Fahrerflucht keine Straftat mehr? Das sagen Polizei, Gericht und Bußgeldstelle im Kreis Herford

Bünde/Kirchlengern/Rödinghausen. Ein wenig rangieren, vorwärts, rückwärts, enge Parkbucht – und schon ist es passiert: Das Auto in der Parklücke nebenan ziert eine kleine Schramme. Wer jetzt einfach davonfährt, der begeht eine Straftat. Immerhin fast 1.500 Mal kam das im Jahr 2022 im Kreis Herford vor. Eine Reform könnte künftig dafür sorgen, dass ein solches Verhalten nurmehr als Ordnungswidrigkeit eingestuft wird – vornehmlich, um die Behörden zu entlasten. Die Arbeitsersparnis sei aber &bdquo;eher übersichtlich“, heißt es von immerhin zwei Stellen. Wer sich in Deutschland nicht an die Regeln im Straßenverkehr hält, der kann entweder eine Ordnungswidrigkeit oder eine Straftat begehen. In einigen Fällen ist das klar geregelt, in anderen kommt es auf die Umstände an. Flieht ein Unfallfahrer von einer Unfallstelle, ohne sich um den Schaden zu kümmern oder gar einer verletzten Person zu helfen, zählt das bislang als Ordnungswidrigkeit. Schon vergangenes Jahr hatte Bundesjustizminister Marco Buschmann von der FDP die Möglichkeit ins Spiel gebracht, dass Fahrerflucht herabgestuft wird von der Straftat zur Ordnungswidrigkeit. Der Verkehrsgerichtstag in Goslar hat das Thema nun wieder aufs politische Tableau gebracht. Insbesondere sollen dadurch Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte entlastet werden. Mehr als die Hälfte der Fälle wird aufgeklärt Ob Ordnungswidrigkeit oder Straftat: Die Polizei muss in jedem Fall arbeiten. 2022 verzeichneten die Beamten 1.451 &bdquo;Verkehrsunfallfluchten“, wie sie in ihrer offiziellen Statistik schreibt. Das sind immerhin 3,87 Prozent mehr als im Mittel der vergangenen fünf Jahre. Eine Statistik für 2023 liegt noch nicht vor. Immerhin: Ziemlich oft kann die Polizei den Flüchtigen fassen. Die Aufklärungsquote liegt bei 65 Prozent. &bdquo;Bei uns ändert sich grundsätzlich am Personalaufwand nichts“, sagt auch Polizeisprecherin Simone Lah-Schnier, &bdquo;nur die Zuständigkeiten ändern sich“. Bislang war &bdquo;Herr des Verfahrens“ die Staatsanwaltschaft. Ordnungswidrigkeiten werden allerdings von der Bußgeldstelle bearbeitet, die beim Kreis Herford angesiedelt ist. Allerdings, so Lah-Schnier , ändere sich etwas an der Verhältnismäßigkeit im Arbeitsaufwand: &bdquo;Der Ermittlungsansatz ist nicht so hoch wie bei einer Straftat.“ Dass das Gericht sich damit nicht mehr befassen muss, sieht er nicht: &bdquo;Was viel Arbeit macht, sind die Fälle, in denen ein Einspruch kommt“, so Bröderhausen. Dann werden nämlich wieder die Gerichte mit dem Thema betraut. Das sei häufig der Fall, &bdquo;wenn der Führerschein in Gefahr ist“, zum Beispiel, wenn Punkte in Flensburg drohen oder aber der Führerschein zum Beispiel für eine gewissen Zeit abgegeben werden muss. Das sagt der Kreis Herford Einen Mehraufwand deutlich spüren würde in jedem Fall wohl die Bußgeldstelle des Kreises, wie auch Kreissprecher Patrick Albrecht bestätigt. Wie viele der rund 1.500 Unfallfluchten aus 2022 aber tatsächlich dort aufschlagen würden, das lässt sich nicht sagen. Denn wie auch die Statistik des Amtsgerichts zeigt, kommen in einigen Fällen gleich mehrere Delikte zusammen. Eine Stimme für eine neue Regelung kommt übrigens von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht beim Deutschen Anwaltsverein. Die AG kritisiert, dass Menschen für das Verlassen des Tatortes nicht bestraft würden, wenn sie ein Auto vorsätzlich demolieren – sehr wohl aber, wenn ein Auto aus Versehen beschädigt würde. Dadurch, dass Fahrerflucht derzeit eine Straftat sei, werde ein Zwang zur Selbstbezichtigung geschaffen, der eigentlich nicht mit dem Rechtsstaatsprinzip zu vereinbaren sei. Daher sei eine Reform &bdquo;dringend notwendig“. Eine Gegenstimme kommt von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Sie lehnt eine Herabstufung ab, &bdquo;um die Hemmschwelle für die Tat auch weiterhin aufrecht zu erhalten“. Wie es weitergeht Noch ist dazu keine abschließende Entscheidung gefallen. Beim Verkehrsgerichtstag in Goslar, der Freitag zu Ende gegangen ist, sind die Experten der Meinung, dass &bdquo;die Vorschrift des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 StGB) reformiert werden sollte“. Allerdings: Eine Abstufung empfehlen die Experten nicht.

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