Herforder Wetterfrosch: 2019 wird ein Wetter-Rekordjahr

Herford. "80 Jahre - das ist schon ein Ding. Irgendwie haben wir das geschafft", sagt Heinrich Wulff, der heute seinen runden Geburtstag feiert. "Ich habe mich durch viel Bewegung fit gehalten. Ich gehen noch zwei Mal die Woche zum Training der DLRG im Hallenbad des H2O und schwimme da mit in der Rentnerbahn. Das geht gemütlich weg. Mal sind es 300, mal 400 Meter Brust." Wulff fährt heute noch gern E-Bike, raucht nicht und trinkt nicht: "Das Bier verschimmelt bei uns im Keller". Nach Kriegsende haben die Amerikaner das Elternhaus beschlagnahmt Bekannt ist er auch als Herforder Wetterfrosch, denn er betreute mit seiner Frau Irmtraud jahrzehntelang bis 2007 die Herforder Wetterstation des Deutschen Wetterdienstes, die schon sein Großvater aufgebaut hatte. Wulff hat 2015 für seine vielfältige ehrenamtliche Tätigkeit das Bundesverdienstkreuz bekommen. Heinrich Wulff war erst fünf Jahre alt, als das Elternhaus am Ortsieker Weg kurz nach Kriegsende von der kämpfenden Truppe der Amerikaner beschlagnahmt wurde. 14 Tage später besetzten es für über fünf Jahre die Briten. "Wir haben dann mit sechs Personen sehr beengt in zwei Zimmern in der Nachbarschaft gewohnt", erinnert sich Wulff. "Es war ja überall Notstand in Herford. Viele Häuser waren zerstört oder besetzt und es mussten viele Flüchtlinge untergebracht werden." Wulff lernte ab 1955 Weber und absolvierte anschließend eine kaufmännische Ausbildung bei der Blaufadenweberei Knemeyer an der Goebenstraße. 1964 wechselte er zum Textilkontor W. Seidensticker in Bielefeld, wo er 2004 als Leiter der Buchhaltung in Rente ging. Seine Ehefrau Irmtraud lernte Heinrich Wulff beim Tanz im angesagten Café Bruns in der Kurfürstenstraße kennen. Im Juli 1965 war Hochzeit. Das Ehepaar hat zwei Söhne, von denen Stephan die Liebe zum Wasser in besonderer Weise geerbt hat. Er fährt als Kapitän eines Öltankers zur See. Das Schwimmen in der Werre gelernt Das Schwimmen hat Heinrich Wulff in der Werre gelernt. In die DLRG ist er im September 1958 eingetreten. Er hat jahrelang Jugendfreizeiten in Scharbeutz an der Ostsee begleitet, wo die Stadt ein Jugendheim unterhielt. Von 1961 bis 2005 war er im Herforder Vorstand unter anderem als Vorsitzender aktiv und hatte auch leitende Posten in Landesgremien inne. Er hat die Wasserrettungsstation im Freizeitgelände Vlotho-Borlefzen an der Weser mit aufgebaut und sich für das DLRG-Vereinsheim im Waldfrieden engagiert. Die DLRG dankte ihm sein Engagement mit ihrer höchsten Ehrung, dem Verdienstabzeichen in Gold mit Brillianten und mit dem Ehrenvorsitz in Herford. Die offizielle Wetterstation betrieben die Wulffs 116 Jahre lang. Ein Grund für die Aufgabe durch den Wetterdienst war die fortschreitende Bebauung im Bereich Ortsieker Weg, die die Messergebnisse für die Temperatur nach oben beeinflusste. Am 25. Juli 2019 mit 38,1 Grad die bisher höchste Tagestemperatur gemessen Die handschriftlich aufgezeichneten Daten der Wetterstation haben die Wulffs behalten. Sie können die Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte vergleichen, weil sie den Niederschlag noch für das Landesumweltamt und die Temperaturen aus persönlichem Interesse weiter messen. So kann Heinrich Wulff sagen: "2019 wird ein Rekordjahr. Die bisher höchste Tagestemperatur für Herford seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1891 haben wir am 25. Juli mit 38,1 Grad gemessen." Die bisherigen Temperaturrekorde liegen auch nicht so lange zurück: Am 12. August 2003 waren es 37,5 Grad und am 4. Juli 2015 waren es 37,9 Grad." Der Tag bleibt den Eheleuten unvergessen, denn sie feierten Goldene Hochzeit und alle Gäste mussten schwitzen. "Die Tendenz für die mittlere Jahrestemperatur ist immer höher geworden", räumt Wulff gewohnt zurückhaltend ein. "Wir können aber unsere Daten nicht in Richtung Klimawandel bewerten. Dazu ist unser Gebiet zu klein." Ab Ende der 1990er Jahre hat die mittlere Jahrestemperatur den einstelligen in den zweistelligen Bereich verlassen. Wie gesagt - hier kann auch die fortschreitende Bebauung und Versiegelung rund um die Station einen Anteil gehabt haben. "Was wir fürs Klima tun können, tun wir im Garten" Spannend bleiben die Wetterdaten allemal. So lag der Höchstwert im Jahr 2018 am 7. August bei 36,8 Grad. Die tiefste Temperatur des Jahres 2019 zeigte das Thermometer mit - 8 Grad am 24. Januar an. Das Jahresmittel 2019 beträgt bisher 12,5 Grad. Der Wert wird noch sinken, wenn die Dezemberdaten feststehen. Über 30 Grad wurde es 2019 an 22 Tagen. 2017 waren es sogar 29 Tage gewesen, 2007 nur acht. Beim Niederschlag hat das Jahr 2019 mit bisher 686,5 Millimetern das Jahr 2018 mit 617,6 Millimetern schon jetzt überholt. 2017 waren allerdings 923,7 Millimeter gewesen. Der regenreichste Tag 2019 am Ortsieker Weg war bisher am 20. Mai mit 37,7 Millimetern, der regenreichste Monat 2019 war bisher der Oktober mit 125,5 Millimetern. Auch in Herford gibt es allerdings erhebliche Schwankungen von Ortsteil zu Ortsteil, weil die schweren Unwetter mit punktuellen Folgen immer häufiger werden. "Was wir fürs Klima tun können, tun wir im Garten", sagen die Wulffs. "Wir haben Büsche, Blumen, zwei große Kirschbäume und Apfelbäume, von deren Früchten wir bis Ostern essen können."

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