Abschiebung: Sexualstraftäter aus Bünde muss zurück nach Afghanistan

Bünde/Bielefeld. Der Fall hatte bereits im Februar dieses Jahres für reichlich Unruhe bei den Behörden im Kreis Herford gesorgt: Ein als rückfallgefährdet eingestufter afghanischer Sexualstraftäter war nach Verbüßen seiner Haftstrafe aus dem Gefängnis entlassen worden. Vor seiner Haftzeit - die Untersuchungshaft startete im Juli 2021 - hatte der Afghane in Bünde gelebt und war auch wieder in die Elsestadt entlassen worden. Bereits im Vorfeld der Entlassung hatte der Kreis Herford die Möglichkeit einer direkten Abschiebung aus der Haft heraus prüfen lassen. &bdquo;Es durfte aber keine Abschiebung aus der Haft durchgeführt werden, weil das Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einen Abschiebestopp in diesem Fall verhängt hat“, so Landrat Jürgen Müller, gleichzeitig Chef der Kreispolizeibehörde, im Februar auf NW-Anfrage. Müller kündigte an, den - vor allem nach Konsum von Drogen und Alkohol - als rückfallgefährdet eingestuften jungen Mann, soweit wie möglich &bdquo;engmaschig überwachen“ zu lassen. Der heute 25-jährige Afghane aus Bünde war von Juli 2021 bis Februar 2025 in Haft. Er hatte im Sommer 2021 einen Bekannten in Bielefeld besucht und war nachts - über eine Dachterrasse - mit einem Messer in das Schlafzimmer der Nachbarwohnung eingedrungen. Dort hatte er einer 49-jährigen Frau, die neben ihrem Partner schlief, die Hand auf den Mund gedrückt und das Messer an den Hals gehalten. Der junge Mann forderte Sex und fasste der Frau unter das Nachthemd. Afghane aus Bünde wurde als rückfallgefährdet eingestuft Als die Frau sich wehrte, ihr Partner aufwachte und es zu einer Rangelei kam, hatte der damals 21-Jährige die Dachgeschosswohnung fluchtartig verlassen, konnte aber in der Nachbarwohnung am frühen Morgen des Folgetages festgenommen werden. Für die Tatzeit war eine Alkoholisierung von zwei Promille errechnet worden, außerdem hatte er weitere Drogen konsumiert. Die Haftstrafe von 3 Jahren und 8 Monaten, die das Bielefelder Landgericht Anfang 2022 gegen den Afghanen verhängte, saß dieser ab. Da ihm aber auch nach der Haft attestiert wurde, dass er vor allem unter dem Einfluss von Drogen und Alkohol rückfallgefährdet sei, hatte der Kreis Herford eine direkte Abschiebung aus der Haft erreichen wollen. Das war aber aufgrund des verhängten Abschiebestopps durch das BAMF zunächst nicht möglich. Nach wiederholter Prüfung des Falles hob das BAMF den verhängten Abschiebestopp im April auf. Dagegen klagte der junge Afghane. Er wird im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht in Minden von Rechtsanwalt Kevin Kehde aus Bielefeld vertreten. Das Gericht allerdings entschied bereits am 28. Juni nach vorläufiger Einschätzung auf Ausreisepflicht und setzte den Termin für die Hauptverhandlung für Ende August fest. Lesen Sie auch: Sexualtäter aus Bünde: Was der Abschiebung des 24-Jährigen nach der Haft im Wege steht Abschiebe-Entscheidung mit besonderer Robustheit begründet &bdquo;In der Begründung des Gerichtes wurde zwar konstatiert, dass die Umstände in Afghanistan immer noch schlecht seien - gerade für junge alleinstehende Männer ohne familiäre Unterstützung, wie bei meinem Mandanten“, so Anwalt Kevin Kehde auf NW-Nachfrage. Allerdings sei ihm aufgrund der Tat, die sein Mandant 2021 in Bielefeld begangen und die er im Gefängnis abgesessen habe, eine besondere Robustheit attestiert worden, sodass er sich auch unter den schwierigen Bedingungen in seinem Herkunftsland schon durchschlagen werde. Eine ähnliche Urteilsbegründung habe es bereits in einigen Rechtssprechungen in vergleichbaren Fällen in Deutschland gegeben, so Kevin Kehde. &bdquo;Grundsätzlich ist es ja üblich, dass Menschen, die in Deutschland eine Straftat begangen haben, der Aufenthaltstitel entzogen wird. Nur in Afghanistan war das immer eine besondere Situation“, so der Anwalt weiter. Deshalb habe das BAMF auch zunächst das Abschiebeverbot verhängt, weil davon ausgegangen wurde, dass dem alleinstehenden jungen Mann ohne familiäre Unterstützung in seinem Herkunftsland die Verelendung droht. Der Bielefelder Anwalt hält es im aktuellen Fall für fragwürdig, dass &bdquo;zwei unterschiedliche rechtliche Fragestellungen vermischt“ worden seien. &bdquo;Das eine ist die begangene Straftat, die vor dem Bielefelder Landgericht verhandelt wurde. Hier wurde eine Haftstrafe verhängt und abgesessen. Das andere ist eine Frage der Abschiebung, verhandelt vor dem zuständigen Verwaltungsgericht.“ Dass das eine für die Begründung des anderen herangezogen worden sei, sei aus seiner Sicht schwierig. Hintergrund: Rückfallgefährdeter Sexualtäter entlassen und unter Beobachtung Afghane könnte sich bei Kontaktpersonen in OWL melden Da der Termin der Hauptverhandlung im August keine aufschiebende Wirkung hat, war es möglich, den 25-Jährigen sofort abzuschieben. Er war zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr in Bünde, sondern hatte wegen Fluchtgefahr bereits in der Abschiebehaftanstalt in Büren gesessen, so Rechtsanwalt Kevin Kehde, der zuletzt am vergangenen Donnerstag von seinem Mandanten gehört hat: &bdquo;Er hat mich aus Büren angerufen und gesagt, er würde am nächsten Tag nach Afghanistan geflogen. Und er hatte große Angst.“ Der Landrat des Kreises Herford, Jürgen Müller, äußerte sich auf Anfrage der NW auch zu der aktuellen Abschiebung. &bdquo;Es ist schon schwer, jetzt einer der Veranlasser zu sein, dass dieser junge Mann nun in Afghanistan in eine ungewisse Zukunft zurückgeschickt wird. Andererseits haben Menschen, die bei uns Straftaten in solch einem Umfang begehen, ihr Bleiberecht in Deutschland aus meiner Sicht verwirkt.“ Es sei möglich, dass sich sein Mandant aus Afghanistan melde und beantrage, den für August angesetzten Prozess vor dem Verwaltungsgericht Minden in seiner Abwesenheit durchzuführen, sagt Rechtsanwalt Kehde mit Blick auf die nahe Zukunft. &bdquo;Er hat hier in OWL auch noch andere Kontaktpersonen, bei denen er sich melden könnte. Eine erlaubte Einreise ist für ihn aber nun nicht mehr möglich.“ 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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