Kinder- und Jugendrat in Bünde auf der Kippe?

Bünde. Kinder und Jugendliche an politischen Entscheidungen beteiligen. Das ist in vielen Kommunen ein großes Ziel, das mal besser und mal weniger gut erreicht wird. Im Frühjahr 2023 hat die Stadt Bünde mit dem Kinder- und Jugendrat und dem Titel &bdquo;Junge Menschen reden mit – Deine Meinung ist gefragt“ ein Format geschaffen, bei dem Kinder von etwa 10 Jahren bis hin zu Jugendlichen im Abiturjahrgang ins Rathaus eingeladen werden. Vier Veranstaltung hat es seitdem gegeben, doch Jugendamtsleiter Marco Frodermann plagt die Frage, ob die Kommunalpolitiker noch hinter dem Konzept stehen. Jeweils an Samstagen im März und August waren die Schüler in diesem und dem vergangenen Jahr eingeladen, um im Ratssaal über verschiedene Themen zu diskutieren, die sie selbst oder die Stadt betreffen. Frank Labatz vom Institut für Soziale Kompetenz hat diese Veranstaltungen moderiert. Die von den jungen Menschen eingebrachten Themen waren laut Frodermann &bdquo;höchst unterschiedlich“. Einen großen Raum nahmen Fragestellungen zum Bereich Schule ein. Beispielsweise die Handyordnung, Einlasszeiten, das Deutschlandticket, (kostenlose) iPads oder auch die Schulhofgestaltung. Aber auch Fahrradsicherheit, Baumpatenschaften oder die Gestaltung von Plätzen im öffentlichen Raum fanden sich auf der Tagesordnung wieder.&bdquo;Die jeweiligen Tagesordnungspunkte wurden mit den Expertinnen vor Ort immer sofortbesprochen, so dass eigentlich keine Fragestellungen unbeantwortet geblieben sein dürften“, so Marco Frodermann, der mit einer Abstimmung im Ausschuss wissen wollte, ob die Politiker hinter dem Konzept stehen. Dazu nannte der Jugendamtsleiter Zahlen. Soll der eingeschlagene Weg weiterverfolgt werden? Die Kosten pro Veranstaltung betrugen bislang etwa 5.000 Euro - also rund 10.000 pro Jahr. Dabei ist der städtische Personaleinsatz noch nicht eingerechnet, sondern nur die Kosten für Moderation, Catering und Werbung. &bdquo;Aufgrund der verhältnismäßig hohen Kosten, bei relativ geringer Beteiligung, bittet die Verwaltung um einen Hinweis aus dem Jugendhilfeausschuss, ob der eingeschlagene Weg weiterverfolgt werden soll“, hieß es vom Jugendamt bereits vorab in einer Unterlage für das Gremium. Im Durchschnitt nahmen zehn bis 15 Kinder und Jugendliche an den Treffen teil. Für den ein oder anderen mag das - auch angesichts der Kosten - zu wenig Nachfrage sein. Doch Frank Labatz sieht das anders und erklärte den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses, dass diese Zahl in einer Stadt mit 47.000 Einwohnern durchaus gut sei. Labatz selbst war Jugendamtsleiter in Langenhagen in der Region Hannover und hat ähnliche Veranstaltungen auch schon in wesentlich größeren Städten moderiert - mit weniger Interesse der Jugendlichen, wie er sagt. &bdquo;Es wird bei der Beteiligung von jungen Menschen zu oft auf Zahlen geguckt“, so Labatz, der zwei der Teilnehmer des Kinder- und Jugendrats mitbrachte. Der 13-jährige Linus Rolfsmeyer vom Gymnasium am Markt sowie Mia Röthemeyer, Schülerin im Abiturjahrgang des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums, berichteten von ihren Erfahrungen, die durchaus positiv waren. Beide stimmten überein, dass es eine &bdquo;super Möglichkeit ist, sich mit den Entscheidungsträgern austauschen zu können“. Teilnehmer haben &bdquo;viel über Politik gelernt“ Linus Rolfsmeyer betonte in seiner Darlegung vor dem Ausschuss, dass die Teilnahme einerseits &bdquo;viel Spaß“ gemacht habe und die jungen Teilnehmer &bdquo;viel über Politik gelernt“ hätten und &bdquo;ihr Selbstbewusstsein in der Diskussion steigern“ konnten. Mit seinem Schlusssatz &bdquo;Ein Kinder- und Jugendrat ist wichtig, denn eine Demokratie lebt vor allem auch von jungen Menschen“ traf der 13-Jährige den Nagel auf den Kopf und den Nerv der Ausschussmitglieder. Ulf Dreier (SPD) fand die Teilnehmerzahl von durchschnittlich zwölf zwar &bdquo;recht gut“, würde sich aber Möglichkeiten wünschen, noch mehr junge Menschen ins Rathaus zu holen. Mia Röthemeyer erläuterte, dass die Einladungen sie über die digitale Schulplattform iServ erreicht hätten. Das Jugendamt hat zudem Plakate drucken lassen und die Veranstaltungen in der örtlichen Presse angekündigt. Dreier dachte eher an Social Media, doch Frank Labatz wandte ein: &bdquo;Aus rechtlichen Gründen darf keine Veranstaltung für Kinder und Jugendliche über Meta-Plattformen beworben werden.“ Jörn Döring (UWG), merkte an, dass es sich beim Kinder- und Jugendrat nicht nur um ein Treffen zwischen jungen Menschen und der Verwaltungsspitze der Stadt Bünde handeln dürfe. Denn es gehe schließlich um das politische Leben und nicht um die Arbeit in der Verwaltung. Vor allem müssten die Parteien vor Ort ansprechbar sein. Döring ist neben Lucas Heimann (SPD) einer von zwei Lokalpolitikern, die an diesen samstäglichen Veranstaltungen teilgenommen haben. Wichtiger Baustein im Kampf gegen Politikverdrossenheit Der UWG-Ratsherr regte an, pro Jahr ein weiteres Treffen - also alle vier Monate - mit ins Programm zu nehmen. Grundsätzlich sei das laut Kämmerer Daniel Müller zwar möglich und es sei sicherlich auch gut investiertes Geld, allerdings könne man bei den jährlichen Kosten an Preisgrenzen stoßen, die ein öffentliches Vergabeverfahren nötig machen würden. Oliver Uhlich (CDU) regte an, die Veranstaltungen stärker in den Schulen bekannt zu machen. In Anlehnung an Dörings Wortbeitrag regte Uhlich ferner an, dass künftig ein Mitglied jeder Ratsfraktion teilnimmt, um Ansprechpartner für die jungen Menschen zu sein. Schlussendlich bekundeten Vertreter verschiedener Fraktionen, dass das Jugendparlament auch ein wichtiger Baustein im Kampf gegen Politikverdrossenheit sei, was angesichts aktueller gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen von großer Bedeutung sei. Die Abstimmung zeigte dann, dass sich Jugendamtsleiter Marco Frodermann des Rückhalts aus der Politik für den Kinder- und Jugendrat sicher sein kann, denn der Ausschuss votierte einstimmig für eine Fortführung des Projekts.

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