Herford

Wie Schausteller in Herford seit 125 Jahren für Rummel sorgen

Freunde und Vertraute des Mitteldeutschen Schaustellervereins Herford feiern ihr Jubiläum im Eventcenter des Go-Parc. Die Festredner sparen nicht mit mahnenden Worten.

Die Schausteller sind mit der Tradition verbunden, beweist Drehorgelspieler Friedrich Korte. | © Peter Steinert

Peter Steinert
13.01.2020 | 13.01.2020, 09:15

Herford. Ein Volk der Gaukler, der Reisenden – das waren die Schausteller, die sich 1895 zusammenschlossen. Heute sind es zwar kühl kalkulierende Geschäftsleute. Ihren Sinn für die Tradition haben sie aber nie verloren. Auch nicht nach 125 Jahren. Dieses Jubiläum feierte der Mitteldeutsche Schaustellerverein Herford am Samstag mit Freunden und Vertrauten im Go-Park-Eventcenter. Der drittälteste Schaustellerverein Deutschlands begrüßte dazu zahlreiche Gastredner.

Die Schausteller pflegen eine enge Verbindung zur Politik, was sich auch an den Jubiläumsgästen wie dem NRW- Landtagsvorsitzende André Kuper (Mitte) erkennen lässt. Mit auf dem Bild (v. l.) Christian Dahm (SPD), Albert Ritter (DSB), Martina Füger-Schmidt, André Kuper, Willi Parpalioni, Stephen Paul (FDP) und Schausteller Raoul Krameyer. - © Peter Steinert
Die Schausteller pflegen eine enge Verbindung zur Politik, was sich auch an den Jubiläumsgästen wie dem NRW- Landtagsvorsitzende André Kuper (Mitte) erkennen lässt. Mit auf dem Bild (v. l.) Christian Dahm (SPD), Albert Ritter (DSB), Martina Füger-Schmidt, André Kuper, Willi Parpalioni, Stephen Paul (FDP) und Schausteller Raoul Krameyer. | © Peter Steinert

Wie Herfords Bürgermeister Tim Kähler, der die Schausteller lobte: „Wir sind gerne Schaustellerstadt. Wir finden es gut, dass wir eine City-Kirmes haben. Auch bei all dem Gemoser, das manchmal herumgeht. Wer stille Städte haben will, der muss in stille Städte ziehen. Herford ist keine stille Stadt. Und sie wird auch keinen Stillstand haben. Das wollen wir nicht in dieser Stadt".

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Zuvor hatte Willi Parpalioni als Vorsitzender die Geschichte des Vereins Revue passieren lassen, ehe er auf den Kollegen August Schneider zu sprechen kam. Der ist als 90-Jähriger immer noch mit seinem Auto-Scooter unterwegs und sagte einst: „Wenn es uns nicht geben würden, dann müsste man uns erfinden." Parpalioni über den Senior: „Das ist gelebte Tradition bis ins hohe Alter."

Keine Maria, sondern ein Schausteller auf dem Stiftberg

Willi Parpalioni fand einen vergnüglichen Abschluss, indem er die Vision aufgriff, die einst Namensgeber für Herfords größtes Volksfest auf der Kiewiese gewesen war. Und deren Ursprung christlich geprägt ist. „Ich bin mir sicher, die Marien-Erscheinung, die dem Schäfer vor über 1.000 Jahren auf dem Herforder Stiftberg zuteil wurde, war gar keine Maria. Das war ein Schausteller, der fragen wollte, wo er sein Karussell aufbauen kann", sagte der amtierende Vorsitzende und erntete anhaltenden Applaus.

Beifall erhielt ebenfalls Landtagspräsident André Kuper als Schirmherr der Veranstaltung: „Vor 125 Jahren, als es kein Internet gab und kein Fernsehen, da war ein wichtiger Impuls für die Menschen vor Ort der Gottesdienst. Die Kirmes war als Kirch-Mess an diesen Ort gebunden. Jede Kirmes war ein Höhepunkt und lenkte von der Mühsal des Tages ab. Aber auch heute noch bringt eine Kirmes Kinderaugen zum Leuchten. Vielleicht ist auch das Thema der wieder aufkommenden Nostalgie des Nachdenkens wert."

Generalversammlung des Vereins reisender Schausteller im Jahr 1895

„Tradition verpflichtet", heißt es demnach auch beim Mitteldeutschen Schaustellerverein, der ursprünglich „Mitteldeutscher Verein reisender Schausteller, Handelsleute und Berufsinteressenten von 1895" hieß. Und dessen erste Generalversammlung am 21. Januar 1896 stattfand.

Seitdem haben sich die Zeiten, aber auch die Aufgaben der gewandelt, wie Bundestagsmitglied Stefan Schwartze (SPD) festhielt: „Auch auf Volksfesten werden wir immer mehr mit Hass, Ausgrenzung und Rechtsextremismus konfrontiert. Unser Arbeitsminister Hubertus Heil hat vor einiger Zeit mal gesagt, dass das Kulturgut Volksfest etwas ist, das mehr für den Zusammenhalt beiträgt, als so manche Sonntagsrede zum Thema Integration."

Illustre Runde mit Horst Laffontien (v. l.), MdL Christian Dahm, MdB Stefan Schwartze und Bürgermeister Thomas Meyer aus Enger. - © Peter Steinert
Illustre Runde mit Horst Laffontien (v. l.), MdL Christian Dahm, MdB Stefan Schwartze und Bürgermeister Thomas Meyer aus Enger. | © Peter Steinert

Albert Ritter berief sich als Präsident des Deutschen Schaustellerbundes auf den Papst. Der habe gesagt: „Schausteller sind die, die Licht ins Dunkel der Welt bringen." Als Geschenk für die Herforder hatte Ritter zwei Ehrenschleifen mitgebracht. Als Schmuck für die Traditionsfahne von 1895. Die Inschrift dürfte damals wie heute gültig sein: „Einigkeit macht stark".