Das stellen sich die Kandidaten zu Verkehrsentwicklung & Klimaschutz vor

Herford. Das Thema Verkehrsplanung ist in allen Kommunen eines der wichtigsten für die Zukunft – so auch in Herford. In diesem Zuge sind einige konkrete Projekte bereits angestoßen und diskutiert worden. Eng verknüpft ist es natürlich mit Fragen des Klimaschutzes. Deshalb sind diese beiden Themenbereiche – nach Wohnen und Soziales die nächsten, zu dem die sieben Bürgermeisterkandidaten Antworten geben sollten. Wir fragten ganz konkret: Was sind Ihre verkehrspolitischen Prioritäten für die nächsten fünf Jahre? Welche Position haben Sie zum Umbau der Mindener Straße sowie der Straße Auf der Freiheit? Und wie stehen Sie zur Neuorganisation des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)? Zum Bereich Klimaschutz sollten die Kandidaten zu folgender Fragestellung Position beziehen: Was soll Herfords Beitrag zum Stopp der Klimakatastrophe sein? Mancher Kandidat nutzte bei der Beantwortung die vorgegebene Länge aus, der andere fasste sich ein wenig kürzer. Anke Theisen (CDU) Ich möchte eine gleichberechtigte Behandlung aller Verkehrsteilnehmer. Eine Verkehrspolitik im Einklang von Ökonomie und Ökologie, die sich mit der Notwendigkeit des Umdenkens von Mobilität beschäftigt. Radwegesanierung und -neubau. Fahrradstraßen. Anreize für E-Mobilität. ÖPNV Konzept Evaluation. Die Innenstadt muss auch mit dem Pkw erreichbar sein. Mindener Straße und Auf der Freiheit bleiben vierspurig. Ein Rückbau wäre weder ökologisch noch ökonomisch eine Verbesserung. Dennoch muss die Sicherheit der Radfahrer gewährleistet sein. Hierfür gilt es Parallelwegeführungen oder Radfahrschutzstreifen zu schaffen. Ein Radweg &bdquo;Auf der Freiheit" ist nicht erforderlich. Herford besitzt den Vorteil des Walls. Von hier aus erreicht man komplikationslos jeden Ort im Inneren, so dass ein Befahren der Straße &bdquo;Auf der Freiheit" mit dem Rad nicht notwendig ist. Eines teuren ZOBs bedarf es nicht. Das ÖPNV Konzept ist hinsichtlich Strecken, Taktung und Größe der einzusetzenden Fahrzeuge sowie deren Antrieb zu analysieren. Platzsparende Kleinbusse können eingesetzt werden. Das System &bdquo;Bedarfsbus" kann für bestimmte Strecken erstellt werden. Weniger Busse fahren den Alten Markt an. Die CDU hat sich schon immer für Maßnahmen des Klimaschutzes eingesetzt, aber hier ist noch Luft nach oben. Städtische Gebäude müssen auf die Möglichkeiten mit Photovoltaik geprüft werden. Bebauungspläne sollen in Bezug auf erneuerbare Energien und Biodiversität neugestaltet werden. Sanierung statt Neubau erzeugt weniger CO2-Belastung. Generell ist eine Sanierung und Modernisierung einem Neubau oftmals vorzuziehen. Richard Adriaans (FW &bdquo;Liste 2004") Wir wollen eine behutsame Veränderung der Kombination des Individualverkehrs mit ÖPNV und Radfahrern und empfehlen, sich an innovativen internationalen Verkehrs-Projekten zu orientieren. Wir müssen nicht etwas neu erfinden, was in Dänemark oder Holland nicht nur zur Verringerung des Pkw-Individualverkehrs sondern gleichzeitig zur Attraktivitäts-Steigerung für die Innenstädte geführt hat. Insbesondere die für normale Fahrräder (ohne E-Antrieb) topografisch schwierige Lage der Ortsteile Laar, Eickum, Stedefreund, Elverdissen, Schwarzenmoor, Falkendiek kann durch Fahrrad-Anhänger an Busse wie im Emsland oder in Mittelgebirgslagen einfach gelöst werden. Wir reden nicht über eine bestehende &bdquo;Klima-Katastrophe" in Herford – wir fördern und fordern, dass alle Projekte der Stadt unter den Vorbehalt der Nachhaltigkeit gestellt werden, damit wir keinen wirklichen &bdquo;Klima-Notstand" bekommen. Weil insbesondere langfristig wirksame Bauentscheidungen den größten Klimaeffekt haben, müssen solche Entscheidungen (OWL-Forum!) ganz besonders überlegt werden! Da gehört nicht nur eine Wallbox an jedes vorhandene städtische Gebäude und an alle neu gebauten Mehrfamilienhäuser sondern auch der Passivhausstandard in die Gebäudehülle und in