Wo Brennnesseln im Garten einfach sein dürfen

Herford. Vor der Kommunalwahl geben Politiker viel von sich preis – über ihre persönlichen Lebensumstände, ihre politischen Ziele und ihre privaten Hobbys. Nach letzterem gefragt, antwortete Dana Kuntemeier-Wolff im Sommer: &bdquo;das Züchten von Brennnesselsorten im heimischen Garten". Schon ein kurzer Blick jenseits ihres Gartenzauns lohnt. Kuntemeier-Wolff lebt mit ihrer Familie in Eickum. Das Grundstück fällt zu einem Bach ab, hinter dem ein rund 100 Meter breiter Streifen Wald verläuft. Der abfallende Teil der Fläche ist übersät mit Brennnesseln, die hoch oder bodennah wuchern. Gras bewachsene Laufwege sind dazwischen frei geschnitten. Im Garten wachsen die Brennnesseln bodennah und bis zu 1,80 Meter hoch Die hoch wachsenden Brennesseln am Hang werden bis zum 150/180 Zentimeter groß, erzählt die 40-Jährige. Die schneide sie jeden Herbst kurz über dem Boden ab. Zwischen den etwas niedriger, vielleicht hüfthoch wachsenden auf einer weniger steil abfallenden Fläche gedeiht ein Holunder ganz prächtig. Manche Sträucher brauchen etwas auf die Füße, damit sie sich wohl fühlen. Rosen gehören dazu. Auch &bdquo;der Holunder entwickelt sich richtig gut, wenn Brennnesseln darunter stehen", sagt Kuntemeier-Wolff. Das habe sich nicht nur auf der feuchten, von Bäumen beschatteten Fläche zum Bach hin gezeigt, sondern auch am Haus. Dort steht ein Holunder, den sie immer im Herbst bis auf 30 Zentimeter runterschneide. Im Jahr darauf schlage er wieder mehrere Meter hoch aus. &bdquo;Wo Brennnesseln wachsen, ist der boden humus- und nährstoffreich", sagt die Mutter von elfjährigen Zwillingen. Leibspeise der Kaninchen und Grundlage eines Tees für die Nachbarin Die getrockneten Brennnesseln sind eine Leibspeise der Kaninchen, die weiter oben am Haus in ihren Ställen mümmeln. Aber auch eine Nachbarin schneide sich regelmäßig welche ab und brühe Tee damit auf. Der Geschmack sei gewöhnungsbedürftig. Brennnesseln haben einen harntreibenden Effekt. &bdquo;Es ist doch schön, auf die Natur zurückgreifen zu können statt eine Tablette nehmen zu müssen", sagt Kuntemeier-Wolff. Brennnesseln ziehen – wie der Holunder – Schmetterlinge an: Viele Zitronenfalter umschwärmen im Sommer die Pflanzen, sagt die Erzieherin. Auch jede Menge Käfer gebe es an den Pflanzen, im Frühjahr Maikäfer, die sonst ja gerne auf Buchen säßen, und immer auch viele Kellerasseln. Die Feuchtigkeit liebenden Asseln mag vielleicht nicht jeder, sie sind aber eine gute Eiweißquelle für Igel und Vögel. Wie zur Bestätigung, kommt ein Rotkehlchen vorbei und lässt sich auf einem Ast nieder. &bdquo;Schade, dass es davon nur noch so wenige gibt." Nacktschnecken scheinen die Brennnesseln nicht zu mögen Als Sozialdemokratin, die in ihrem Wahlkreis das Direktmandat für den Stadtrat erhielt und vor der Kommunalwahl Flyer in ihrem Bezirk verteilte, hätten sie die Steingärten erschreckt, erzählt sie. Denn davon gebe es sehr viele. Immerhin: In Herford ist es inzwischen untersagt, Steingärten neu anzulegen. Am Hang steht eine hochwachsende Sorte Brennnesseln, die mit ihren ausgestreckten Zweigen fast an einen Brombeer-Strauch erinnert. Sieben bis acht Zentimeter lang hängen die Samenstände herunter. Kuntemeier-Wolff zieht einen Zweig zu sich heran: &bdquo;Eine Schnecke", sagt sie und weist auf ein kleines Gehäuse. Hier futtert sich offenbar jemand durch. Sie habe immer weniger Nacktschnecken, erzählt die Erzieherin. Sie vermutet, dass weniger die Trockenheit der vergangenen Jahre der Grund dafür ist, sondern eher, dass die in Gärten so ungeliebten Tiere die Brennnesseln nicht mögen. Die Kois im Teich verschwanden über den Winter allesamt Kuntemeier weist auf auf eine ebene Fläche im abschüssigen Gelände, die gerade ein Grünfink überquert. Da habe ihr Bruder mal einen Teich für seine Kois angelegt, erzählt sie. Nach dem ersten Winter sei kein einziger Fisch mehr da gewesen. Ob von einem Tier gefressen oder von Spaziergängern im Wald entdeckt und dann gestohlen, ließ sich nicht mehr sagen. Der Teich mit seinem einst teuren Tierleben blieb jedenfalls kein Teich mehr, das Loch füllt Kuntemeier-Wolff seither mit Grünschnitt aus dem Garten. Und natürlich wachsen auch hier rundherum Brennnesseln. Drei Igel habe sie schon beobachtet, die darin gerade ihr Winterquartier einrichten, sagt sie, während nebenan ein Specht an einen Baum klopft.

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