Wie die ICE-Neubaustrecke die Menschen in der Region bewegt

Kreis Herford. Der Ausbau einer ICE-Trasse zwischen Bielefeld und Hannover macht vielen in der Region Sorgen. In Vlotho gibt es Pläne für die Gründung einer Bürgerinitiative. Grund ist ein Trassenverlauf, der die Vlothoer Landschaft durchschneiden könnte. Auch Herforder Gebiet könnte betroffen sein, weil die Trasse hinter dem Tierpark, diesseits oder jenseits der Autobahn, verlaufen könnte. Noch ist das aber unklar. Der Hintergrund Deutschlandtakt 2030 ist das Stichwort: Geplant ist eine grundsätzliche Umstellung des Zugverkehrs. Zwischen Metropolen sollen die Züge täglich und zuverlässig jede halbe Stunde, zwischen den größeren Städten jede Stunde verkehren. Statt Direktverbindungen zwischen allen Orten, soll es Verbindungen zu Knotenbahnhöfen geben, von denen aus die Fahrgäste umsteigen können. Im Idealfall entsteht eine Art Baumstruktur mit Verbindungen, die sich immer weiter verzweigen. Letztlich soll der Umstieg so gut klappen, wie in der U- oder S-Bahn: simpel und übersichtlich für Planer und Nutzer - mit optimierten Anschlüssen und passgenauer Infrastruktur. Schon der Fahrplanwechsel im Dezember geht in Richtung Deutschlandtakt. Die Herausforderung Der Haken ist, dass Züge auf der Strecke zwischen Hannover und Bielefeld dafür mit rund 300 Kilometer in der Stunde verkehren müssen. Das ist nötig, damit der Umstieg an den Knotenpunkten Hannover und Hamm in andere Regionen funktioniert. Bestätigt hat dies der finale Gutachterentwurf zum Deutschlandtakt im Juni. Schon 2016 war der Streckenneubau als \"vordringlich\" in das Gesetz zum Ausbau der Schienenwege des Bundes aufgenommen worden, mit dem Hinweis: "ohne Querung Seelze-Süd und ohne Tunnel Jakobsberg unter der Maßgabe, dass die für einen Deutschlandtakt erforderliche Fahrzeitverkürzung von voraussichtlich acht Minuten erreicht wird". Auf der alten Trasse sind der Deutschlandtakt und Tempo 300 nicht realisierbar: Dafür sind abgeflachte Kurven nötig, die Spitzkehren der jetzigen Trasse müssen beseitigt und die zweispurige Strecke zwischen Minden und Wunstorf auf Vierspurigkeit erweitert werden. Sonst müssen sich Nah- und Fernverkehr die Schiene teilen, und das führt zu Staus. Der Streckenverlauf Das Bundesverkehrsministeriums hat am 24. Juli dieses Jahres mitgeteilt, dass es die Planung und Umsetzung der Strecke Hannover – Bielefeld in den Deutschlandtakt aufnimmt. Im Verfahren wird der Verlauf der Strecke festgelegt. Möglich wäre eine Verbindung am Herforder Tierpark vorbei über die Loose, durch Exter und Wehrendorf, durch den Eiberg und den Winterberg nach Kalldorf, wo die Schiene die Weser queren müsste. Im Gespräch sind auch Strecken entlang der Autobahn 2 und nahe der jetzigen Bahnlinie. Alternativ käme der Ausbau der vorhandenen viergleisigen Strecke zwischen Bielefeld und Bad Oeynhausen in Frage und eine daran anschließende Neubaustrecke Richtung Hannover, so ein Vorschlag der Initiative Deutschlandtakt. Das würde aber fünf Minuten Zeitverlust gegenüber dem kompletten Neubau bedeuten. Denn Züge könnten auf der ausgebauten vorhandenen Strecke zwischen Bielefeld und Bad Oeynhausen maximal 180 Kilometer in der Stunde fahren, erst auf der Neubaustrecke dann 300. Die Positionen Gegen die Neubautrasse haben sich die vier SPD-Bundestagsabgeordneten aus OWL positioniert. Der Streckenneubau werde mit geschätzten sechs bis acht Milliarden Euro und rund 30 Kilometer Tunnel um ein Vielfaches teurer als ein Ausbau der Bestandsstrecke, so Wiebke Esdar, Achim Post, Stefan Schwartze und Marja-LiisaVöllers Anfang Juli. Sie hegen offenbar auch Misstrauen gegen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer: &bdquo;Nach dem Mautdesaster brauchen wir in unserer Region kein neues Milliardengrab." Die Nabu-Kreisverbände Herford, Minden-Lübbecke, Lippe, Paderborn und Gütersloh haben sich gegen den Neubau ausgesprochen. Denn die 20 Meter breite Trasse bedeute massive Natur- und Umweltzerstörung für einen kleinen Zeitvorteil – und sei für die Verkehrswende nicht entscheidend. Rainer Engel vom Fahrgastverband Pro Bahn OWL und Thomas Dippert, Kreisvorsitzender des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) in Minden-Lübbecke, sehen hingegen in dem Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke große Vorteile, auch für den Schienennahverkehr. Für Gesine Frank von der Bürgerinitiative gegen den trassenfernen Ausbau der Bahn Minden – Bückeburg – Schaumburg – Porta Westfalica (BIGTAB) haben der Nah- und Güterverkehr Vorrang. Auf einer Bürgerversammlung in Vlotho forderte sie kürzlich dazu auf, gemeinsam mit anderen Bürgerinitiativen Widerstand zu leisten. Sie regte die Gründung einer Bürgerinitiative an. Termin ist dafür am 21. Oktober im Gemeindehaus Wehrendorf.

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