Corona kostet Arbeitsplätze im Kreis

Kreis Herford/Enger. Seit gut zehn Jahren weist die Ergebniskurve der Konjunktur-Umfrage im Kreis Herford einen positiven Trend auf. Es ging allen immer ein wenig besser als davor. In diesem Jahr ist das anders. Da gab es einen Zusammenbruch. Durch die Corona-Pandemie und den Lockdown. Aber es gibt Hoffnung. Für Unternehmen, Arbeiter und Angestellte: Es geht auch wieder hinauf. Das sieht in der Statistik dann aus wie ein groß geschriebenes V. Idealerweise ist dann auch der rechte Teil des Buchstabens genau so lang, wie der linke; oder gar länger. Das heißt, dass die Zahlen höher sind als zuvor; dass es mehr Beschäftigte gibt, der Umsatz gestiegen ist oder auch der Gewinn sich vermehrt hat. Klaus Bockermann sieht für die Industrie ein "V" in der Entwicklung. Oliver Flaskämper im Bereich Handel und Dienstleistungen eher ein "Vau-chen". In der aktuellen Umfrage der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld steht der Indikator für die Industrie im Kreis Herford auf einem Wert von 109, neun Punkte höher als der Wert 100 für eine ausgeglichene Konjunktur. Vor einem Jahr habe er bei 110 gelegen und war dann im Sommer auf 58 abgestürzt. Das erklärte Klaus Bockermann, IHK-Vize-Präsident. Er hatte zur Präsentation in sein Unternehmen nach Enger, Bockermann Fritze, eingeladen. Der Optimismus kommt zurück Bockermann und sein Co-Vizepräsident Oliver Flaskämper betonten: "Bei den Unternehmen im Wittekindskreis herrscht wegen der Corona-Pandemie immer noch eine hohe Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung." Doch sagte Bockermann für den Bereich Industrie: "Die Lage hat sich wieder stabilisiert. Offensichtlich kommt der Optimismus wieder zurück, obwohl die Ertrags-Erwartungen der Unternehmen gebremst sind." Ein deutliches Lob hatte er für das Kurzarbeitergeld: "Damit stechen wir international heraus." Und so planten 16 Prozent der Industrieunternehmen im Kreis, zusätzlich Personal einzustellen, 23 Prozent hingegen wollen Personal abbauen. Von einer "Rückkehr zur Normalität innerhalb von zwölf Monaten" geht laut Umfrage gut ein Drittel der Befragten aus. Ein Viertel rechnet damit frühestens in einen Jahr wieder damit. Aber: 25 Prozent der Unternehmen arbeiten schon jetzt wieder auf Vorkrisenniveau. Bockermann fasst zusammen: Auch wenn sich für die Industrie im Kreis Herford die Lage seit Sommer wieder etwas entspannt habe, seien die Erwartungen gedämpft, die Investitionsneigung verhalten und es werde Personal abgebaut. In Handel und Dienstleistung ist die linke Seite des V noch lange nicht erreicht. 20 Prozent der Befragten im Handel sprechen von einer guten Geschäftslage, 29 Prozent von einer schlechten. Das erläuterte Oliver Flaskämper. Dabei ginge es dem Einzelhandel noch besser, als dem Großhandel. Die Prognose sei pessimistisch. Und mit Blick auf das Weihnachtsgeschäft orakelte er: "Diplomatisch ausgedrückt: Die Konsumenten sind zurückhaltend." Er folgerte: "Aktuell ist im Handel Personalabbau zu erwarten." Das wurde nachvollziehbar, als er die Erwartungen der Umsätze erläuterte: 42 Prozent gehen von Umsatzrückgängen zwischen 10 und 50 Prozent aus; 7 Prozent sogar von Rückgängen über 50 Prozent. Hoch sei die Unsicherheit bei den Befragten: "Fast die Hälfte der Unternehmen - 49 Prozent - geht davon aus, dass eine Rückkehr zur Normalität nicht in den kommen sechs Monaten erfolgen wird." Ein sehr heterogenes Bild Die Geschäftslage der Dienstleister sei deutlich abgestürzt, habe sich aber seit der Sommerumfrage wieder leicht erholt. 58 Prozent sprächen von einem zurückgegangenen Umsatz, nur 11 Prozent von einer Steigerung. Dennoch planten 20 Prozent der Dienstleister, Personal aufzustocken und nur 15 Personalabbau. Flaskämper erkannte: "Die Geschäftslage bei Handel und Dienstleistungen zeigt ein äußerst heterogenes Bild. Einige Teilbereich sind eher glimpflich durch die Krise gekommen, andere Teilbranchen kämpfen noch stark mit Umsatzausfällen und stockender Nachfrage." Verlierer der jüngsten Monate seien der Autohandel, Reisebüros, Veranstalter sowie die Gastronomie und Hotellerie gewesen. "Über diesem Bereich schwebt ein Damoklesschwert", sagte der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Harald Grefe. Hingegen sei aber derzeit die Zahl der Insolvenzen im Kreis "noch nie so niedrig wie bisher" gewesen. Gründe dafür vermochte er nicht zu nennen. Diese Entwicklung möge aber mit der Aussetzung der Insolvenz-Anzeigepflicht zusammenhängen. "Gewisse Mechanismen der Marktwirtschaft sind derzeit außer Kraft gesetzt." Er ist daher "vorsichtig optimistisch". Verweist aber auch auf eine "große Streuung". Die Situation für die verschiedenen Branchen sei "extrem uneinheitlich". Waschmaschine statt Urlaub Gewonnen hat in der jüngsten Zeit der Lebensmittelhandel, die Küchenmöbelhersteller und auch die Elektronikbranche. Rainer Döring, IHK-Handelsausschussvorsitzender, und Chef mehrerer Elektronik-Fachmärkte erkannte: "Gerade in Zeiten des Home-Office haben sich die Menschen neue Computer, Webcams oder Drucker gekauft. Und sie investieren in den Haushalt." Statt des Urlaubs gibt es also eine neue Waschmaschine.

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