Deshalb hat Herford keine grüne Welle

Herford. Den Frust, an fast jeder roten Ampel anhalten zu müssen, kennt fast jeder Autofahrer. In Herford stockt die flüssige Fahrt immer wieder. Die sogenannte "grüne Welle" gibt es in der Hansestadt nur in Teilbereichen. Und selbst dort fließt der Autoverkehr nicht durchgängig. Die grüne Welle ist eine Art der Ampelschaltung, bei der der fließende Verkehr bei konstanter Geschwindigkeit nicht durch rote Ampeln gebremst wird. Eingeführt wurde sie 2001 tatsächlich auf dem Innenstadtring. Allerdings bremsen die roten Ampeln trotzdem die Autos immer wieder hintereinander ab. "Unser System sieht auch eine Priorisierung des ÖPNV vor", sagt Baudezernent Peter Böhm. Das bedeutet, dass Busse mittels Funktechnik von den Ampelanlagen der Stadt bevorzugt werden. Vor 13 Jahren sei die gesonderte Grünphase für Busse eingeführt worden. Für Autofahrer bedeute das, dass sich die Ampelphasen verschieben - ein flüssiges Vorankommen ist so nicht mehr gewährleistet. "Wenn man im Auto sitzt, wirkt das System teilweise unharmonisch", gesteht Böhm selbst. Diese Regelung gilt allerdings nur auf dem Innenstadtring - die Einfallstraßen sowie auch die Bundesstraßen auf Herforder Stadtgebiet haben keine grüne Welle. Das liegt auch daran, dass die Verantwortung für die Lichtsignalanlagen auf der B 61 sowie der Umgehungsstraße B 239 bei Straßen NRW liegt. Auf diesen gebe es nach Aussage von Pressesprecher Sven Johanning derzeit keine grüne Welle, eine weitere Anpassung sei vorerst auch nicht geplant. Bundesstraßen seit Jahren überlastet "Auf den Strecken haben wir seit Jahren alles ausgereizt", sagt Johanning. Fast 25.000 Fahrzeuge nutzen nach Auswertungen von 2015 täglich die Umgehung, die durch den Osten der Stadt führt. Die B 61 in Richtung Bielefeld werde hingegen nur etwa halb so viel befahren. "Besonders zu den Hauptverkehrszeiten sind die Straßen völlig überlastet, weshalb ein Ausbau des Stücks geplant ist", meint der Straßen-NRW-Sprecher. Erst dann werden die Kreuzungsbereiche mehr Fahrzeuge durchlassen. Das Vorhaben liege aktuell allerdings noch bei der Bezirksregierung Detmold. Auch im Innenstadtbereich gibt es derzeit noch keine Aussicht auf Besserung für Autofahrer. "Wir wollen für Herford eine sinnvolle Lösung", meint Baudezernent Böhm. Aktuell werden in einigen größeren Kommunen bereits alternative Konzepte getestet. Wie die langfristigen Ergebnisse dort aussehen, werde man auch in Herford beobachten. "Wir sind hier allerdings nicht so unter Druck, unsere CO2-Werte liegen unterhalb des Grenzwerts." ÖPNV-Vorrang dient dem Umweltschutz Dass sich eine grüne Welle positiv in der Klimabilanz bemerkbar mache, zeigen Zahlen des ADAC aus 2018. Kohlendioxide können so um 15 Prozent, Feinstaub um 27 Prozent und Stickoxide um ein Drittel gesenkt werden. Dies sei auf optimale Bedingungen für Autofahrer zurückzuführen. Bei einer grünen Welle können Verkehrsteilnehmer nämlich in einem hohen Gang und bei geringer Drehzahl gleichmäßig fahren. So werde auch der Verbrauch gesenkt, Stau und Ärger vermieden sowie auch der Lärm vermindert. "Auch in Städten wie Herford macht die grüne Welle grundsätzlich Sinn", sagt Ralf Collatz vom ADAC OWL. Die Priorisierung des Nahverkehrs, wie sie in der Hansestadt gehandhabt wird, sei allerdings eine Abwägungssache. Dieses Konzept sei dann sinnvoll, wenn der Besetzungsgrad hoch genug ist. "Wenn man den ÖPNV stärkt und die Hauptlinien priorisiert, dient das genauso dem Umweltschutz", so Collatz. Immerhin: Rund 20 Prozent der Herforder nutzen öffentliche Verkehrsmittel - laut Zahlen der Minden-Herforder Verkehrsgesellschaft (MHV) von 2017. Der Löwenanteil des Verkehrs in der Stadt Herford stellt jedoch der Individualverkehr dar: 51 Prozent sind mit dem Auto unterwegs – trotz Wartezeit vor roten Ampeln in der Innenstadt und auf den Bundesstraßen.

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