größere Objekte eine Kraftwärme-Kopplung, bevor man über Nahwärme- und Fernwärme-Konzepte oder gar &bdquo;Wasserstoff oder Methan-Verbrennung" in Kraftwerken schwadroniert. Wir brauchen keine neue Siedlung in Stedefreund oder anderswo im Außenbereich, in dem die Wohnungen nicht nur geheizt und gekühlt sondern auch durch Pkw-Verkehr erschlossen werden müssen. Stefan Kannegießer (Die PARTEI) Meine Prioritäten für die nächsten fünf Jahre sind ein kostenloser ÖPNV und ein verändertes Buskonzept (Alter Markt ohne Busse). Was den Umbau der Mindener Straße sowie der Straße Auf der Freiheit angeht meine ich, man sollte erst einmal abwarten wie sich der Verkehr entwickeln wird wenn der ÖPNV kostenlos ist. In naher Zukunft wird sich der ÖPNV vermutlich auch etwas individualisieren (autonome Taxis, autonome Sammeltaxis), wir sind in einer Zeit des Umbruchs. Es sollte eine Photovoltaik-Verpflichtung auf allen öffentlichen und Gewerbeimmobilien geben. Betrieben werden sollten die Anlagen über eine Kommunale Gesellschaft, somit gibt es eine Entlastung der Stadt und aller Bürger von Stromkosten, und somit wieder Schaffung von Akzeptanz für erneuerbare Energien und weniger Bedarf an Kraftwerksstrom. Dies muss öffentlich und ohne Einfluss des pervertierten EEG organisiert werden. Hier sollte man Druck ausüben auf die Landes- und Bundesregierung. Außerdem: Kostenloser ÖPNV reduziert PKW-Abgase und CO2-Verbrauch; ÖPNV elektrisch, zur Not mit Oberleitungen und höhere Frequenz; statt Rückbau der Straßen evtl. eine Klimaspur für alternative Antriebe; Kläranlage zur Energiegewinnung nutzen; Förderung regionaler Erzeuger von Lebensmitteln, Verpackungsfreien Lösungen, Recycling; Aufforstung! Keine wirtschaftliche Bewirtschaftung der Wälder. Schaffung von mehr Grünflächen, auch im Rahmen unseres Naherholungskonzeptes in Verbindung mit einem Radwegekonzept. Tim Kähler (SPD) Durch das beschlossene ÖPNV Konzept werden viele Verbesserungen erreicht. Es werden neue Innenstadtlinien definiert und somit eine bessere Erschließung erreicht. Mit Blick auf die Außenbezirke möchte ich erreichen, dass wir Transport auf Nachfrage organisieren. Durch die Einführung einer Mobilitätsapp soll es möglich werden, jederzeit zu erkennen, wie ich am besten von A nach B gelange. Mein Ziel ist es durch eine höhere Attraktivität und positive Anreize die Menschen zum Umsteigen zu motivieren. Der Rat hat zudem den neuen Radwegeverkehrsplan beschlossen. Hier sind viele Maßnahmen zur Verbesserung drin, die es jetzt umzusetzen gilt. Der Umbau von Mindener Straße und Auf der Freiheit sollte dann erfolgen, wenn er erforderlich ist. Bislang liegen keine ausreichenden Verkehrsdaten vor. Deshalb sollte zunächst eine Datenerhebung erfolgen. Es bedarf einer belastbaren Prognose, wie sich das Mobilitätsverhalten der Menschen in den nächsten Jahren entwickeln wird. Herford hat mit dem nochmals geschärften Klimaschutzprogramm viele Maßnahmen beschlossen, um das Ziel einer klimaneutralen Stadt zu erreichen. Und wir halten uns daran. Die Studierendenappartements auf dem Stiftberg werden CO2 neutral geheizt, haben Photovoltaik auf dem Dach und sind energetisch optimiert. Diesen Weg werden wir auch mit anderen Bestandsgebäuden gehen. Alle Gebäude der Stadt und der Beteiligungen werden sukzessive energetisch saniert und CO2 frei oder CO2 neutral betrieben. Mit unseren Beteiligungen in der Energiewirtschaft werden wir dafür sorgen, dass der Anteil an CO2 neutraler oder freier Strom- und Wärmeproduktion weiter steigt. Herbert Even (Grüne) Die Priorität liegt auf dem Vorrang für die umweltschonenden Verkehrsmittel Fahrrad und Bus/Bahn. Das Ziel dabei ist eine deutliche Veränderung der Verkehrsmittelanteile – durch einen konsequenten Ausbau von sicheren Radwegen und Fahrradstraßen sowie des ÖPNV-Angebots. Beim Umbau der Mindener Straße sowie Auf der Freiheit sind im Interesse von Verkehrssicherheit und des Umwelt-/Klimaschutzes jeweils zwei Spuren der vierspurigen innerstädtischen