So läuft der Orgelunterricht unter erschwerten Bedingungen

Herford. Wenn Ulrich Hirtzbruch an der historischen Orgel der Marienkirche unterrichtet, tragen er und sein Student eine Maske. Benjamin Gruchow steht wie drei Kommilitonen am Ende seines Studiums - in seinem Fall der Bachelor. Er ist froh, dass er am 22. Juni sein Examen ablegen kann, wenn auch unter besonderen Bedingungen. Denn die Corona-Pandemie hat auch den Lehrbetrieb an der Hochschule für Kirchenmusik der Evangelischen Kirche von Westfalen verändert. Das neue Semester hat mit Verspätung am 20. April begonnen und Rektor Helmut Fleinghaus und sein Stellvertreter Ulrich Hirtzbruch versuchen, den Unterricht unter Beachtung der Sicherheitsvorschriften des Landes zu organisieren. Man setzt auch hier auf digitale Wege, doch das hat seine Grenzen. "Das Nadelöhr sind Orgelunterricht und Chorleitung", sagt Hirtzbruch. Examensprüfungen ohne Publikum Relevant ist auch für die kleine Hochschule der Beschluss der Telefonschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs der Länder am 15. April, in dem die Beschränkungen des öffentlichen Lebens zur Eindämmung der COVID19-Pandemie gelockert wurden. So können in der Hochschullehre neben der Abnahme von Prüfungen auch Praxisveranstaltungen, die spezielle Labor- und Arbeitsräume erfordern, unter besonderen Hygiene- und Schutzmaßnahmen wieder aufgenommen werden. Am 23. April präzisierte das Land NRW, dass sich bei Prüfungen keine Menschenansammlungen und Warteschlagen bilden dürfen. Zuschauer dürfen nicht teilnehmen. Ist ein Sicherheitsabstand von 1,5 Metern nicht einzuhalten, sind textile Mund-Nase-Bedeckungen zu tragen. Anwesenheitsveranstaltungen sind nur dann zugelassen, wenn besondere Räume, Ausstattungen oder sonstige besondere Rahmenbedingungen notwendig sind. Dazu zählt etwa die Klavierbegleitung im Unterricht. "Wir lassen derzeit vorsichtshalber nur Einzelunterricht mit Abstand zu", sagt Fleinghaus. Hier gilt es Abstand zu halten, denn mit Maske Flöte oder ein Blechblasinstrument zu spielen ist rein praktisch nicht möglich. Für Gruppenunterricht setzt man auf den digitalen Weg und hat sich nach einigem Ausprobieren für das Programm Zoom entschieden. 14 Lehrkräfte und ihre jeweiligen Studenten sitzen jeweils zuhause am Computer und können sich über Kamera und Bildschirm sehen und hören. "Das Problem sind die zeitlichen Verzögerungen. Ein gemeinsames Musizieren funktioniert nicht für Unterrichtszwecke", haben Fleinghaus und seine Kollegen erfahren. Auch die Instrumentalbegleitung im digitalen Gesangsunterricht klappt nicht. Orgelprüfungen sind nicht per Video möglich, weil die Lehrkraft das Instrument individuell einrichten muss. Einbahnstraßenregelung in Hochschulgebäuden "Die meisten Studenten haben sich Textilmasken selber besorgt", berichtet Helmut Fleinghaus. Darüber hinaus hat die Hochschule 600 Masken von Melitta bekommen. Desinfektionsmittel steht zur Verfügung und im Haus hat man eine Einbahnstraßenregelung eingeführt: Zur Aulatür geht es hinein, zur Hintertür der Villa hinaus. "Im Treppenhaus muss man sich gegenseitig Vorfahrt gewähren", sagt Fleinghaus. Im Wohnbereich der Hochschule leben fünf Studierende wie in einer WG zusammen. Die übrigen 25 jungen Leute haben Privatzimmer in Herford und Bad Salzuflen. "Es sind ja alles verantwortlich denkende Menschen", weiß Hirtzbruch. Vier neue Studenten hat die Hochschule jetzt aufgenommen. Drei kommen aus Deutschland. "Der Student aus Simbabwe kann noch nicht anreisen, weil in seinem Heimatland so strenge Maßnahmen gelten und er kein Visum bekommt", berichtet Fleinghaus. Er hat auch keinen Zugang zu einem Computer, sodass Videounterricht ausscheidet. "Ich habe ihm jetzt Stücke von Bach auf Youtube empfohlen. Dabei sind die Hände von oben zu sehen und darüber die Noten", sagt Fleinghaus. Er hofft auf zukünftige Lockerungen der Vorschriften, damit auch Chorleitungsunterricht wieder mit mehr Sängerinnen und Sängern stattfinden kann. Räume, um entsprechenden Abstand einzuhalten, wären vorhanden, und sei es die Marienkirche.

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