Party per Livestream: Herforder Diskotheken kämpfen ums Überleben

Herford. Diskotheken haben derzeit wohl die schlechtesten Aussichten auf eine Öffnung. In Herford betrifft das mit dem Go Parc und dem X gleich zwei große Veranstaltungsorte. "Es gibt derzeit keine Informationen dazu, wie es weitergeht, und wir werden vermutlich die Letzten sein, die aufmachen dürfen", sagt Dirk Becker, Betriebsleiter vom X in Herford. Vonseiten der Regierung komme derzeit "unglaublich wenig". Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt - eine Großveranstaltung hat das X noch nicht abgesagt: Das Safari Electronic Music Festival-Open-Air im Juli. Sollte es aber bis Mitte Juni keine Aussicht darauf geben, dass doch geöffnet werden darf, muss das Event endgültig gecancelt werden. Selbst wenn es eine Kehrtwende gäbe, ist unklar, wie die Kontaktbeschränkungen auf der Tanzfläche umgesetzt werden sollen. Auch die Abifeiern im Go Parc sind offenbar nicht endgültig abgesagt: "Wir müssen abwarten, was kommt. Sollten diese nicht stattfinden können, werden wir die Schüler nicht enttäuschen und die Abschlussfeiern nachholen", versichert Lukas Kuhlmann, Geschäftsführer des Go Parcs. Livestreams vom Go Parc und X für die Gäste Ins Gedächtnis rufen sich der Go Parc und das X bei ihren Gästen mit Livestreams, bei denen DJs vor der Kamera in Echtzeit auflegen. Das Publikum tanzt dann - im besten Fall - vor dem Rechner statt in der Halle. Der Go Parc hat das erste Mal zum Tanz in den Mai gestreamt. Dabei wurden live fünf DJs auf Instagram, Facebook und Twitch, einem Streaming-Portal, das meist für die Übertragung von Videospielen genutzt wird, gezeigt. Den Clip haben sich bis jetzt nach Aussagen des Go Parcs 80.000 Menschen angeschaut. Die Großraumdisco will auch in Zukunft ähnliches anbieten: Am Samstag, 16. Mai, findet die nächste Online-Party statt. "Neben den Streams wollen wir auch mal unter der Woche mit den Gästen live &bdquo;quatschen" und zeigen was so hinter den Kulissen abgeht", sagt Kuhlmann. "Am vergangenen Sonntag haben wir gestreamt und es waren insgesamt 20.000 Menschen auf dem Video", sagt Dirk Becker vom X erfreut. Bereits drei Mal haben DJs aufgelegt und sich dabei fürs Netz filmen lassen. Diese oder nächste Woche soll ein weiteres derartiges Event stattfinden. Die Community dankt es den Betreibern: "Das letzte Mal war unglaublich, wir haben viele Dankessätze und Likes bekommen. Einige haben auch geschrieben: Haltet durch’" Mit dem Rücken zur Wand Genau diese Art von Unterstützung können die Diskotheken-Betreiber derzeit gut gebrauchen: "Wir stehen mit dem Rücken zur Wand", sagt Becker. Die Sofort-Hilfe habe das X vor sechs Wochen beantragt. Bis jetzt ist immer noch nichts angekommen. Die Verträge der Minijobber mussten unterbrochen werden. Alle Festangestellten sind in Kurzarbeit. "Wir haben aber noch niemanden entlassen", sagt Becker. Auch der Go Parc kann die Festangestellten halten: "Bis jetzt sieht es gut aus und wir versuchen, uns alle gegenseitig zu unterstützen", sagt Geschäftsführer Lukas Kuhlmann. Dennoch sei es auch für den Go Parc wirtschaftlich ein großes Problem. Die ganze Branche leide unter den Beschränkungen: "Alle haben die gleichen Sorgen und appellieren an die Politik, uns nicht im Stich zu lassen, auch wenn wir vielleicht eine kleinere Lobby haben als zum Beispiel die Automobilindustrie", so Kuhlmann. "Ein paar Wochen halten wir noch durch - länger aber nicht mehr", sagt Becker. Die Maßnahmen der Regierung, wie die Mehrwertsteuersenkung, helfen der Diskothek nicht, da sie ohnehin nicht aufmachen kann. Corona werde seine Spuren hinterlassen: "Nach der Krise wird die Kulturlandschaft nicht annähernd mehr so aussehen, wie sie einmal war", prophezeit Becker.

Meistgelesen