Bünder Tradition: „Cigarrenfabrik August Schuster“ im Wandel

Bünde. Mehr Tradition geht fast gar nicht: In der Zigarrenstadt Bünde stellt ein Familienunternehmen – seit bald 120 Jahren und mittlerweile in vierter Generation – Zigarren her. Die Rede ist von der &bdquo;Cigarrenfabrik August Schuster“, neben &bdquo;Villiger“ in Dünne und Arnold André das letzte verbliebene Zigarrenunternehmen in Bünde. Zum Vergleich: Im Jahr 1949 gab es in Bünde 248. Wie das Unternehmen seine Kindheit geprägt hat und wie herausfordernd der Übergang von einer Generation zur nächsten von Zeit zu Zeit sein kann, erzählt der heutige Geschäftsführer Martin Schuster, der im vergangenen Jahr die Geschäftsführung übernommen hat. Schuster sitzt dabei in der Lounge des Unternehmens, ein Raum in der Villa neben der Fabrik, die vor rund anderthalb Jahren dazugekauft werden konnte. Auf einem schweren dunklen Holztisch steht ein Aschenbecher. Darin ein Cutter und ein Feuerzeug. &bdquo;Ja, hier darf geraucht werden“, sagt Martin Schuster. &bdquo;Aber nur Zigarre – Zigarettenraucher gehen nach draußen.“ Auch ein Kamin, ein altes dunkelbraunes Ledersofa, ein kleiner Humidor sowie ein Sideboard, in dem verschiedene Zigarrenkästchen aufgereiht sind, stehen in der Lounge. Mitarbeiter können sich hier bedienen, wenn sie mögen. Es geht familiär zu im Familienunternehmen Schuster. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford Zunächst mit eigener Firma selbstständig gemacht Dass die Übergänge in einem Familienunternehmen nicht immer einfach sind und allen Beteiligten eine Menge abverlangen – dafür ist die Cigarrenfabrik Schuster ein gutes Beispiel. &bdquo;Ich bin hier sozusagen groß geworden, der Geruch von Tabak, der hier bei uns in der Produktion allgegenwärtig ist, riecht für mich nach Zuhause“, sagt Schuster, der nach dem Abitur am Gymnasium am Markt eine Ausbildung bei der Sparkasse und ein BWL-Studium anschloss. &bdquo;Danach kam ich mit ganz vielen Ideen und mit einer Meinung zu allen Themen in die Fabrik zurück“, sagt der heute 42-Jährige. Das habe allerdings nicht so einfach funktioniert. Vater Philipp Schuster, Onkel Manfred Schuster (beide 3. Generation), Schwester Annemarie und Cousin Oliver – das sei einfach &bdquo;ganz schön viel Familie“ gewesen. Und die ältere Generation habe zu Recht auf dem Standpunkt gestanden, ja &bdquo;auch nicht alles falsch gemacht“ zu haben. &bdquo;Ich habe dann die Entscheidung getroffen, mich selbstständig zu machen, und habe die Bentley Tobacco GmbH in Bünde-Dünne an der Gerhart-Hauptmann-Straße gegründet“, so Martin Schuster. Unterm Strich seien das &bdquo;zwölf erfolgreiche Jahre“ gewesen, in denen er viel gelernt habe. &bdquo;Unter anderem hat sich dort ein Team aus fünf Leuten zusammengefunden, das so gut funktionierte, dass ich im Jahr 2020 sogar als CDU-Bürgermeisterkandidat für Bünde kandidieren konnte.“ Doch die Frage, wie es mit dem Familienunternehmen, der Cigarrenfabrik, weitergehen sollte, hatte sich natürlich nicht erledigt. Lesen Sie auch: Mehr als 110 Jahre Tradition: Vierte Generation übernimmt Bünder Zigarrenfabrik Eine Person sollte das letzte Wort haben Und der zweite Anlauf klappte: &bdquo;Im Jahr 2023 haben wir uns innerhalb der Familie zusammengesetzt – ich hatte mich zuvor auch in Coachings damit beschäftigt“, so Schuster. Für ihn sei klar gewesen: &bdquo;Ich mache das mit einer Maßgabe: Es kann nur einen Geschäftsführer geben.“ Das auf mehrere Familienmitglieder zu verteilen, sei oft ein &bdquo;klassischer Fehler“ in Familienunternehmen, denn gerade in der heutigen Zeit seien oft schnelle Entscheidungen vonnöten – da sei es einfach wichtig, dass eine Person das letzte Wort habe. Heute hat jeder und jede seinen oder ihren Platz gefunden im Familienunternehmen. Martin Schuster ist Geschäftsführer, sein Cousin Oliver und seine Schwester Annemarie sind Prokuristen. Und Vater Philipp bringt in den Bereichen seine jahrzehntelange Erfahrung ein, wo er einfach unschlagbar ist: beim Geschmack, beim Tabakeinkauf und bei der Entwicklung von Rezepturen – ein Bereich, der für die Produkte der Cigarrenfabrik August Schuster besonders wichtig ist. Schließlich stellt Schuster Zigarren und Zigarillos aus reinem Tabak her, ohne Aroma- oder sonstige Zusatzstoffe. 36 Mitarbeiter hat das junge Führungsteam aktuell, und es standen und stehen einige Herausforderungen an. &bdquo;Ein Riesenschritt kam gleich zu Beginn: Wir mussten im vergangenen Jahr komplett neue Systeme einführen, weil eine EU-Richtlinie in Kraft trat, dass alles nachverfolgbar sein musste. Das wäre mit unseren alten Systemen nicht abzubilden gewesen“, so Martin Schuster. Eine sechsstellige Investition sei damit verbunden gewesen. Und ein echter Kraftakt für alle Mitarbeiter. Neue Märkte in den USA, Asien und Osteuropa Dennoch sei es gelungen, den Umsatz im Jahr 2024 um stolze 50 Prozent zu steigern. &bdquo;Wir konnten kurzfristig neue Exportmärkte für unsere eigenen Produkte erschließen und wir können jetzt schneller liefern“, erklärt Schuster. Gerade bei einem Luxusprodukt wie der Zigarre sei das ein Riesenvorteil: &bdquo;Wenn schneller geliefert wird, wird mehr konsumiert“ – so einfach sei das, sagt Schuster. Die neuen Märkte seien vor allem die USA, Japan, Asien generell und Osteuropa. &bdquo;Gerade bei Letzterem gibt einen Nachholbedarf bei Luxusgütern.“ Die nächste Herausforderung steht übrigens schon an und heißt: Aufräumen in großem Stil. Damit ist in erster Linie Produktionsleiter Marius Hölscher betraut. &bdquo;Wir haben zum Beispiel sieben Maschinen, zum Teil in der zweiten und dritten Etage, die demnächst ausgemustert werden – dafür kommen zwei neue“, so Hölscher. Das müsse alles gut koordiniert werden. Grundsätzlich herrsche am Standort Blumenstraße in Bünde Platzmangel. Da müsse nun überall Grund hineingebracht werden. Und wenn das vollbracht ist, gibt es schon eine neue Idee: &bdquo;Wir wollen spätestens im nächsten Jahr Führungen durch die Produktion für Gruppen anbieten“, so Martin Schuster. So solle die Bünder Zigarrenkultur einem breiteren Publikum nahegebracht werden. Der Abschluss der Führungen soll dann im Garten mit Grillen und Getränken stattfinden – und natürlich mit einer guten Schuster-Zigarre.

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