Servicekräfte im Kreis Herford verraten: So viel Trinkgeld ist angebracht

Kreis Herford. Beim Ausgehen wird das Trinkgeld immer wieder zur großen Diskussion. Manche geben kategorisch kein Trinkgeld, da sie der Ansicht sind, die Serviceleistung mit dem Begleichen der Rechnung schon zu honorieren. Und was der eine für zuviel hält, ist für den anderen noch lange nicht genug. Wir haben Bedienungen von Restaurants aus dem Kreis Herford zu dem Thema befragt. Die Höhe des Trinkgeldes sei natürlich vom Service abhängig, betont Trjanem Namer, Kellner im Cxielo in Herford: "Aber wenn alles gut lief sind fünf bis zehn Prozent durchaus passend." Bei kleineren Beträgen runden viele Gäste gerne auf, aber wie ist das bei höheren Beträgen, die in die Hunderter gehen? "Bei einer Rechnung von 300 Euro würde ich persönlich zehn Euro Trinkgeld Minimum geben", sagt der 31-Jährige. Letztendlich liege die Entscheidung aber immer beim Gast selbst. Doch Trinkgeld sei für die Servicekräfte auch immer als eine Art Feedback: "Der Keller sieht am Ende des Tages immer, ob er zufriedenstellend gearbeitet hat: Entweder man hat viel oder wenig." So sieht das auch Giuseppe Argentiero, dem die Trattoria il Baffino in Herford gehört. Der 30-Jährige startete in seine Gastronomie-Laufbahn als Kellner mit 16 Jahren. "Wenn man mir Trinkgeld gegeben hat, hat mir das gezeigt, ob ich gut war oder nicht – das hat mich motiviert", sagt er. Aus der Erfahrung weiß er allerdings, dass früher mehr Trinkgeld gegeben wurde als heute. Die Höhe dieses Obolus sei auch immer saisonabhängig – zu Weihnachten und Silvester gebe es meist mehr. Höhe des Trinkgeld auch immer vom Einkommen abhängig Renate Bohn arbeitet schon seit 23 Jahren in der Knolle in Bünde – nicht immer am selben Standort, doch der Name des Restaurants und der Chef waren immer dieselben. Neben dem Service komme es ihrer Meinung nach beim Trinkgeld auch darauf an, wie viel der Gast selbst verdiene. "Menschen, die gerade mit der Schule fertig sind, können natürlich nicht so viel zahlen, wie diejenigen, die voll verdienen", sagt Bohn, "doch wer es sich leisten kann und mit dem Service zufrieden ist, kann schon zehn Prozent geben." Wie viel Trinkgeld gegeben werde, sei von Gast zu Gast unterschiedlich, sagt auch Volker Ziegenbruch, Inhaber von Ziegenbruch’s Gastronomie in Spenge. Oft würden Ältere mehr geben als zum Beispiel Teenager, aber verallgemeinern könne er das nicht. An die allerhöchste Summe, die je als Trinkgeld über den Tresen ging, kann er sich noch gut erinnern: &bdquo;Bei einer großen Feier wurden mal 200 Euro gegeben." Was ein angemessenes Trinkgeld sei? &bdquo;Fünf bis zehn Prozent", findet Ziegenbruch. Er selbst arbeitet zwar auch mit im Service. Das Trinkgeld gehe jedoch komplett an seine Mitarbeiter, sagt der Gastronom. Allerdings behält nicht jeder das ein, was er auch selbst als Trinkgeld eingenommen hat: &bdquo;Der Service arbeitet ja als Team zusammen, darum teilen sich die Mitarbeiter das Geld untereinander." Ein Teil der Summe werde auch an die Küchenkräfte abgegeben. &bdquo;Denn das Trinkgeld ist auch abhängig von der Leistung der Küche", so Ziegenbruch. Ähnlich handhaben es das Cxielo und die Trattoria il Baffino. Auch in der Knolle werde das Trinkgeld aufgeteilt: "Jeder bekommt sein eigenes Trinkgeld, gibt aber prozentual etwas für die Küche oder die Mitarbeiter an der Theke ab", erklärt Bohn. Trotzdem bekämen die Kellner immer noch den größten Teil: "Die bekommen auch mal die Wut der Gäste ab und müssen für alles parat stehen." Sie kenne aber auch Betriebe, in denen das Personal nichts vom Trinkgeld bekomme. Manche gehen beim Trinkgeld leer aus Das ist leider im Kreis Herford kein Einzelfall, wie die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) kritisiert: Ein Teil der 2.950 Menschen, die im Kreis Herford im Gastgewerbe arbeiten, gingen beim Trinkgeld leer aus. &bdquo;Gerade in kleinen Betrieben kommt es immer wieder vor, dass der Chef die Trinkgeld-Kasse selbst verwaltet oder einen Teil vom sogenannten Tip sogar vom Personal zurückfordert", berichtet Gaby Böhm. Die Geschäftsführerin der NGG Bielefeld-Herford stellt klar: &bdquo;Das Trinkgeld ist ein steuerfreies Geschenk, mit dem der Gast einfach Danke sagt. Von der Bedienung über Küche bis zur Rezeption und Zimmerreinigung – Betriebsräte oder die Mitarbeiter regeln selbst, wie sie die Extra-Einnahmen aufteilen." Weil alle Beschäftigten ihren Anteil am Gasterlebnis haben, sollten auch alle bedacht werden. Allerdings arbeiteten in der Branche viele Menschen nur befristet oder mit einem Minijob – und trauten sich aus Angst um ihren Arbeitsplatz nicht, gegen Trinkgeld-Tricksereien durch den Chef vorzugehen. Betroffene sollten sich daher an die Gewerkschaft wenden, rät Böhm. Wie viel Trinkgeld angemessen ist, sollten Gäste je nach Situation entscheiden. &bdquo;Wer mit der Küche und dem Service zufrieden ist, darf sich mit einem Trinkgeld gerne bedanken. Mit 10 Prozent macht man nichts falsch", so Böhm. Was Bedienungen mit dem Trinkgeld machen Wofür die Servicekräfte das Geld ausgeben, ist ganz unterschiedlich: Viele sparen für den Urlaub, wie sowohl Renate Bohn als auch Giuseppe Argentiero berichten. Aber manche finanzieren auch anderes davon: Eine Kollegin gebe das Geld für die Kinder aus, andere kauften Konzertkarten, sagt Bohn und fügt hinzu: "Es gibt auch Kollegen, die bezahlen damit den Einkauf, Tanken oder lassen den Wagen reparieren – die leben dann von dem Trinkgeld."

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