur eine gerissene Fliese, ein Fehler in der Speisekarte oder ein abgenutztes Schneidebrett festgestellt worden ist.“ So oder so lande die vor Ort gemachte Beobachtung als Verstoß in der Statistik. &bdquo;Und aus den von uns gemeldeten Zahlen lässt sich nicht ableiten, dass es sich immer um Hygieneverstöße handelt.“ Hinzu käme, dass es in NRW einen Ministerialerlass gebe, dass auch &bdquo;kleinere Verstöße oder lediglich Feststellungen“ erfasst werden müssen. &bdquo;Die hohe Anzahl der Verstöße in Bielefeld ist also kein Zeichen dafür, dass die hiesigen Betriebe besonders unhygienisch sind, sondern wie sorgfältig das Kontrollpersonal seinen Dokumentationsverpflichtungen nachkommt.“ Lesen Sie auch: Top 15: Das sind die beliebtesten Restaurants in Bielefeld Mit einer anderen Statistik läge Bielefeld plötzlich auf Platz 1 Dazu, dass andere NRW-Städte wie Bonn in dem Ranking eklatant besser abschneiden, hat Lücke zumindest einen Verdacht, wie dies zustande kommen könnte: Er vermutet, dass dort die EU-Statistik in den &bdquo;Gastro-Atlas“ eingeflossen sei, in der nur Kontrollen auftauchen, bei denen &bdquo;formelle Maßnahmen“ wie Ordnungsverfügungen oder Bußgelder verhängt wurden. Wäre dieses Zahlenwerk auch für Bielefeld angewandt worden, käme die Stadt wie Bonn auch nur auf zwei Prozent – und wäre mit Spitzenreiter der &bdquo;Best Five“. Letztlich kritisiert Lücke auch, dass nur schwer oder gar nicht nachgehalten werden könne, wie vollständig die Behörden in den im Ranking aufgeführten Städten und den dazugehörigen Bundesländern die vorgefundenen Verstöße dokumentieren. &bdquo;Die erhobenen absoluten Zahlen lassen sich in keiner Weise vergleichen“, sagt Lücke – ganz abgesehen davon, dass sie zudem &bdquo;keinerlei Rückschluss auf die Art und Schwere der Verstöße geben“. Dass die Kontrolleure in Bielefeld bei ihren Besuchen in den Restaurants und Imbissen Dinge zu monieren haben, stellen weder Lücke noch Regine Tönsing in Abrede. &bdquo;Natürlich gibt es immer mal kleine Beanstandungen“, so die DEHOGA-Hauptgeschäftsführerin. &bdquo;Aber die sind nicht gravierend und maßgeblich für den Verbraucher – eher nur für die Papiere.“ Sollte es dann doch zu einem schweren Vorfall kommen, bei dem erheblich gegen Hygienevorschriften verstoßen oder gar die Gesundheit der Kunden gefährdet worden ist, werden diese in NRW auf der Website zur &bdquo;Lebensmitteltransparenz“ ein halbes Jahr lang für jeden einsehbar dokumentiert. &bdquo;Aktuell sind dort aber keine Veröffentlichungen aus Bielefeld eingestellt“, verweist Lücke darauf, dass es offenbar in den vergangenen sechs Monaten keinen derartigen Fund gegeben habe. Und letztlich hätten auch die Bielefelder selbst die Möglichkeit, potenziell unhygienische Lokale und Gaststätten zu melden: Sie können aus ihrer Sicht bedenkliche Zustände oder Auffälligkeiten dem Bürgerservicecenter melden. &bdquo;Die Beschwerden werden dann geprüft“, sagt Ivo Lücke. &bdquo;In der Regel wird dann aufgrund dessen eine unangekündigte Kontrolle durchgeführt.“ Lesen Sie auch: Neueröffnungen 2024: Diese zehn Restaurants sind neu in Bielefeld Gastronomen haben aktuell andere Sorgen als Rankings Die zweifelhafte Ehre, in einem bundesweiten Ranking einen &bdquo;Spitzenplatz“ erreicht zu haben, lehnt der Gesundheitsamt-Chef demnach dankend ab – zumal die Gastronomie gerade mitten im wichtigen Weihnachtsgeschäft steckt und auch nach der langen Coronazeit sicherlich andere Sorgen hat, wie Regine Tönsing feststellt. &bdquo;Da möchte ich die Kollegen momentan nicht auch noch mit so etwas belasten.“ News direkt aufs Smartphone: Hier finden Sie den kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Bielefeld

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