Ein Monat ohne Alkohol: Bünder Arzt klärt über die Auswirkungen auf

Bünde. Zum Jahresanfang einen Monat lang komplett auf Alkohol verzichten – dazu ruft der &bdquo;Dry January“ (deutsch: trockener Januar) auf. Eine Gesundheitskampagne, die ursprünglich in England gestartet ist und mittlerweile auch in Deutschland verbreitet ist. Und wie sieht es in der Elsestadt aus? Trinken Bünderinnen und Bünder im Januar weniger Alkohol? Die Anfragen der NW-Redaktion haben ergeben: Der Großteil der Gastronomen in der Innenstadt merkt im Januar keine sinkende Nachfrage nach alkoholischen Getränken. Lediglich Nuray Hartmann, Betreiberin des Restaurants &bdquo;Zum Adler“, berichtet, dass ihre Gäste im Januar weniger alkoholische Getränke bestellen. &bdquo;Es sind ungefähr 20 Prozent weniger im Abendgeschäft“, sagt Hartmann. Bereits geringe Mengen Alkohol sind schädlich Im Einzelhandel ist der Trend offenbar spürbar. So hat Tim Allison, Inhaber des Edeka-Marktes in Ennigloh und des &bdquo;Nah und Gut“ in Holsen, diesen Monat ungefähr 13 Prozent weniger Bier verkauft als im Vorjahr. Das könne allerdings auch damit zusammenhängen, dass Kunden durch die Feiertage im Dezember noch Vorräte zu Hause haben, merkt Allison an. Generell stelle er fest, &bdquo;dass alkoholfreie Getränke das ganze Jahr über stärker nachgefragt werden“. Letzteres berichten auch die Gastronomen in der Innenstadt. Die Menschen im Bünder Land konsumieren also offenbar generell weniger Alkohol als noch vor einigen Jahren. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford Trotzdem spielt Alkohol in unserer Gesellschaft immer noch eine große Rolle. Ob zum Anstoßen, Feiern oder für die Gemütlichkeit abends auf dem Sofa – es wird oftmals zum Alkohol gegriffen. Das ist nicht ungefährlich, weiß Jens Völker, Chefarzt der Inneren Medizin und Kardiologie im Lukas-Krankenhaus Bünde. &bdquo;Bereits das erste Glas Alkohol ist ernsthaft gesundheitsgefährdend“, sagt der Mediziner im Gespräch mit der Neuen Westfälischen. Ein bedenklicher Trend Die Annahme, dass geringe Mengen Alkohol pro Woche in Ordnung seien, ist mittlerweile widerlegt. &bdquo;Es gibt keine kritische Grenze“, sagt Völker. So steigere bereits ein Glas Bier pro Woche bei Frauen das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Generell ist Alkohol ein Zellgift und hochgradig krebserregend: Darmkrebs, Leberkrebs und Speiseröhrenkrebs sind nur einige der Krebsarten, die durch Alkohol entstehen können. Völker, der vor seinem Wechsel ins Lukas-Krankenhaus vergangenen Herbst 16 Jahre als Chefarzt im Mathilden-Hospital Herford gearbeitet hat, findet es bedenklich, wie Alkohol in der Gesellschaft verharmlost wird. &bdquo;Es ist ein Lifestyle-Produkt geworden“, sagt er. Das &bdquo;Bierchen am Abend“ und das &bdquo;Sektchen am Morgen“ gehöre heutzutage oft zum Alltag dazu. &bdquo;Durch diese Wortwahl wird Alkohol dargestellt, als wäre es etwas Kleines, Niedliches“, so Völker. &bdquo;Das ist es aber nicht.“ Irrglaube: Rotwein ist nicht gut fürs Herz Nicht nur das Risiko für Krebs, auch das Risiko für Organschäden steigt durch Alkoholkonsum. Insbesondere die Leber, das Gehirn und das Herz können Schäden davontragen, sagt Völker. Trotzdem höre er immer wieder von Patienten, dass ein Glas Rotwein am Tag doch gut fürs Herz sei. &bdquo;Das stimmt aber nicht“, betont der Mediziner. Im Gegenteil: Herz-Rhythmus-Störungen und Herzschwäche können Folgen von Alkoholkonsum sein. Schuld an dem Irrglauben, dass Rotwein dem Herzen guttue, ist übrigens eine alte Studie. Mittlerweile sind sich Wissenschaftler allerdings einig, dass die Ergebnisse verfälscht waren. &bdquo;Die sind mittlerweile widerlegt“, sagt der 60-Jährige. Beachtliche Hirnschäden möglich Der Mediziner verweist hingegen auf eine Studie, die deutlich macht, wie schädlich Alkohol auch für das Gehirn sein kann. Forscher der Oxford-Universität in England haben vor einigen Jahren herausgefunden, dass bereits ein moderater Alkoholkonsum über Jahrzehnte hinweg zu einem Schrumpfen des Hippocampus führt. Das Risiko dafür ist bei Menschen, die regelmäßig Alkohol trinken, demnach doppelt bis dreifach so hoch wie bei Nichttrinkern. Der Hippocampus ist im menschlichen Gehirn die Schaltstelle zwischen dem Kurz- und dem Langzeitgedächtnis. Lesen Sie auch: Vegan leben in Bünde: Wie vielfältig ist das Angebot in lokalen Restaurants? Über diese Schaltstelle werden Inhalte aus dem Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis übernommen. Auch Adipositas, also starkes Übergewicht, ein schlechtes Hautbild, schlechter Schlaf und Depressionen können Folgen von Alkoholkonsum sein. Ein Monat ohne Alkohol kann viel bewirken Die Liste der negativen Auswirkungen von Alkohol ist lang. Doch es gibt auch erfreuliche Nachrichten: Beim Verzicht auf Alkohol verbessert sich schon rasch sehr viel. Bereits nach einer Woche Alkoholverzicht verbessern sich die Leberwerte, sagt Völker. &bdquo;Und nach einem Monat werden sie noch besser“. Das Gleiche gilt für Bluthochdruck, Übergewicht, den Schlaf und das Hautbild: Alles wird bereits bei einem einmonatigen Verzicht auf Alkohol besser. Ebenso wird das Risiko, an Krebs zu erkranken, nicht weiter gesteigert. Der Mediziner appelliert deshalb ganz klar, einen einmonatigen Verzicht auf Alkohol auszuprobieren. &bdquo;Es bringt spürbar was“, sagt er. &bdquo;Und das ist natürlich nicht an den Januar gebunden“. Wer das versuchen möchte, dem rät der Mediziner, sich Verstärkung im Freundes- oder Familienkreis zu holen. &bdquo;Es ist immer leichter, wenn man in einer Gruppe unterwegs ist und nicht der Einzige ist, der keinen Alkohol trinkt“, sagt der Chefarzt.

Meistgelesen