Rathaus-Mitarbeiter aus Herford berichten von Angriffen im eigenen Büro

Herford. Wie schützt man seine Mitarbeiter am besten? Herfords Bürgermeister Tim Kähler hat darauf nur noch eine Antwort: Bald soll es am Rathaus eine Eingangsschleuse geben. Hinein kommen Bürger nur noch mit Termin. Viele finden das übertrieben. Achim Detert und Manuela Nowak sehen das ganz anders. Die beiden Rathaus-Mitarbeiter, die anonym bleiben wollen und deren Namen von der Redaktion geändert wurden, sagen, dass ein neues Sicherheitskonzept schon lange überfällig ist. Denn in ihrem Job kommt öfter zu Ausnahmesituationen. Achim Detert arbeitet schon seit vielen Jahren für die Stadt Herford. Fast zwanzig Jahre davon im Ausländer - und Integrationsbüro. Er hat schon einige brenzlige Situationen erlebt, aber noch keine ist so eskaliert, wie die vor drei Jahren. Ein damals 31-jähriger Mann, der um eine Bleibeberechtigung in Deutschland kämpfte, war im Rathaus aufgrund von Ausrastern und Zerstörungen aufgefallen. Deswegen stellte die Stadt sogar einen eigenen Sicherheitsdienst ein. Der Mann erhielt Hausverbot. Ein Situation führte bis zum Polizeischutz Trotzdem kam er immer wieder ungehindert ins Rathaus. Im Oktober und November 2016 warf der als Rathaus-Randalierer bekannt gewordene Mann unter anderem Akten aus einem Bürofenster im Rathaus. Kurz darauf attackierte der 31-Jährige den Hausmeister, brach ihm dabei eine Rippe und verletzte ihn am Jochbein. Irgendwann wurde die Situation auch für Achim Detert gefährlich: "In einem Gespräch hat er meinen Schreibtisch gepackt und in meine Richtung umgeworfen. Ein anderes Mal ist er in Richtung eines Bürofensters gestürmt und hat es mit der flachen Hand eingeschlagen", erinnert er sich. Dann lief das Fass über. Der Mann bedrohte ihn: "Ich bringe dich um", hatte er nach einem Gespräch gesagt. "So etwas hatte ich vorher noch nicht erlebt. Wir konnten uns nicht sicher sein, dass er nicht auch meine Adresse hat, deswegen wurden meine Familie und ich unter vorübergehend Polizeischutz gestellt." In einem anderen Fall, so Detert, hatte ein Kunde sein Wiederkommen mit einer Waffe und der Aussage "Ich mach euch alle platt" angekündigt. Eine aktuelle Situation schildert auch Manuela Nowak. Sie arbeitet seit vier Jahren im selben Bereich wie Detert. Vor drei Wochen sei ein Kunde in einem Gespräch plötzlich auf sie losgegangen. "Ich habe ihn weggeschubst und dann kamen Kollegen aus anderen Büros dazu", sagt Nowak. "Die Person hatte ihren Aufenthalt bedroht gesehen, obwohl ich nur ein Dokument überprüfen wollte." Auch die Polizei kam dazu. Es geht nicht nur um Menschen mit Migrationshintergrund "Leider ist das, was wir hier Alltag nennen, ziemlich harte Realität", so Nowak. Geschrei, Beleidigungen und Gegenständewerfen seien die Mitarbeiter gewöhnt. Besonders in den Bereichen, in denen es um Sozialleistungen und Aufenthaltsrecht gehe. Die Aggressoren seien aber nicht nur Menschen mit Migrationshintergrund, das ist Nowak und Detert wichtig zu sagen. Provozierend seien zum Beispiel auch die sogenannten Reichsbürger. Laut Bundesverfassungsgericht handelt es sich dabei um eine Gruppe von Personen, die die Legitimität der Bundesrepublik und auch deren Rechtsordnung ablehnen. "Die Situationen mit dieser Personengruppe ist teilweise unberechenbar", sagt Achim Detert. Der Zugang zu einem Gespräch mit ihnen sei fast unmöglich. Viele dieser Personen würden schon mit dem Ziel einer Eskalation ins Rathaus kommen. Das liegt laut Bundesverfassungsgericht zum Beispiel daran, dass Reichsbürger sich der Personalausweis-Pflicht verweigern. Trotzdem kommen sie in die Rathäuser, um den sogenannten Staatsangehörigkeitsausweis zu bekommen. Für sie das einzige legale Dokument. Mehr Sicherheit durch Eingangsschleuse - macht das Sinn? Aber auch insgesamt sei der Ton vieler Bürger deutlich rauer geworden. "Das war früher anders", sagt Detert. "Wir müssen ja auch negative Sachen ansprechen und führen die Regelungen unserer Gesetze aus. Auch wenn wir es menschlich gesehen oft gerne anders machen würden", sagt Manuela Nowak. Doch die Respektlosigkeiten - auch von Deutschen - hätten stark zugenommen. Nach dem Drohanruf und der Evakuierung des Rathauses am 19. August habe sich unter den Mitarbeitern eine latente Anspannung breit gemacht, sagt Detert. Vor allem bei denen, die schon Erfahrungen mit körperlichen Angriffen machen mussten. "Aus meiner Sicht ist ein neues Sicherheitskonzept eine gute Idee für uns. Das offene Rathaus leidet natürlich darunter, aber es sollte etwas passieren", sagt Detert. Manuela Nowak ergänzt: "Ich kann das voll unterschreiben. Wir brauchen mehr Sicherheit. Damit soll auch die Öffentlichkeit dafür sensibilisiert werden, dass hier Menschen arbeiten, die Aufgaben für die Bürger übernehmen und versuchen, das Beste für sie herauszuholen. Wir arbeiten für sie und nicht gegen sie."

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