Wohnungsnot: Rentnerin mit Hund findet keine neue Bleibe

Herford. Überall in den Zimmern stehen Bilderrahmen mit Fotos von den Kindern und Enkeln. An den Türen hängen Botschaften wie "Oma, du bist die Beste", angefertigt in Druckschrift auf Papier von Lina-Lisa. Ulrieke Pützer hat es sich mit dem Mischling Bruno bequem gemacht in ihrer gemütlichen, hellen Wohnung nahe der A2. Draußen gärtnert sie, ein Pool steht hinter dem Haus. "Ich bin endlich angekommen und wollte lange bleiben", sagt die 57-Jährige. Doch spätestens im Herbst soll die Rentnerin diese vier Wände verlassen, weil der Vermieter das Haus verkauft und der neue Eigentümer selbst einziehen will. Wo sie danach landet, weiß sie nicht. Die Suche ist beschwerlich, der Wohnungsmarkt ist leergefegt, erklärt sie. Tatsächlich steigen im Vergleich zu den vergangenen Jahren die Mieten für Wohnungen in Herford. Das ergab der Mietspiegel, den die Stadt 2019 vorstellte. Die Kaltmieten ohne Betriebskosten sind insgesamt um rund 35 Cent pro Quadratmeter höher. Besonders beliebt sind zudem Wohnungen zwischen 60 und 100 Quadratmetern, also genau die Größen, welche Pützer benötigt. Preise zwischen 1.100 und 2.000 Euro Überhaupt hat die 57-Jährige Pech mit ihren Bleiben. Im April 2017 verlor sie bei einem Großbrand an der Dornberger Heide in Vlotho-Exter ihr ganzes Hab und Gut. Sie machte gerade das neue, jetzige Heim zurecht, als Pützer das viele Blaulicht und die Feuerwehrfahrzeuge auf der Straße nebenan bemerkte. Die Einsatzkräfte waren damals auf dem Weg zum historischen Bauernhof, wo ihre alte Wohnung lag. All die Möbel und Dokumente verbrannten, alles war weg. Zum Glück unterschrieb sie zu dem Zeitpunkt bereits ein neues Mietverhältnis. Nun steht sie wieder vor einem Neuanfang. "Zur Not muss ich bald in mein altes Schätzchen, den Wohnwagen, ziehen und die Möbel irgendwo unterstellen", sagt die Herforderin. Pützer recherchiert seit Januar vergeblich. Viele Suchende berichten auf Facebook von ähnlichen Problemen. Sie wünscht sich eine Bleibe mit drei Zimmern im Umkreis von 50 Kilometern und stößt in diesem Segment im Internet sogar auf Preise zwischen 1.100 und 2.000 Euro, berichtet sie. Da Pützer eine Erwerbsminderungsrente erhält, kann sie diese Summen unmöglich stemmen. "Geduld wird benötigt" Zudem ist die 57-Jährige eingeschränkt, sie hat Diabetes. "An manchen Tagen kann ich mich nur mit dem Rollstuhl fortbewegen." Deswegen will sie am liebsten irgendwo ländlich im Erdgeschoss wohnen. Und ebenfalls wichtig: der Hund muss mit. Auf Bruno verzichten kann sie nicht, den Mischling hat sie angeschafft, als ihr vor acht Jahren eine neue Niere transplantiert wurde. Der Geschäftsführer von Wohn- und Wirtschaftsservice Herford (WWS), Magnus Kasner, kennt den Markt und sagt, dass die Situation in Herford im Gegensatz zu anderen Städten noch entspannt sei. Die Mieten wären an den gesetzlichen Rahmenbedingungen angepasst. Laut Kasner habe der Staat dafür gesorgt, dass die Corona-Krise nicht für erhöhte Mieten sorgte. Probleme könnten aber entstehen, wenn jemand innerhalb eines kurzen Zeitraums plötzlich eine neue Wohnung benötigt und spezielle Wünsche habe. "Dann wird die Schnittmenge kleiner und Geduld benötigt." Hund und Kinder seien Hindernisse "Vielen Vermietern ist der Hund ein Dorn im Auge", sagt Pützer. Zudem können die Eigentümer nichts damit anfangen, dass sie sieben Kinder und 17 Enkel hat, obwohl alle nicht bei ihr wohnen. Offenbar vermuten die Vermieter zu laute Besuche. Außerdem hat Pützer bei manchen Annoncen Angst, dass zu viele Renovierungsarbeiten notwendig seien. Auch in ihre jetzige Wohnung hat sie viel investiert, einen Ofen eingebaut und muss nach drei Jahren wieder raus. Zu guter Letzt sorgte auch die Pandemie dafür, dass sie als Risikopatientin lieber auf Besichtigungen verzichtete. Etwas Ausdauer hat Ulrieke Pützer noch, doch für wie lange? Die Herforderin hofft auf Tipps und Hinweise zu Wohnungen. Ihre Email-Adresse lautet: puetzer@online.de. Sie möchte sich bald wieder Zuhause fühlen und nicht noch einmal im letzten Drittel ihres Lebens umziehen müssen. Eine maximale Kaltmiete zwischen 500 und 600 Euro entspräche ihrem Budget. "Aus der nächsten Wohnung sollen die mich am besten mit den Füßen zuerst heraustragen", sagt die 57-Jährige. Bis dahin muss sie aber erst mal eine finden.

Meistgelesen