Arzt und Apotheker aus Bünde äußern sich über die Nachteile der e-Patientenakte

Bünde. Arztbesuche sollen bald digitaler werden. Nach Einführung des E-Rezeptes und der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) soll nun die elektronische Patientenakte (ePA) kommen. Ab Mittwoch, 15. Januar, wird die ePA testweise in Arztpraxen in Hamburg, Franken und in Teilen von Nordrhein-Westfalen eingeführt. Nach einer vierwöchigen Testphase soll ab dem 15. Februar dann jede Arztpraxis damit ausgestattet werden – vorausgesetzt, die Testphase läuft erfolgreich. Andreas Schimke ist Vorstandsmitglied des Ärztenetzes &bdquo;Medizin und Mehr“ (MuM) im Bünder Land. Der Allgemeinmediziner hat eine Gemeinschaftspraxis in Spenge. Auf Anfrage der Neuen Westfälischen berichtet er, dass sich Arztpraxen in der Region freiwillig als Probanden für die vierwöchige Testphase ab dem 15. Januar melden konnten. &bdquo;Schlechter Zeitpunkt“ für die Testphase Er hat sich dagegen entschieden. Allerdings nicht, weil er daran nicht interessiert ist – das sei er durchaus. &bdquo;Aber im Januar, direkt nach den Feiertagen, sind die Praxen brechend voll“, sagt Schimke. Dementsprechend sei das der denkbar unglücklichste Zeitpunkt im Jahr, eine derart aufwendige Neuerung in die Arztpraxen zu bringen. Er kenne in der Umgebung keinen Kollegen, der sich für die Testphase angemeldet habe. Im Internet finden Bürgerinnen und Bürger viele Informationen rundum die ePA. Unter anderem auf der Seite der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Dort heißt es unter anderem, dass Versicherte mit der elektronischen Patientenakte einen digitalen Ordner erhalten, in dem persönliche Gesundheitsdaten praxisübergreifend gespeichert werden, wie zum Beispiel Befunde, verordnete Medikamente und Arztbriefe. Mehr zum Thema: Elektronische Patientenakte kommt für alle: Was Sie jetzt wissen sollten Dadurch soll der Austausch von vorangegangen Diagnosen oder Befunden unter den behandelnden Ärzten beispielsweise einfacher werden. Patienten können einzelne Daten verbergen Ebenso schreibt die KBV, dass die Nutzung der ePA freiwillig ist. Versicherte haben grundsätzlich die Möglichkeit, der Einrichtung und Bereitstellung einer ePA durch ihre Krankenkasse zu widersprechen. Wird das nicht getan, wird automatisch eine elektronische Patientenakte angelegt, die von behandelnden Ärzten und Apothekern genutzt werden kann. Damit handelt es sich um eine sogenannte &bdquo;Opt-Out-Regelung“. Patienten, die nicht gegen die ePA widersprechen, &bdquo;können allerdings auch einzelne Daten aus der Akte entfernen lassen“, erklärt MuM-Vorsitzender Andreas Schimke. Damit können sie beispielsweise entscheiden, welche Praxis welche Dokumente einsehen darf. Einen Sinn dahinter sieht Schimke zwar durchaus. &bdquo;Ein Zahnarzt muss nichts über den Aufenthalt in einer Psychiatrie wissen“, sagt er beispielhaft. &bdquo;Ein Hausarzt sollte das allerdings schon wissen.“ Er rät Patienten deshalb, nicht zu viele Informationen in der digitalen Akte zu selektieren. Bünder Apotheker zeigt sich kritisch Reinhard Rokitta, Inhaber der Punkt-Apotheke in Bünde, findet eine elektronische Patientenakte, die unvollständig ist, nicht sinnvoll. &bdquo;Auf eine potentiell unvollständige Akte kann sich ein Arzt bei Diagnostik und Behandlung nie verlassen“, sagt er gegenüber der Neuen Westfälischen. Der Apotheker steht der Einführung der ePA allgemein kritisch gegenüber. Meinung: Die elektronische Patientenakte taumelt zwischen Revolution und Risiko Er findet die Idee der elektronischen Speicherung von Patientendaten zwar nicht schlecht, &bdquo;nur ist sie wieder einmal schlecht umgesetzt“, sagt er. Er moniert einerseits, dass Ärzte und Apotheker nicht in die Umsetzung eingebunden worden seien. Obwohl er voraussichtlich in rund einem Monat mit der ePA arbeiten soll, wisse noch gar nicht, wie diese dann aussehen wird und welche Funktionen sie mitbringt. Andererseits sieht er Probleme in Bezug auf die Datensicherheit. Erst vor rund zwei Wochen hat sich der Chaos Computer Club (CCC) Zugriff auf die ePA-Software verschafft – das System sozusagen gehackt. Dadurch hätte der bundesweite Verein für Computersicherheit nach eigener Aussage Zugriff auf 70 Millionen Patientenakten gehabt. Ein Beweis für Reinhard Rokitta, dass die ePA noch große Sicherheitslücken aufweise. Bünder Ärztenetz hatte eigene Patientenakte geplant Dass bei der Zustimmung der ePA die &bdquo;Opt-Out-Regelung“ angewandt wird, findet er außerdem &bdquo;unbegreiflich“. Seiner Meinung nach sollten Krankenkassen ihre Versicherten deutlich besser über die Konsequenzen und Einwilligungen in Bezug auf die digitale Patientenakte informieren. Andreas Schimke weiß ebenfalls noch nicht, wie das System, mit dem er voraussichtlich ab dem 15. Februar arbeiten soll, aussehen wird. &bdquo;Es bleibt abzuwarten, ob es eine Entlastung sein wird“, sagt der Allgemeinmediziner. Dennoch findet er es richtig, dass die elektronische Patientenakte kommt. &bdquo;Das ist schon lange überfällig“, sagt er. &bdquo;Aber sie muss sinnvoll sein und einen Nutzen für die Patienten haben“. Würde die bundesweite ePA nicht kommen, hätte es womöglich eine digitale Patientenakte für Menschen im Bünder Land gegeben. &bdquo;Wir wollten eine eigene MuM-Akte machen“, sagt Schimke im Gespräch mit der NW. Wegen des bundesweiten Projektes hat das Ärztenetz davon jedoch abgesehen.

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