Vegane Ernährung: Enger wirbt für mehr Toleranz auf dem Teller

Enger. Vegan- und Vegetarismus haben bei so manchem Familienfest schon für schlechte Stimmung gesorgt. Aber fühlen sich Veganerinnen und Veganer denn wirklich pauschal auf der moralisch richtigen Seite? Und ist es schon &bdquo;Doppelmoral“ vegane Fleischalternativen zu essen? Um diese und weitere Fragen drehte sich der Vortragsabend &bdquo;Toleranz im Spannungsfeld zwischen Bärchenwurst und Sojaschnitzel“ im Widukind-Museum. Ernährungsberaterin und Bloggerin Jana Brinkhoff und James Grogan, Geschäftsführer des Engeraner Unverpacktladens &bdquo;pur:produkt“, haben im Rahmen der &bdquo;Toleranzräume“ zur offenen Gesprächsrunde ins Dachgeschoss des Widukind-Museums eingeladen. In gemütlicher Atmosphäre mit Teelichtern und Knabbereien diskutieren die beiden mit circa 20 Gästen über mehr Toleranz in Sachen Ernährung und geben Tipps, das häufig spannungsgeladen Miteinander der verschiedenen Ernährungsphilosophie in der Praxis entspannt zu gestalten. Kerstin Bruns und Tanja Klusmann nehmen beide tierische Produkte zu sich. Ob sie sich vorstellen können, dass der Abend etwas an ihren Ernährungsweisen ändern könnte? &bdquo;Ich habe mich mit dem Thema bisher noch nicht wirklich beschäftigt,“ erklärt Kerstin Bruns. &bdquo;Ich breche heute Abend ein wenig aus meinem Alltag aus. Ich bin hier, um etwas Neues auszuprobieren. Mal sehen, was ich heute mitnehmen kann“, fügt sie hinzu. Auch Tanja Klusmann ist offen: &bdquo;Ich gehe sehr neutral an diesem Abend und versuche, mich komplett darauf einzulassen. Ich fand den Titel sehr spannend - das klang fast wie eine Bachelor-Arbeit.“ Pflanzenbasiert leben Die Intention des Abends: Informieren nicht Moralisieren. &bdquo;Ich trinke gerne Yogi Tee. Heute morgen stand auf meinem Teebeutel-Etikett `Das Leben besteht aus einem kooperativen Miteinander’. Vielleicht hilft uns das, heute miteinander ins Gespräch zu kommen“, sagt die 31-Jährige. Jana Brinkhoff ist gleichzeitig Podcasterin. Zusammen mit Kim Möcker führt sie den Ernährungspodcast &bdquo;Veganes Wohnzimmer“. Sie lebt seit über zehn Jahren &bdquo;pflanzenbasiert“: Ich selber sage lieber &bdquo;pflanzenbasiert, denn wenn ich den Begriff ,vegan’ in ein Gespräch mit einbringe, gehen bei meinem Gegenüber sehr häufig die Alarmglocken los“, schmunzelt sie. Direkt zu Anfang werden Fragen und Erwartungen an das Publikum geklärt: Kann ich meine Kinder vegan ernähren? Wie schädlich ist der Soja-Anbau? Auch die Frage, wie man mit Toleranz auf nicht-tolerante Kommentare reagieren kann, steht schnell im Raum. Ungemütliche Fakten für Fleischesser James Grogan isst selbst &bdquo;weitestgehend alles“: &bdquo;Ich habe über einen längeren Zeitraum versucht, komplett auf vegan umzusteigen. Das hat für mich jedoch nicht funktioniert.“ Für ihn ist wichtig, dass Ernährungsdebatten vor allem auf wissenschaftlichen Informationen geführt werden: &bdquo;Im Spannungsfeld zwischen ethischen Werten, wissenschaftlichen Erkenntnissen und Geschmack gerät man häufiger aneinander, als vielleicht vermutet wird. Was wir jedoch nicht wegdiskutieren können, ist die Faktenlage - auch wenn die für viele Fleischesser ziemlich ungemütlich ist“, sagt James Grogan. Mit Witz und Charme erzählen Brinkhoff und Grogan Anekdoten und Erlebnisse aus dem Alltag. &bdquo;Mir geht es nicht darum, jemanden unverzüglich zu veganisieren, sondern mehr pflanzliche Inspiration in den Alltag zu bringen“, sagt Jana Brinkhoff. Bevor die Diskussionsrunde eröffnet wird, gehen die zwei Referenten auf drei Klischees ein, die sich vegan lebende Menschen sehr häufig anhören müssen: Ein vermeintlicher Vitamin B12- Mangel, eine viel diskutierte Sinnhaftigkeit von Ersatzprodukten sowie ein Vorurteil, dass der Sojaanbau für den Lebensmittelmarkt äußerst umweltschädigend sei. Jana Brinkhoff empfiehlt in den Austausch zu gehen: &bdquo;Wenn Menschen über Dinge nicht wirklich Bescheid wissen, fallen sie häufig in einen Rechtfertigungsdruck. Darum sollte es aber nicht gehen. Mit Rückfragen kann man schauen, wie man im Gespräch auf Augenhöhe kommt.“ Sie fügt aber auch hinzu: &bdquo;Wenn ich merke, dass mein Gegenüber gar nicht daran interessiert ist, etwas über meine Gründe oder Lebensweise zu erfahren, muss ich nicht alles tun, um diese Person zu überzeugen.“ Je respektvoller der Umgang, desto konstruktiver sei das Gespräch. &bdquo;Unsicherheiten mit Freundlichkeit begegnen“ Kerstin Bruns und Tanja Klusmann sind begeistert: &bdquo;Mir hat die Veranstaltung sehr gut gefallen. Die Ernährung, die wir uns hier leisten, passiert auf dem Rücken vieler, vieler anderer. Da muss etwas passieren,“ sagt Kerstin Bruns. Tanja Klusmann nimmt Input für den Alltag mit: &bdquo;Insbesondere den Tipp, mehr Gegenfragen zu stellen und so Unsicherheiten mit Freundlichkeit zu begegnen, ist etwas, was man vielmehr im Alltag anwenden sollte - egal ob vegan oder mischköstlich.“

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