Enger droht Pleite bis 2030 - Steuererhöhung für 2026 geplant

Enger. Gerade im Juli hat der Stadtrat erst den Haushalt für 2024 verabschiedet, da bringt Kämmerer Jens Stellbrink bereits einen Entwurf für den Haushalt 2025 ein. Die Finanzlage der Stadt ist weiter düster. Spätestens 2030 wäre die Kommune beim aktuellen Kurs pleite. 2026 sollen die Grundsteuern wieder angehoben werden. &bdquo;Das Finanzkorsett ist weiterhin sehr schwierig“, sagt Bürgermeister Thomas Meyer einleitend. Der Haushalt werde so zeitnah eingebracht, weil es einerseits Planungssicherheit für diverse Maßnahmen bräuchte und die größten Investitionsmaßnahmen schon feststünden. Damit übergibt er das Wort an Kämmerer Jens Stellbrink, der schon wie beim vergangenen Haushalt zunächst ein sehr düsteres Bild von der Finanzlage der Stadt Enger - aber auch von Kommunen in NRW generell zeichnet. &bdquo;Spätestens 2030 sind wir ohne Eigenkapital“, sagt Stellbrink. Lesen Sie auch: Grundsteuerreform - hier ist die Steuer in OWL besonders günstig Bei der aktuellen Planung geht die Stadt Enger von einem Fehlbedarf von 5,1 Millionen Euro für 2025 aus. Um das auszugleichen, müssten die Einnahmen im Jahr &bdquo;4 bis 5 Millionen Euro höher liegen“, erklärt Stellbrink. Das entspricht in etwa den gesamten Grundsteuereinnahmen der Kommune. Der Grund dafür seien aber keine politischen Entscheidungen vor Ort. &bdquo;Unser Haushalt ist fremdbestimmt.“ Steuererhöhung in 2026 Einerseits kämen von Bund und Land immer mehr Aufgaben auf die Kommunen zu, wie zum Beispiel das kommende Recht auf einen Platz im offenen Ganztag. Dazu kämen steigende Transferaufwendungen wie die Kreisumlage. &bdquo;Insbesondere an den Kreis werden erhebliche Ausgaben fällig, die wir nicht beeinflussen“, sagt Stellbrink. Dazu kommen die Kosten durch die diversen Krisen der vergangenen Jahre, die auf die Kommunen zurückfallen. Vom Land käme in dieser Situation keine finanzielle Unterstützung, sondern lediglich die Möglichkeit, die Verluste in ein späteres Haushaltsjahr zu verschieben. Das sei aber nur &bdquo;die Verschiebung der Probleme auf die Zukunft, beziehungsweise auf die nächste Generation“, sagt Stellbrink. Den größten Handlungsspielraum hat die Stadt noch bei der Gewerbe- und vor allem bei der Grundsteuer. Der Stadtrat hatte Ende 2023 beschlossen, die Grundsteuer A von 240 auf 259 und die Grundsteuer B von 525 auf 780 anzuheben. Letzteres war der höchste Wert in OWL. Die Verwaltung plant, diese Werte für 2025 beizubehalten, 2026 steht aber wieder eine Erhöhung an. Dann soll die Grundsteuer A 315 Prozent betragen und die Grundsteuer B 910. Die Gewerbesteuer bleibt bei 465 Prozentpunkten. Gründe für die Erhöhung der Grundsteuer Warum die Erhöhung und warum erst 2026? In einem Wort: Grundsteuerreform. Durch sie würden unter der Grundsteuer B Wohngrundstücke mit einem höheren Messebetrag bewertet als Nichtwohngrundstücke. Um das auszugleichen, müsste der Hebesatz bei Wohngrundstücken rund 800 Prozentpunkte betragen und bei Nichtwohngrundstücken rund 1.300, rechnet Stellbrink vor. Das soll laut Land theoretisch auch möglich sein, doch laut