Das ändert sich in der Herforder Politik nach der Wahl

Herford. Die Menschen in Herford haben ihre Kreuze gemacht und damit die Basis für die politische Arbeit in der Hansestadt für die kommenden Jahre gelegt. Erste Fragen lassen sich bereits beantworten: Wer hat wo die meisten Stimmen geholt? Welche Partei konnte die höchsten Zuwächse verzeichnen? Und wo war die Wahlbeteiligung besonders hoch? Zeit für eine erste Bestandsaufnahme. Je nach erwünschtem Ergebnis wird nach Kommunalwahlen gerne auf landes- oder bundesparteiliche Entwicklungen verwiesen. Jeglicher Interpretation zum Trotz ist die Kommunwahl aber eine Personenwahl. In Herford zeigt sich das in aller Deutlichkeit bei der Wahl des Bürgermeisters. Sechs Mitbewerber forderten Tim Kähler heraus. Doch der muss nun dank absoluter Mehrheit (52,95 %) nicht einmal in die Stichwahl. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen wie 2014 blieb am vergangenen Sonntag aus, Kähler setzte sich in allen Wahlbezirken klar durch. In 19 von 22 Wahlbezirken erreichte er gar die absolute Mehrheit. Schwindende Volksparteien Kählers Partei, die SPD, konnte jedoch nicht von der Strahlkraft ihres Bürgermeisters profitieren. Statt 36 Prozent 2014 machten nur 32,07 Prozent der Wähler ihr Stadtrats-Kreuz bei den Sozialdemokraten. Wobei die Verluste im Vergleich zum desaströsen NRW-Landesdurchschnitt (etwa 24 %) noch überschaubar erscheinen. Doch die einst einende Kraft der Volksparteien schwindet auch in Herford. Neben der SPD sackte die CDU auf 33,09 Prozent ab, 2014 waren es noch knapp mehr als 39 Prozent. And the winner is Daneben können sich vor allem die Bündnisgrünen über 16,47 Prozent freuen. Damit haben sie mehr als fünf Prozent hinzugewonnen. Besonders im Wahlbezirk von Bürgermeisterkandidat Herbert Even (Pestalozzischule) konnte die Partei triumphieren: 25,24 Prozent. Seit der vergangenen Wahl vor sechs Jahren hat sich die Auseinandersetzung mit der Klimakrise intensiviert. Das Aufkommen von Fridays for Future, der ausgerufene Klimanotstand und eine höhere Sensibilität für ökologische Themen haben vor allem den Grünen Aufwind gegeben. Ein zweiter Gewinner ist die FDP, die nun über einen weiteren Sitz im Stadtrat verfügt und ihr Ergebnis von 2,76 auf 4,35 Prozent verbessern konnte. Die Herforder Liberalen haben sich nach dem Debakel von 2014 (-5,92 %) gefangen und erhalten wieder mehr Zuspruch. Direkt in den Rat Bei den Direktmandaten haben die beiden Volksparteien weiterhin unangefochten die Nase vorne. CDU und SPD teilen sich die 22 Wahlbezirke in Herford. Während die SPD 13 gewinnen konnte, lag die CDU in neun Wahlbezirken auf Platz 1. Besonders Werner Seeger konnte in Falkendiek/Schwarzenmoor mit 50,7 Prozent mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen auf sich vereinen. Alexander Frohloff holte als erfolgreichster SPD-Kandidat 42,71 Prozent an der Grundschule Landsberger Straße II. Christdemokrat Oliver Galling konnte zudem fast 41 Prozent an der Grundschule Elverdissen I holen. Besonders eng war es im Wahlbezirk Pestalozzischule, wo CDU-Kandidat Jürgen Berger mit 28,97 Prozent knapp gegen die SPD (25,56 %) und die Grünen (25,24 %) das Mandat holen konnte. Lokal, mikrolokal Mit dem schwindenden Zuspruch für die beiden Volksparteien geht ein Aufkommen kleinerer Parteien einher. Partikulare Interessen gewinnen an Bedeutung. So ist es wenig überraschend, dass die Liste 2004 im Wahlbezirk Eickum/Laar/Stedefreund auf 17,15 Prozent der Stimmen kommt. Projekte wie ein geplantes Neubaugebiet politisieren und mobilisieren besonders dort, wo die Betroffenheit unmittelbar ist. Neben der Liste 2004, die ihr Ergebnis auf 3,03 Prozent beinahe verdreifachen konnte und dennoch lediglich einen Sitz im Stadtrat behalten wird, taten sich die anderen Kleinparteien schwer. Die Bürger für Herford (BFH) verloren von 4,8 auf 3,9 Prozent, wobei das neu gegründete Herforder Bürger Bündnis (1,82 Prozent) einige Stimmen der BFH abgegriffen haben dürfte. Die Satirepartei Die Partei, die nur in zwei Wahlbezirken angetreten ist, wird mit 0,4 Prozent der Stimmen weiterhin außerparlamentarische Bespaßung betreiben müssen. Die Linke verliert leicht von 5,1 Prozent auf 4,6 Prozent, zeigt damit jedoch die geringste Abweichung im Vergleich zu 2014. Der neue Rat Im neuen Stadtrat gibt es nach wie vor 44 Sitze. Davon entfallen 15 auf die CDU (-2), 14 auf die SPD (-2), sieben auf Bündnis 90/Die Grünen (+2), zwei auf die FDP (+1), zwei auf Die Linke (+/- 0), zwei auf die Bürger für Herford (+/- 0) und einer auf die Liste 2004 (+/- 0). Durch das Herforder Bürger Bündnis ist eine neue Partei mit einem Sitz hinzugekommen. Für eine Mehrheit im Rat braucht es weiterhin 23 Stimmen, wobei der Bürgermeister stimmberechtigt ist. Im neuen Rat sitzen 15 Frauen und 29 Männer (siehe Seite 5 des Lokalteils). Wahlbeteiligung Trotz Coronakrise stieg die Wahlbeteiligung leicht. Von mehr als 52.000 Wahlberechtigten gaben gut 25.000 ihre Stimme ab, was 48,07 Prozent ausmacht. Sowohl 2009 als auch 2014 lag sie knapp darunter (47,95 % und 47,08 %), was möglicherweise auch an der Vielzahl der Briefwähler in diesem Jahr gelegen haben könnte. Besonders hoch war die Wahlbeteiligung im Wahlbezirk Falkendiek/Schwarzenmoor mit 63,68 Prozent. Auch am Königin-Mathilde-Gymnasium und in Eickum/Laar/Stedefreund wurde die 60-Prozent-Marke geknackt. Schlusslicht ist der Wahlbezirk Grundschule Landsberger Straße mit 29,67 Prozent Wahlbeteiligung.

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