So stehen Herfords Händler und Gastronomen zu möglichen Lockerungen

Herford. Heute beraten Bund und Länder über mögliche Lockerungen der Vorgaben in der Corona-Krise. Und wie fast überall im Land sind auch bei den Herforder Einzelhändlern und Gastronomen zwei Gefühlslagen auszumachen: die Skepsis gegenüber der Exit-Debatte wegen großer Sorgen vor einer zu schnellen Ausbreitung des Virus und der Wunsch nach einer zügigen Rückkehr in die Normalität. Wir haben nachgefragt, was sich Einzelhändler und Gastronomen von der heutigen Debatte versprechen und ob und wie sie sich vorbereiten. Café Kettler "Grundsätzlich stehen wir immer in den Startlöchern, um wieder ganz zu eröffnen", sagt Heide Kettler, die in ihrem gleichnamigen Café derzeit nur zu 50 Prozent - nämlich den Verkaufsbereich - geöffnet hat. Das Café ist geschlossen. "Und ich glaube auch nicht, dass die Gastronomie ein Bereich ist, in dem sich das schnell wieder ändert", sagt sie. Mit Schulen könne man vielleicht schrittweise wieder anfangen. "Wir sind noch nicht über den Hügel hinweg. Wenn wir zu früh zu viel wollen, wirft uns das nur zurück", so Heide Kettler. Reagieren könne man - wenn es soweit wäre - aber schnell. "Die Produktion wieder hochzufahren, ist für uns kein Problem. Das machen wir zu Festtagen auch. Da stehen wir morgens einfach noch früher auf. Und die Servicekräfte, die derzeit zu Hause sind, sind schnell reaktiviert", sagt die Konditorin. Grundsätzlich sei es aus ihrer Sicht wünschenswert, dass die Innnenstadt jetzt wieder langsam lebendiger würde. "Dann steigt auch die grundsätzliche Stimmung wieder", meint Kettler. Aktive Sportshop Klare Vorgaben "und kein Wischiwaschi wie bei der Schließungsdiskussion vor vier Wochen" wünscht sich Uwe Mohn, Inhaber des Active Sportshops an der Rennstraße. "Das war ein Hin- und Her: erst durften wir noch öffnen und dann - quasi über Nacht - kam die Entscheidung dagegen." Wenn eine Wiederöffnung der Geschäfte beschlossen würde, müssten auch klare Voraussetzungen zu Schutzmaßnahmen und Zugangsbeschränkungen präzise mitkommuniziert werden. "Ich möchte nicht darüber rätseln müssen, was ein neuer Landeserlass denn nun wirklich für mich und meine Arbeit heißt", so Mohn. Natürlich hoffe er, dass es irgendwann weitergehe. "Aber Spekulationen habe ich mir in der jüngsten Vergangenheit abgewöhnt. Der Schock über die Schließung hat sich nun langsam gesetzt. Jetzt schauen wir einfach, wie es weitergeht." Eines sei ihm aber aufgefallen, was auf jeden Fall gut zu seinem Geschäft passe, sagt Mohn: "Viele Menschen haben in der Corona-Pause das Laufen für sich entdeckt, weil es eine der wenigen Arten von Bewegung ist, die man noch machen kann." Kontor Kaffee Für Henrik Krömker, Geschäftsführer des Kontor Kaffees, wäre es bereits eine Erleichterung, wenn der Einzelhandel in der Innenstadt wieder öffnen dürfte. Der Café-Betrieb sei komplett zum Stillstand gekommen. Lediglich der Verkauf von selbstgeröstetem Bohnenkaffee ist geblieben. Für einen "To-Go"-Verkauf - der schon jetzt erlaubt wäre - seien zu wenige Passanten in der Innenstadt unterwegs. "Deshalb wäre es für uns von Vorteil, wenn wieder mehr Leben in die Stadt käme", sagt Krömker. Aus wirtschaftlicher Sicht wäre eine Öffnung von Gastronomie wünschenswert, aber nur unter strengen