Politik trifft Wirtschaft - Wahlkampfgetöse fürs Landratsamt in Herford

Kreis Herford. Es ist dann zunächst schon irritierend, wenn eine CDU-Landratskandidatin vor dem IHK-Unternehmerplenum von der linken Saalseite Szenenapplaus erhält und gleichzeitig von mittig rechts sitzenden Unternehmern massive Kritik gegen ihre Kompetenz einstecken muss. Während der amtierende Landrat (SPD) sich auch mal mit einem "das hat mich tierisch geärgert" durch 90 Minuten Diskussion manövriert - allerdings ohne Applaus. Was ist da passiert im Herforder Denkwerk, bei der IHK-Veranstaltung "Auf den Zahn gefühlt! - Wirtschaft diskutiert mit Dorothee Schuster (CDU) und Jürgen Müller (SPD)"? Moderatorin Solveig Münstermann fasste das Thema treffend schlicht zusammen mit: "Politik trifft Wirtschaft". Die erste massive Kritik fuhr die CDU-Kandidatin Dorothee Schuster bei dem Thema Digitalisierung von Schule, Kreis und Verwaltung ein. Dabei hatte ihre Argumentation gar nicht so schlecht angefangen. Einig waren sich der amtierende Landrat Jürgen Müller und Schuster zunächst, dass zum Beispiel in den Schulen digitale Endgeräte vorhanden sein müssten. Müller: "Wir müssen die Schulen entsprechend ausrüsten und zusätzlich brauchen wir dafür eine digitale Aufbruchstimmung. Der Bildungscampus ist beispielsweise unsere Stimmung nach Außen. Und wir müssen uns Gedanken über digitale Prozesse machen, wie sind zum Beispiel Anträge von Elterngeld und Bafög online durchzuführen. Und wie schafft man Fortschritte in der eigenen Verwaltung? Wir haben zum Beispiel Stipendien für duale Informatiker eingerichtet. Zwei haben wir ausgebildet, einer ist mit viel Geld abgeworben worden." Streitpunkt - Digitalisierung von Schulen Gegenkandidatin Schuster stimmte zunächst in Teilen zu. "Um alle mitzunehmen sind die Schulen ein wichtiger Ansatz. Aber was ich als Mutter da aktuell so mitnehme zeigt ganz andere Probleme. Es ist ja toll wenn Endgeräte ausgeteilt werden. Aber wenn gleichzeitig didaktische Inhalte fehlen, wem hilft's? Die Eltern können zum Teil mit den Geräten nicht umgehen. Wir dürfen das nicht unterschätzen. An unserer Grundschule zum Beispiel müssen wir die Eltern schulen. Die Kinder sind häufig das geringere Problem. Gleichzeitig habe ich vieles in der Kreisverwaltung vor Augen, was durch Digitalisierung eine Erleichterung für Bürger und Mitarbeiter gleichermaßen bedeuten könnte." Darum brauche man jetzt jemanden im Kreishaus, der sich mit dem Thema Digitalisierung auskenne. "Ich weiss nicht wie oft ich die Leier von Herrn Müller schon gehört habe, warum auch zum Beispiel der Ausbau des Glasfasernetzes nicht voran kommt." "Einfach hier mal Parolen rauszuhauen reicht nicht. Sie müssen sich einfach mal schlau machen und nicht so tun, als würden Sie die Welt verändern!", kam es aus dem Saal. Während einige Herren vom Plenum direkt in den Ring gewechselt und harte Bandagen angelegt hatten, schloss sich auch Landrat Müller der Kritik an und erklärte die hochkomplexe Abstimmung zwischen Bund, Land und Kommune für das 53 Millionen-Euro Projekt. "Wir sprechen und sprechen", so Müller, "aber das Ergebnis ist überschaubar. Das hat mich tierisch geärgert. Aber jetzt liegt der endgültige Förderantrag beim Bund. Und ich glaube die Bagger rollen bis Ende des Jahres." Wünsch-Dir-Was als Schlussrunde Die Unternehmer Tanja Maaß, Klaus Bockermann und Hausherr Oliver Flaskämper äußerten ihre Wünsche an die Politik und gleichzeitig ihre Einschätzung zur Situation der Wirtschaft während der Corona-Pandemie: Zustand im Gaststättengewerbe unterirdisch (Flaskämper), Baugewerbe gut (Bockermann), mangelnde Internetgeschwindigkeit mit Software überbrücken und nicht warten, zum Beispiel auf das 5G-Netz (Maaß). Mit Blick auf die Situation der Wirtschaft fasste Tanja Maaß zusammen: "Ich glaube nicht, dass es einen zweiten Lockdown noch mal in der Form geben wird. Es gilt das Problem agil zu managen. Mit welchen Gefühl gehe ich in den Herbst? Eine Lockerheit ist nicht angebracht. Aber Zuversicht." Die Schlussrunde war dann das Wünsch-Dir-Was: Während sich Schuster und Müller nahezu unisono eine weitere gute Zusammenarbeit von Kreis und Wirtschaft vorstellten, forderte Klaus Bockermann eine stärkere Diskusion um Gewerbeflächen, Maaß (an Schuster gewandt) "suchen Sie digitale Kompetenzen im und für den Kreis" und Flaskämper möchte den Kreis Herford für Unternehmer und Gründer erlebbarer und persönlicher wissen.

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