Jenisa-Prozess: Lebenslang für Angeklagten Ibrahim B.

Hannover/Herford. Als der Vorsitzende Richter Wolfgang Rosenbusch das Urteil verkündet, ist erstmals im Mordprozess zum Fall Jenisa eine Gefühlsregung bei Ibrahim B. erkennbar. Der 44-Jährige schluchzt einmal laut auf und weint dann leise auf der Anklagebank. Seine Verteidigerin Christina Peterhanwahr reicht ihm ein Taschentuch, mit dem er sich immer wieder über seine Augen wischt. Bis dahin hat der zweifache Kindsmörder mit geschlossenen Augen hinter seiner Anwältin gesessen, ohne sichtbare Teilnahme an der Verhandlung.Acht Jahre nach dem Verschwinden der achtjährigen Jenisa in Hannover hat das Landgericht Hannover B. wegen Mordes aus niederen Beweggründen zu lebenslanger Haft verurteilt. 2014 wurde B. bereits wegen des Mordes an dem fünfjährigen Dano aus Herford vom Landgericht Bielefeld zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.Trotzdem liegt das Strafmaß nach Angaben des Vorsitzenden Richters bei einem zweiten Mord in der Summe weiter bei einer lebenslangen Haft. &bdquo;Wenn das Urteil rechtskräftig ist, wird Ibrahim B. 15 Jahre für den Mord an Dano und anschließend weitere 15 Jahre für den Mord an Jenisa in Haft verbringen“, sagte Rosenbusch.Die Konsequenzen für den Angeklagten seien demnach dramatischer als eine Gesamtstrafe, weil erst nach 30 Jahren über eine Freilassung gesprochen werden könne, sagte Rosenbusch, auch an die Adresse der Angehörigen, die zur Urteilsverkündung zahlreich im Gerichtssaal erschienen waren. Zu Beginn des Prozesses hatte die Mutter von Jenisa einen Nervenzusammenbruch erlitten und der Vater den Angeklagten mit einer Flasche beworfen. Deshalb behielten mehrere Polizisten und Justizfachangestellte die Zuschauer während der Verhandlung im Blick.Rosenbusch erklärte weiter in seiner Urteilsbegründung: &bdquo;Eine Gesamtstrafe kann deshalb nicht verhängt werden, weil Ibrahim B. zwischen dem Mord an Jenisa im Jahr 2007 und dem Mord an Dano im Jahr 2014 eine weitere Straftat begangen hat und zu einer Haftstrafe von sechs Monaten verurteilt wurde.“ Ibrahim B. hatte 2009 zunächst seiner Lebensgefährtin ins Gesicht geschlagen und anschließend ihrer Schwester, die das 16 Tage alte Baby von Ibrahim B. auf dem Arm hielt. Durch die Schläge wurde dem Säugling der rechte Unterschenkel gebrochen.Für den Vorsitzenden Richter waren die drei Taten Belege dafür, dass Ibrahim B. Kinder verletzt und tötet, um andere unglücklich zu machen. Die achtjährige Jenisa habe er zudem Todesangst durchleben lassen. &bdquo;Er hat Jenisa von seiner Tötungsabsicht erzählt und behauptet, ihr Vater sei daran schuld“, sagte Rosenbusch.Die Vergewaltigung der Achtjährigen konnte Ibrahim B. hingegen nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden. &bdquo;Es gab keine Spuren im Auto, obwohl der Angeklagte Jenisa auf dem Rücksitz missbraucht haben soll“, so Rosenbusch. Deshalb gelte auch für Ibrahim B. der Grundsatz &bdquo;Im Zweifel für den Angeklagten“.Mit seinem Urteil entsprach das Schwurgericht der Forderung der Staatsanwaltschaft nach einer lebenslangen Haftstrafe. Die Nebenklage hatte zudem die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und Sicherungsverwahrung gefordert. Beides kam nach Angaben des Gerichts jedoch nicht in Betracht. Die Verteidigerin hatte mangels zwingender Tatbeweise einen Freispruch verlangt. Auf Nachfrage kündigte die Bielefelder Juristin Christina Peterhanwahr an, in jedem Fall Rechtsmittel einzulegen. &bdquo;Wenn das schriftliche Urteil zugestellt wird, kann entschieden werden, wie wir vorgehen“, sagte Peterhanwahr.Die Anwältin zweifelt insbesondere an der Glaubwürdigkeit zweier Mitgefangener ihres Mandanten, die gegen Ibrahim B. ausgesagt haben. Sie erschlichen sich unter einem Vorwand das Vertrauen des Angeklagten. Ibrahim B. soll ihnen daraufhin die Morde an Dano und Jenisa gestanden haben. Die Häftlinge informierten die Justiz, die mit Hilfe der Angaben das Skelett von Jenisa 2014 an einem Wald in der Region Hannover fand.Für Staatsanwalt Christoph Römer sowie für die beiden Vertreter der Nebenkläger, Benjamin Schmidt und Manfred Koch, ist der Fundort der Leiche Täterwissen. Rosenbusch bestätigte das: &bdquo;Den Fundort der Leiche kann nur der Täter wissen, deshalb gibt es keinen Zweifel daran, dass Ibrahim B. der Mörder von Jenisa ist.“

Meistgelesen