Schutzmaßnahmen. Er erinnert an die wenigen Tage vor dem kompletten Shutdown. "Beispielsweise müssten die Tische wieder in einem bestimmen Abstand stehen, damit Gäste sich nicht zu nahe kommen." Wenn die aktuellen Umständen noch länger bestünden, sei das Ziel ganz klar: "Wir halten so lange durch wie nötig. Und das schaffen wir auch", sagt Krömker. Schuhhaus Tscheche Damit er funktionieren könne, brauche der Handel vor allem klare Verhältnisse, sagt Nicolas Tscheche vom gleichnamigen Schuhhaus am Alten Markt. "Ich hoffe, dass wir klare Aussagen bekommen und dass von Wissenschaft und Politik Bedingungen formuliert werden, die ich auch erfüllen kann." Tscheche wünscht sich grundsätzlich wie alle, dass "wieder Leben in die Stadt kommt". Aber was den viel diskutierten Öffnungstag am 20. April angeht, hat er Vorbehalte. "Was nützt es mir, wenn Bedingungen formuliert werden wie zum Beispiel, dass Atemschutzmasken verteilt werden müssen oder dass ein Desinfizierautomat für die Hände im Eingangsbereich hängen muss, ich aber weder die Masken noch den Automaten bekomme?" Restaurant Amici Das Restaurant Amici inmitten von Herford hat seinen Betrieb momentan komplett eingestellt. Inhaberin Angela Vitale Rossi begründet den Schritt so: "Die steigenden Corona-Zahlen waren erschreckend. Kunden und Mitarbeiter hatten Angst vor einer Ansteckung. Deshalb habe ich den Betrieb komplett zugemacht und auch keinen Lieferservice angeboten. Ich wollte die Aktion 'Stay at Home' unterstützen, die Menschen sollen Zuhause bleiben." Inzwischen gebe es erste Funken der Hoffnung, Rossi will bald Speisen zum Mitnehmen verkaufen, da auch einige Stammkunden danach gefragt hätten. Sie hält eine schrittweise Lockerung der Maßnahmen für das Sinnvollste. "Nicht alles auf einmal. Es sollte von Woche zu Woche gesteigert werden." Für Rossi wäre es vorstellbar, dass sie bald bei gutem Wetter wieder einen Restaurant-Betrieb vor der Tür im Sommergarten aufnehmen könnte. "Natürlich mit genügend Abstand der Tische. Ich würde das Essen mit Mundschutz und Handschuhen servieren. Ein paar Stunden am Abend würden uns schon reichen." So langsam müsse ohnehin etwas geschehen, sagt die Restaurant-Betreiberin. Zwar habe sie finanzielle Unterstützung vom Staat erhalten, um die laufenden Kosten zu decken. Allerdings könne sie so nur noch ein paar Monate durchhalten. "Aber das geht wohl allen zurzeit so", sagt Rossi. Café Kleine Das Café Kleine ist laut eigenen Angaben die älteste im Familienbesitz befindliche Konditorei in Herford. Neben der Konditorei, betreiben Heinz und Andrea Kleine eine Bäckerei und ein Café mit 52 Sitzplätzen. Aktuell ist das Café geschlossen und das sei auch gut so, sagt Andrea Kleine. "Wenn wir schon nächste oder übernächste Woche wieder in die Vollen gingen, wäre nichts gewonnen. Das halte ich für zu früh." Kleine sorgt sich auch um ihr Personal: "Die Servicekräfte sind gezwungen, die Gäste am Tisch zu bedienen. Wir haben keine Selbstbedienung." Selbst, wenn die Tische in zwei Metern Abstand ständen, sei die Gefahr zu groß. Generelle Lockerungen der Corona-Beschränkungen befürwortet Kleine, meint aber auch: "Da ist die Gastronomie sicherlich nicht der erste Bereich, für den Lockerungen nötig sind."

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