Ohne Zuwanderung geht es nicht: Johanneswerk in Bünde will „Integrationsprofi“ werden

Bünde. Allein wegen der Rente müssen im Evangelischen Johanneswerk bis 2035 fast ein Drittel der Pflegekräfte ersetzt werden. Eigentlich gehören die derzeitigen Pflegebedürftigen noch eher geburtenarmen Jahrgängen an – die sogenannte Boomergeneration (Jahrgänge zwischen 1956 und 1965) geht erst noch in Rente. Für die Pflegebranche ist die Besetzung der Stellen also mathematisch gesehen ein Ding der Unmöglichkeit. Im Sinne eines &bdquo;wir haben keine Chance, also nutzen wir sie“ intensiviert das Johanneswerk den bereits eingeschlagenen Weg der Anwerbung von internationalen Fachkräften. Bereits heutzutage sei der Pflegebetrieb laut stellvertretendem Vorsitzenden Bodo de Vries nur mit Zugewanderten möglich. Um das Potenzial voll auszuschöpfen, soll eine eigene Werksabteilung &bdquo;Integrationsmanagement“ geschaffen werden. &bdquo;Der Werdegang unserer georgischen Auszubildenden Ketevan Saani stimmt uns bereits jetzt sehr zuversichtlich“, sagt de Vries. Und nicht nur das: &bdquo;Wir wollen Integrationsprofi werden“, betont er. Vor vier Jahren hat die 33-Jährige aus privaten Gründen ihr Heimatland Georgien gen Deutschland verlassen. &bdquo;Die ersten Jahre in Bünde waren nicht einfach“, sagt die zweifache Mutter. Die Familie habe in einer größeren Sammelunterkunft gelebt. Über georgische Kontakte sei schließlich der Kontakt zum Jacobihaus zustande gekommen. Ein Überblick: Pflegenotstand in OWL: Diese Orte trifft es am härtesten Warum es in Georgien keine Pflegeheime gibt Dort gab die Hausleitung um Alexander Reger ihr die Möglichkeit, mit einer Hospitanz das Haus und Berufsfeld kennenzulernen. Schnell sei ihr klar geworden, dass sie Altenpflegerin werden möchte: &bdquo;In Georgien war mein Vater Chirurg, als Kind habe ich deshalb viel Zeit im medizinischen Bereich verbracht.“ Neu sei dennoch vieles gewesen: &bdquo;Das Konzept einer Pflegeeinrichtung kenne ich aus Georgien nicht. In meiner Heimat ist das eine Aufgabe der Familie.“ Vor allem der persönliche Kontakt mit den unterschiedlichen Heimbewohnern gefalle ihr sehr. Seitdem sei es für beide Seiten eine Erfolgsgeschichte. &bdquo;Das Jacobihaus hat sich sehr bemüht, die Pflegeausbildung vereinbar mit meiner Familie zu gestalten. Mittlerweile wohnen meine Kinder und ich in einer schönen Wohnung im Umkreis des Pflegeheims“, erzählt Saani. Für den Hausleiter Alexander Reger ist es nur der Anfang des Integrationsmanagements: &bdquo;Wir wollen und müssen viel mehr sein als nur ein Arbeitgeber.“ Nachwuchsförderung und der Austausch mit breiten Teilen der Gesellschaft sei schon lange fester Bestandteil der Unternehmensphilosophie. &bdquo;Wir denken die Heranwachsenden von klein auf mit: Sowohl mit benachbarten Kindergärten als auch mit Schulen wie der Realschule Bünde-Nord bestehen Kooperationen“, sagt Reger. Lesen Sie auch: Kampf gegen Pflegenotstand: Aus dem Iran ins Bad Driburger Pflegeheim Bünder Betrieb will Fachkräfte beim Deutschlernen unterstützen Gerade Fachkräfte von außerhalb der EU würden eine umfassende Betreuung bei der Anerkennung von Qualifikationen und dem Zurechtfinden in Bünde benötigen. &bdquo;Wir als Pflegeeinrichtung werden diese zusätzlichen Aufgaben deshalb als wichtige Säule unseres Hauskonzepts etablieren.“ Dazu gehöre auch, noch stärker Zukunftsperspektiven aufzuzeigen – von stetiger Qualifizierung bis hin zur Kinderbetreuung. &bdquo;Es erleichtert mir vieles, dass meine Kinder nach der Schule bei Bedarf hier ins Haus kommen können“, sagt Saani. Häufig unterstütze ihre Tochter sie dann beim Deutschlernen.“ Es gibt keine bessere Lehrerin für Präsentationen“, betont sie lachend. Aber auch für diesen Erwerb von Sprachkenntnissen und Fähigkeiten soll laut Reger die betriebliche Unterstützung im Haus und in der Berufsschule weiter professionalisiert werden. Zum Thema: Warum jüngere Menschen in Bünde jetzt schon über ihre Pflege nachdenken sollten Im Bünder Jacobihaus arbeiten Menschen aus 26 Nationen Die durch Migration ansteigende Sprachvielfalt ermögliche zudem eine breitere Verständigung: &bdquo;Wir Georgier können zum Beispiel auch Russisch – in der Verständigung mit manchen Pflegebedürftigen, Besuchern oder auch Paketzustellern war das schon oft hilfreich“, erklärt Saani. Laut de Vries arbeiten im gesamten Johanneswerk Menschen mit 96 verschiedenen Pässen, im Jacobihaus sind es im Jahr 2024 ganze 26 Nationen gewesen. Die Bemühungen zeigen Wirkung. Es sei aber noch viel zu tun, um zumindest den Status quo zu halten. Dabei möchte das Johanneswerk aber immer seriös agieren: &bdquo;Viele Kontakte zu Interessenten im Ausland stellen wir und unsere Partner vor Ort selbst her – von Vermittlern wie Agenturen nimmt das Johanneswerk Abstand“, sagt der stellvertretende Vorsitzende. Bei der Kooperation mit dem türkischen Verein &bdquo;ASAVDER“ werde sich beispielsweise bereits im Heimatland um Sprachkurse und eine persönliche Verbindung mittels Videotelefonaten bemüht. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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