Stellbrink gibt es noch ein &bdquo;erhebliches Rechtsrisiko“. Soll heißen: Die Stadt könnte damit eventuell einen Rechtsbruch begehen. Also wählt die Verwaltung den Mittelweg und will die Grundsteuer B generell auf 910 Prozent erhöhen. Lesen Sie auch: Grundsteuerwert anfechten - das müssen Sie dazu wissen Was dazu kommt: Ab 2025 erhöht sich auch der Messbetrag für die Grundsteuer. Darüber seien die Eigentümer auch schon mit einem Bescheid informiert worden. &bdquo;Da steht aber nicht drauf: Zahlen bitte!“, sagt Stellbrink. Daher seien sich viele noch gar nicht bewusst, was im kommenden Jahr durch die angehobenen Hebesätze und den dann auch angehobenen Messbetrag auf sie zukäme. &bdquo;Bei vielen ’normalen’ Wohngrundstücken erhöht sich die Messzahl um rund 100 Euro“, sagt Stellbrink. Das wären bei einem Hebesatz von 780 Prozentpunkten 780 Euro mehr im Jahr. Stellbrink schlägt deswegen vor, eine Erhöhung 2025 auszusetzen - was für die Stadt fehlende Einnahmen von rund 800.000 Euro bedeuten würde. Durch die verspätete Erhöhung in 2026 würde dann aber lediglich das Steueraufkommen von 2024 wieder erreicht - also gäbe es auch keine Mehreinnahmen für die Stadt. Kein Eigenkapital ab 2029 oder 2030 Wie sich die Lage der Stadt weiterentwickelt, ist maßgeblich davon abhängig, wie das Jahresergebnis für 2023 ausfallen wird. Wenn es nicht wie erwartet &bdquo;gut“ ausfällt, wäre das Eigenkapital der Widukindstadt bereits 2029 aufgebraucht, sagt Stellbrink. Wenn das Ergebnis aber wie erwartet ausfällt, hat die Widukindstadt bei der derzeitigen Entwicklung noch bis 2030. Ohne &bdquo;fremde Hilfe“ von Bund oder Land käme die Stadt Enger aus dieser Situation nicht heraus, sagt Stellbrink. &bdquo;Auch vor dieser düsteren Zukunftsprognose darf nicht vergessen werden, dass auch investiert wird, beziehungsweise werden muss“, sagt Stellbrink. So sind Investitionsauszahlungen in Höhe von 16 Millionen Euro für 2025 geplant. In den meisten Fällen hätte die Stadt aber keine Wahl. So führe zum Beispiel kein Weg an der Erweiterung des Widukind-Gymnasiums wegen der Umstellung auf G9 oder an der Sanierung der Sporthalle der Grundschule Belke-Steinbeck/Besenkamp vorbei, deren Hallenboden durch Starkregen beschädigt worden war. Auch die neuen Fahrzeuge der Feuerwehr hätten finanziert werden müssen. Nach Stellbrinks Vortrag ruft Bürgermeister Meyer die Ratsmitglieder trotz der prekären Lage zu einem weiteren gemeinsamen und verantwortlichen Handeln vor Ort auf. CDU und FDP danken dem Kämmerer und der Verwaltung für ihre Arbeit. &bdquo;Ich kann es nicht mehr hören“, sagt ein sichtlich wütender Philip Kleineberg, Stadtverbandsvorsitzender der CDU. &bdquo;Jeder normale Unternehmer säße wegen Insolvenzverschleppung im Knast“, sagt er mit Bezug auf das Land NRW. &bdquo;Selbst wenn wir sämtliches Personal entlassen würden, kämen wir auf keinen ausgegelichen Haushalt. Das kann doch nicht wahr sein!“ Was nun passiert Der Haushaltsentwurf wird nun in den einzenlenen Fraktionen besprochen. Voraussichtlich wird er dann in der nächsten Runde Ausschussitzungen im Oktober zum Beschluss gestellt.

Meistgelesen