Straßen in Radverkehrsstreifen umzuwidmen, die eventuell auch vom Busverkehr mitgenutzt werden können. Die Neuorganisation des ÖPNV sollte – bei einem 15-Minuten-Grundtakt – eine verbesserte Bedienung auch abends und am Wochenende, deutlich günstigere Tarife (analog dem beschlossenen Klimaticket), ein überarbeitetes Liniennetz sowie modernisierte umweltschonende Fahrzeugantriebe ermöglichen. Herfords Beitrag zum Stopp der Klimakatastrophe sollte in folgenden Schwerpunkten bestehen: Klimaneutralität bei neuen Wohn- und Gewerbegebieten sowie bei öffentlichen Gebäuden/Einrichtungen, energetische Sanierung von Bestandsgebäuden/-gebieten, konsequenter Einsatz regenerativer Energiequellen (auch durch baurechtliche Festsetzungen) und eine Verkehrswende zugunsten umweltschonenderer Verkehrsmittel wie Fahrrad, Bus/Bahn. Jürgen Josting (Einzelbewerber) In Herford sollte es mehr Fuß-, Rad-, und Bus-Verkehr geben, und weniger Pkw-Verkehr. Mein Vorschlag dazu lautet Tempo 30 innerorts, denn dies würde eine Gleichstellung der Verkehrsmittel bringen sowie deutlich mehr Sicherheit für Radfahrer. Weitere Radwege, die zu bekommen noch Jahre bis Jahrzehnte dauern würde, wären damit nahezu überflüssig. Der Umbau der Mindener Straße sowie Auf der Freiheit ist in der angedachten Form damit auch Unsinn, denn er würde neue Probleme schaffen, z.B. an Kreuzungen. Hier würde ich eine tatsächliche Einspurigkeit mit einer sehr breiten Fahrspur bevorzugen. Das beschlossene ÖPNV-Konzept ist falsch, denn durch die Verlegung an den Bahnhof (teure, klimaschädliche Baustelle!) ergibt sich de facto keine Verbesserung. Besser ist meine Idee nach Art der Stadtbahn Bielefeld: Ohne Rendezvous-Verkehr, von einem Ende der Stadt zum anderen, über den Innenstadtring (Bahnhof/Lübbertor/Rennstraße), 15-Minuten-Taktung. Dies ist deutlich günstiger zu machen und viel flexibler! Gerade durch eine richtig gemachte Verkehrswende könnte Herford einiges zum Klimaschutz beitragen. Wir könnten hier Vorbild auch für andere so genannte &bdquo;Autostädte" werden. Das Thema Verkehr hat ja auch einiges mit der weiteren Stadtentwicklung zu tun. Wollen wir tatsächlich ein weiteres Parkhaus am Standort der Sparkasse? Ich sage nein. Was Herford wirklich braucht, ist mehr Lebensqualität durch mehr Grün. Auch hiermit könnten wir ein Vorbild für andere Kommunen sein. Inez Déjà (Die Linke) Statt Wachstum für den motorisierten Individualverkehr brauchen wir Vorrang für den Öffentlichen Nahverkehr, für Fußgänger*innen und Fahrradfahrer*innen. Das bedeutet Rückbau von vierspurigen Straßen und Ausbau von Radwegen. Tempo 30 für die Innenstadt und in den Wohnquartieren sorgt für mehr Sicherheit und Lebensqualität. Rückbau von Mindener Straße, Berliner Straße und Auf der Freiheit sind unser erklärtes Ziel und haben ihren Platz im Wahlprogramm. Auch hier hat mehr Raum für Fuß-, Rad- und Öffentlichen Verkehr den Vorrang. Dann bleibt nebenbei auch noch Platz für Straßenbegleitgrün. Für den ÖPNV brauchen wir mehr Linien mit einer engen Zeittaktung und das bei einer fahrscheinfreien Nutzung. Die Beruhigung des Alten Marktes und bessere Anbindung aller Außenbereiche können nicht auf das Auslaufen der Verträge zur Linienvergabe warten. Der ÖPNV muss zurück in öffentliche Hand und auf umweltfreundlichere Fahrzeuge umgestellt werden. Der vom Rat mit Mehrheit erklärte Klimanotstand muss endlich ernst genommen werden. In Bebauungs- und Flächennutzungsplänen werden noch immer weitere Flächen der Versiegelung preisgegeben, Frischluftschneisen werden zugebaut und Naturschutzbelange bleiben unberücksichtigt. Zum Klimaschutz gehört der Ausbau des ÖPNV, Energieversorgung mit alternativen Energien wie auch Grün- und Waldflächenmanagement. Grün- und Ackerflächen müssen erhalten werden, Grünanlagen und Bäume brauchen einen besseren Schutz. Dazu beitragen können auch Gebäudebegründungskonzepte und die Aufforstung von Bäumen in der ganzen Stadt.

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