Sexualtäter aus Bünde: Was der Abschiebung des 24-Jährigen nach der Haft im Wege steht

Bünde/Herford/Bielefeld. Der Fall hatte am vergangenen Wochenende für reichlich Unruhe bei den Behörden im Kreis Herford gesorgt: Ein als rückfallgefährdet eingestufter afghanischer Sexualstraftäter war nach Verbüßen seiner Haftstrafe aus dem Gefängnis entlassen worden. Vor seiner Haftzeit - die Untersuchungshaft startete im Juli 2021 - hatte der Afghane in Bünde gelebt und ist auch nun wieder in die Elsestadt entlassen worden. Die Tat, für die er verurteilt worden war, hatte sich im Sommer 2021 abgespielt. Der damals 21-Jährige hatte einen Bekannten in Bielefeld besucht und war nachts - über eine Dachterrasse - mit einem Messer in das Schlafzimmer der Nachbarwohnung eingedrungen. Dort hatte er einer 49-jährigen Frau, die neben ihrem Partner schlief, die Hand auf den Mund gedrückt und das Messer an den Hals gehalten. Der junge Mann forderte Sex und fasste der Frau unter das Nachthemd. Die Frau wehrte sich, woraufhin ihr Partner aufwachte. Es kam zu einer Rangelei. Aufgrund der Gegenwehr hatte der 21-Jährige die Dachgeschosswohnung fluchtartig verlassen. In der Nachbarwohnung konnte er am frühen Morgen des Folgetages festgenommen werden. Für die Tatzeit war eine Alkoholisierung von zwei Promille errechnet worden, außerdem hatte der 21-Jährige weitere Drogen konsumiert. Hintergrund: Rückfallgefährdeter Sexualtäter entlassen und unter Beobachtung Abschieben derzeit nicht möglich, deshalb &bdquo;engmaschige Begleitung“ Die Haftstrafe in Höhe von 3 Jahren und 8 Monaten - gezählt seit Beginn der U-Haft-, die das Bielefelder Landgericht Anfang 2022 gegen den Afghanen verhängte, saß dieser nahezu vollständig ab. Bereits im Vorfeld der Entlassung hatte der Kreis Herford die Möglichkeit einer direkten Abschiebung aus der Haft heraus prüfen lassen. &bdquo;Es durfte aber keine Abschiebung aus der Haft durchgeführt werden, weil das Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einen Abschiebestopp in diesem Fall verhängt hat“, so Landrat Jürgen Müller, der gleichzeitig Chef der Kreispolizeibehörde ist, auf NW-Anfrage. Mehr dazu: Mann dringt mit Messer in Schlafzimmer ein - Blutspuren führen nach Bünde Gespräche Müllers mit dem Bundestagsabgeordneten Stefan Schwartze, mit NRW-Innenminister Herbert Reul und auch mit Josephine Paul, NRW-Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration sowie die Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt, der Staatsanwaltschaft Bielefeld sowie den Polizeibehörden aus Bielefeld und Herford führten zu dem Entschluss, den jungen Mann, der vor allem nach dem Konsum von Alkohol und Drogen als rückfallgefährdet eingestuft wird, &bdquo;engmaschig zu begleiten“. Dazu habe man nun drei Monate lang die Genehmigung, so Jürgen Müller. &bdquo;Leisten können wir das allerdings nur mit der Unterstützung durch umliegende Polizeibehörden.“ Zum konkreten Fall und zu Details des Asylverfahrens könne man sich zwar aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht äußern, antwortete ein Sprecher des BAMF auf eine Nachfrage der NW. Allerdings könne er einige grundsätzliche Informationen geben: &bdquo;Grundsätzlich wird ein Abschiebeverbot (...) erteilt, wenn die Rückführung in den Zielstaat eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) darstellt oder dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht“, heißt es in der Antwort aus dem Bundesamt. Urteilsbegründung aus dem Saarland geht in andere Richtung So habe am 24. November 2020 das Oberverwaltungsgericht Bremen ein Urteil damit begründet, dass selbst alleinstehenden, arbeitsfähigen jungen Männern bei einer Rückkehr nach Afghanistan die vollständige Verelendung drohe und demzufolge ein Abschiebeverbot zu erteilen sei. Mittlerweile gebe es allerdings auch andere Entwicklungen: Das Verwaltungsgericht des Saarlandes habe zum Beispiel in einer Urteilsbegründung ausgeführt, dass insbesondere durch das Begehen von Straftaten in Deutschland die notwendige Robustheit belegt sei, um sich nach einer Rückkehr auf dem schwierigen Arbeitsmarkt in Afghanistan behaupten zu können. Mit dieser Begründung sei der Widerruf eines Abschiebeverbots für einen in Deutschland verurteilten Straftäter bestätigt worden. Zu den Äußerungen, das BAMF habe sich &bdquo;gegen eine Abschiebung entschieden“ bzw. eine mögliche Abschiebung aus der Haft heraus sei am bislang noch nicht abgeschlossenen Widerrufsverfahren gescheitert, äußerte sich der Sprecher des Bundesamtes wie folgt: &bdquo;Für den Widerruf eines Schutztitels bestehen hohe rechtsstaatliche Hürden, die auch das Bundesamt nicht einfach außer Acht lassen kann, insbesondere beim möglichen Widerruf eines Abschiebeverbots. BAMF-Sprecher: Fristen müssen eingehalten werden Dazu zählten auch Fristen, die den Betroffenen eingeräumt werden müssten, um Gründe zu benennen, die gegen einen möglichen Widerruf sprechen könnten. Im Falle eines Widerrufsbescheids können die Betroffenen zudem gegen diesen Bescheid klagen. Erst nach Ablauf der Klagefrist oder – im Falle einer Klage – nach Abweisung dieser durch ein Verwaltungsgericht sei ein Widerrufsbescheid unanfechtbar. Erst dann könne eine Ausländerbehörde die Betroffenen abschieben, sofern auch gültige Pässe oder ein zuvor beantragter Passersatz vorliege. Landrat Jürgen Müller wartet indes noch auf eine Stellungnahme des BAMF. Bis allerdings wirklich Möglichkeiten bestehen, den heute 24-jährigen Afghanen abzuschieben, wird es wohl noch ein bisschen dauern. Und so lange werde er sich für die &bdquo;engmaschige Begleitung durch die Polizei“ stark machen, so Müller.

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