84-jährige Expertin restauriert historische Bünder Riesenzigarre

Bünde. Marianne Brennemann und Maren Bohnenkemper sind sich ihrer Verantwortung bewusst. Eine falsche Bewegung und eines der Bünder Wahrzeichen zerbricht in Stücke. Daher gehen die beiden Frauen an diesem Morgen ganz behutsam vor. Langsam und vorsichtig umrollen sie die Riesenzigarre im Bünder Museum mit frischen Tabakblättern. Seit 89 Jahren existiert die Zigarre bereits und sie ist keine Attrappe aus Pappe. Im Jahr 1936 ist sie von der Zigarillo-Fabrik &bdquo;Kessing & Thiele“ angefertigt worden. Sie besteht originalgetreu aus einem Umblatt mit Einlage, dem sogenannten Wickel, sowie der äußeren Umhüllung, dem sogenannten Deckblatt. Kurz nach der Fertigung war die Zigarre 1,70 Meter lang und hatte einen Bauchumfang von 80 Zentimetern. Im Lauf der Jahrzehnte ist sie aufgrund von Trocknung auf etwa 1,60 Meter Länge geschrumpft. Durch das Umrollen mit dem frischen Deckblatt gewinnt die Zigarre nun wieder an Umfang hinzu. Auch vorher schon war sie &bdquo;die größte rauchbare Zigarre in Deutschland und eine der größten in der Welt“, erzählt Maren Bohnenkemper. Sie ist Mitarbeiterin im Bünder Museum und hat sich in das Handwerk des Zigarrenrollens eingearbeitet. Unruhige Nächte wegen Bünder Riesenzigarre &bdquo;Ich habe einige unruhige Nächte hinter mir, da die Zigarre sehr empfindlich ist und leicht kaputtgehen kann. Daher bin ich froh, dass ich so fachkundige Unterstützung habe“, sagt Bohnenkemper. Und Marianne Brennemann ist in der Tat eine echte Fachfrau. Die 84-Jährige hat das Handwerk des Zigarrenrollens von der Pike auf gelernt. &bdquo;Ich habe in der ehemaligen Lübbecker Zigarrenfabrik August Blase gearbeitet. Früher war ja alles Handarbeit“, sagt Brennemann, bevor sie das nächste der angefeuchteten Tabakblätter vorsichtig verarbeitet, während Bohnenkemper die Zigarre etwas anhebt. Zum Thema: Bünde bangt um Zigarrentradition: EU-Steuerentwurf sorgt für Unruhe Kennengelernt haben sich die beiden Frauen Anfang Juli bei der Jubiläumsfeier zu 800 Jahre Holsen. &bdquo;Ich habe dort für das Museum das Zigarrenrollen vorgeführt und bin dabei mit Frau Brennemann ins Gespräch gekommen. Sie hat ein wenig mitgemacht und dann habe ich sie gefragt, ob sie mir bei der Riesenzigarre hilft“, berichtet Maren Bohnenkemper. Cigarrenfabrik August Schuster stellt Tabakblätter zur Verfügung Die Erneuerung des Deckblatts ist aus optischen Gründen nötig geworden, da das alte zu sehr ausgeblichen war. Die letzte Überarbeitung der Zigarre war irgendwann in den 1980er-Jahren. An diesem Morgen ebenfalls im Museum mit dabei ist Annemarie Schuster. Sie ist Prokuristin der gleichnamigen &bdquo;Cigarrenfabrik August Schuster“. Das Bünder Traditionsunternehmen hat dem Museum die Tabakblätter für die Erneuerung der Riesenzigarre gesponsert. Zum Thema: Von Café bis Wohnraum: So könnte der Tabakspeicher in Bünde künftig genutzt werden &bdquo;Das darf ja nicht zu kleinteilig sein. Deswegen haben wir Tabak mit möglichst großen und gleichzeitig möglichst dünnen Blättern herausgesucht“, sagt Annemarie Schuster und blickt Marianne Brennemann und Maren Bohnenkemper dabei interessiert über die Schulter. Denn heutzutage würde im kommerziellen Bereich zumindest in Deutschland ja nicht mehr von Hand gerollt, sagt Schuster. Damit die Tabakblätter wirklich halten, verwenden die beiden Frauen speziellen Klebstoff. Das Design der Verpackung verrät bereits, dass dieser aus einer anderen Epoche stammt. &bdquo;Wir haben den auf dem Dachboden im Tabakspeicher gefunden. So können wir bei der Überarbeitung des alten Stücks authentisch bleiben“, erzählt Bohnenkemper. Riesenzigarre bekommt neuen Platz im Bünder Museum Inklusive der Vorbereitungsarbeiten wie dem Anfeuchten der Tabakblätter dauert die Restaurierung der Riesenzigarre rund eineinhalb Arbeitstage. Wenn das Exponat dann wieder in kräftigem Braun erstrahlt, bekommt es einen neuen Platz im Museum. &bdquo;Sie kommt vorne in den Kassenbereich. Dafür haben wir eine neue Vitrine angeschafft. Diese ist auch von außen durch die Scheibe zu erkennen und soll so Besucher ins Museum locken“, sagt Bohnenkemper. Da die überarbeitete Zigarre wegen der Schimmelgefahr erst noch vernünftig trocknen müsse, bevor sie ihre neue Heimat bezieht, kann die Museumsmitarbeiterin noch nicht genau sagen, wann Spaziergänger die Zigarre wenigstens von außen bewundern können. Gegen Ende der kommenden Woche rund um den 15. August könne es aber soweit sein, schätzt Bohnenkemper. Im Gegensatz zu der alten Vitrine hat die neue einen UV-Schutz. Damit die Zigarre nicht wieder so schnell ausbleicht. Maren Bohnenkemper würde es freuen. Denn auf weitere schlaflose Nächte aus Angst davor, eines der Bünder Aushängeschilder kaputtzumachen, kann sie gerne verzichten.

Meistgelesen