Neue Grundsteuer für Ackerflächen und Weiden führt zu Bürokratie-Flut in Herford und NRW

Kreis Herford. Auf das Herforder Amtsgericht kommt unter anderem wegen der Grundsteuerreform aktuell viel Arbeit zu und auch mehr als 1.000 Bürger im Wittekindsland haben deshalb bereits Post vom Gericht erhalten – oder werden sie noch erhalten. Es geht um landwirtschaftliche Grundstücke und ihre Einstufung und Bewertung. Und auch die Landwirtschaftskammer NRW muss eventuell eingeschaltet werden. Wie viele Fälle es in Nordrhein-Westfalen sind, darüber liegen keine Zahlen vor - es dürften allerdings Zehntausende sein. Bereits in Herford, einem von 31 Landkreisen, ist die Zahl vierstellig. Dazu kommen die kreisfreien Städte. &bdquo;Die Finanzbehörden haben neue Grundsteuerwerte für landwirtschaftliche Grundstücke festgelegt“, erklärt Christine Engelke, Direktorin des Herforder Amtsgerichts. Das wiederum führt nun dazu, dass nach der Neueinstufung durch das Finanzamt das Amtsgericht – und nicht nur das in Herford, sondern die Gerichte in ganz NRW, in Niedersachsen und Schleswig–Holstein nun in einer ganzen Reihe von Fällen aktiv werden muss. &bdquo;Bei uns im Kreis sind es 1.016 Verfahren“, erklärt die Direktorin. In Herford gibt es einen Richter, der sich mit den Fällen des sogenannten Landwirtschaftsrechts befasst. &bdquo;Um eine zeitnahe Bearbeitung sicherzustellen, haben wir die 1.016 Fälle auf zwölf Richter verteilt“, so Engelke weiter. Die Aufgabe ist aufwendig. Die Daten der Grundstücke müssen sämtlichst überprüft und auch die Grundbücher eingesehen werden. Daten stammen vom Finanzamt Die Daten seien dem beim Amtsgericht ansässigen Landwirtschaftsgericht von den Finanzämtern übermittelt worden – die ja die neuen Grundsteuerwerte ermittelt hatten - und müssten jetzt geprüft werden. Bei ihnen hat sich der Grundsteuerwert auf mehr als 54.000 Euro erhöht. Lesen Sie auch: Nach Kritik über Grundsteuer-Hammer: Herford beschließt neuen Hebesatz Dabei geht es um die Frage, ob im Grundbuch ein sogenannter Hofvermerk eingetragen werden soll oder nicht. Für Flächen mit Hofvermerk gilt wiederum ein ganz besonderes Erbrecht, das in NRW aber auch in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein zum Tragen kommt. Der Sinn hinter dieser Verordnung: um eine unerwünschte Zersplitterung landwirtschaftlicher Flächen oder Höfe – wie früher in Süddeutschland durch die sogenannte Realteilung unter den Erben - zu verhindern. Von Generation zu Generation entstanden so immer kleinere Höfe. Ziel des Höfrechts ist es, wirtschaftlich überlebensfähige Einheiten zu erhalten, die auch in Krisenzeiten die Bevölkerung ernähren können. Deshalb dürfen landwirtschaftliche Betriebe in NRW oder Niedersachsen nur als Ganzes vererbt werden. Außerdem ist die Übernahme eines Bauernhofs als Erbe nicht für jeden ohne Weiteres möglich: Er muss auch in der Lage sein, einen Hof zu bewirtschaften – und das heißt nicht nur, Trecker zu fahren, sondern auch, die betriebswirtschaftlich nötigen Kalkulationen vorzunehmen und fachliche Kenntnisse zu besitzen. Das kann im Extremfall bedeuten, dass der mutmaßliche Erbe den Betrieb nicht erben kann, sondern der Hof einem landwirtschaftlich ausgebildeten Verwandten zugesprochen wird. Der Hofvermerk lässt sich aber auch auf Wunsch problemlos löschen. Auch interessant: Neue Grundsteuer macht Herforder Hühnerwiese zu Luxusimmobilie Was hinter der Höfeordnung steckt Mit der sogenannten Höfeordnung sind die Mitarbeiter der Kreisstelle des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV), der Interessenvertretung der Landwirte, vertraut. Der eigentliche Hintergrund der nun angelaufenen Prüf-Aktion erschließt sich ihnen, wie Rechtsanwältin Anna Bergmeyer, Fachanwältin für Agrarrecht, erklärt, nicht unbedingt. Die angeschriebenen Grundstückseigentümer hätten nun die Wahl, dem Gericht mitzuteilen, ob sie einen Hofvermerk im Grundbuch wünschen oder nicht. Damit sei das Verfahren aber noch nicht abgeschlossen. Werde ein Hofvermerk gewünscht, müsse die Landwirtschaftskammer aktiv werden und prüfen, ob die Hofeigenschaften tatsächlich vorliegen - liege sie nicht vor, wird der Vermerk verwehrt. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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