Warnstreik: Über 250 Mitarbeiter von Sparkasse und Klinikum beteiligen sich

Kreis Herford. Am Montag standen die Kunden einiger kleiner Sparkassenfilialen im Kreis Herford vor verschlossenen Türen. Rund 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sparkasse Herford und der Herforder Stadtverwaltung haben am Morgen gegen 9.30 Uhr mit einer Menschenkette um die Sparkassenhauptstelle in Herford und einer Kundgebung auf dem Rathausplatz auf ihr Anliegen aufmerksam gemacht. Der Warnstreik ist Teil der Tarifauseinandersetzung im öffentlichen Dienst, in dem es um höhere Löhne und Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen geht. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat auch das Personal des Herforder Klinikums zum Warnstreik aufgerufen. Auch hier war für 13 Uhr eine Menschenkette angekündigt, die kam aber Angesichts der Größe des Geländes nicht zustande. Auch Herforder Kindertagesstätten sind von dem Streik betroffen, so dass einige Gruppen geschlossen werden mussten. Mit Poolnudeln auf Abstand Bild: b-fmk_4154Die Sparkassenmitarbeiter wechselten nach einer halben Stunde Menschenkette auf den benachbarten Rathausplatz. Trotz Coronamasken im Gesicht galt es, Abstände einzuhalten. Gewerkschafter hatten schon am Vorabend rote Punkte auf das Pflaster gesprüht, die Standpunkte markieren sollten. Bei der Menschenkette hatten längliche Schaumgummi-Schwimmhilfen, sogenannte Poolnudeln, geholfen, Abstand und gleichzeitig Kontakt zu halten. Der stellvertretende Bezirksgeschäftsführer von Verdi, Hermann Janssen, nannte die Aktion auf der ersten Kundgebung auf dem Rathausplatz ein "großartiges Zeichen", zumal Sparkassenmitarbeiter bei Streiks bisher selten an vorderster Front stehen. Janssen nannte Herford eine Hochburg des Widerstands der Sparkassenmitarbeiter. Bei ihnen gehe es in diesem Jahr nicht nur um die allgemeine Forderung nach einer Gehaltssteigerung um 4,8 Prozent. Sie wollten sich der Forderung der Sparkassen-Arbeitsgeber nach Abschaffung bzw. Kürzung der sogenannten Sparkassensonderzahlung an Mitarbeiter entgegenstemmen, die ursprünglich als Abgeltung von Überstunden insbesondere zum Jahreswechsel eingeführt wurde. "Dass uns die Arbeitgeber so abziehen, geht gar nicht" Der Personalratsvorsitzende der Sparkasse Herford, Ulf Kristal, sieht aber die Sparkassen trotz Niedrigzinspolitik nicht in einer so schlechten wirtschaftlichen Lage, dass solche Kürzungen gerechtfertigt sein könnten. "Dass uns die Arbeitgeber so abziehen, geht gar nicht. Bei den Sparkassen wird da ein ganz übles Spiel gespielt", sagte Kristal unter Applaus. Es stimme nicht, dass die Sparkassen kurz vor dem Ruin stünden, wie es die Verhandlungsführer darstellen wollten. Immerhin würden für das vergangene Jahr noch bundesweit Gewinne an die kommunalen Träger ausgeschüttet. Dass die Sparkassen wegen der Höhe der Gehälter ihrer Mitarbeiter nicht wettbewerbsfähig sein, sei eine "bodenlose Lüge". Wenn die Sparkassensonderzahlung einmal gestrichen sei, komme sie nicht wieder. Kristal sieht sie auch als eine Art Ausgleich für höhere Gehälter bei Banken. Mit der Bezeichnung "14. Gehalt" versuchten die Arbeitgeber einen Keil in die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes zu treiben. "Die Arbeitgeber drohen uns mit Stellenabbau", sagte Kristal. "Das schreckt uns aber nicht. Wir leben seit Jahren mit Stellenabbau." Die Herforder Sparkasse hat heute rund 880 Mitarbeiter. Beim letzten Streik vor acht Jahren seien es noch rund 1.100 gewesen. "Die Helden nicht mit warmem Händedruck abspeisen" Hermann Janssen beklagte, dass man die in der Hochzeit der Pandemie von Balkonen aus beklatschten Helden in den systemrelevanten Berufen nun mit einem warmen Händedruck abspeisen wolle. Dafür könne man sich nicht kaufen. Auch sei eine Einmalzahlung an Menschen Pflegeberufen zu kurz gesprungen. Am Klinikum stellten sich mittags gut 100 solcher "Helden" vor dem Haus auf, darunter auch Auszubildende der Pflegeschule, für die die Gewerkschaft einen Zuschlag von 100 Euro fordert. "Wir erleben gerade in Kliniken, wie eng das Personal bemessen ist", sagte der Personalratsvorsitzende Andreas Nötzel. Er freute sich besonders, dass "die OP- und Anästhesiemannschaft sich am Warnstreik beteiligt". So mussten verschiebbare Operationen tatsächlich verschoben werden. Die Notfallversorgung blieb gesichert. Nötzel sagte eine harte Tarifauseinandersetzung voraus: "Wir brauchen einen lange Atem." Wenn es ernst werde, werde man auch mehr Menschen auf die Straße bringen, denn: "Es ist viel Dampf auf dem Kessel." Am Dienstag konzentriert sich der Streik im öffentlichen Dienst auf Bielefeld. Dort sollen Busse und Bahnen stehen.

Meistgelesen