Gefährlicher Betrug beim „Idiotentest“: Wie unseriöse Anbieter Autofahrer ausnutzen

Wer den Führerschein los ist und zur MPU muss, stößt im Web auf vielerlei Beratungsangebote. Das Problem dabei: MPU-Berater darf sich jeder nennen – und manche raten zu illegalen Tricks. Der &bdquo;Idiotentest” braucht nach Ansicht von Verkehrsexperten dringend ein Sicherheits-Update. Der Grund: Die Probleme mit Anbietern nehmen zu, die Hilfesuchende mit unseriösen oder sogar kriminellen Methoden auf die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) vorbereiten. Manche Betroffene, die den Führerschein nach Alkohol- oder Drogenkonsum abgeben mussten, zahlen Tausende Euro für ihre MPU-Vorbereitung – ohne die Untersuchung dann letztlich zu bestehen. Viele lernen im Rahmen der &bdquo;Vorbereitung” schlicht Antworten mithilfe personalisierter Schablonen auswendig. Hintergrund für den Beratungs-Boom sind die hohen Durchfallquoten bei der MPU, bei der es darum geht, eine Verhaltensänderung nachzuweisen. Zwei von fünf Probanden bestehen die MPU nicht und müssen gegebenenfalls einen neuen Anlauf machen. Je nach Vergehen und Begutachtungsstelle kostet das allein für die MPU zwischen 600 und 900 Euro. Staatsanwaltschaft ermittelt gegen unseriöse Anbieter Seit Jahren wächst im Internet ein unregulierter Markt an MPU-Vorbereitungsangeboten. Der Begriff ist nicht geschützt. Nicht nur Verkehrspsychologen, Tochterunternehmen von TÜV und DEKRA oder andere seriöse Stellen dürfen also entsprechende Unterstützung anbieten, sondern praktisch jeder, der sich mit einem selbst kreierten Angebot selbstständig macht. Die Folge: In der Branche gibt es immer mehr schwarze Schafe, wie auch der NDR in &bdquo;Reschke Fernsehen“ aufdeckte. Gegen den Anbieter &bdquo;MPU King“ etwa wurde 2024 von der Staatsanwaltschaft Köln wegen Urkundenfälschung ermittelt: Es ging unter anderem um fingierte Abstinenznachweise. Wer nach dem Begriff &bdquo;MPU-Vorbereitung” googelt, landet schnell auf Seiten, die mit Slogans wie &bdquo;MPU ohne Abstinenz” oder völlig unrealistischen Zeiträumen zur Rückerlangung des Führerscheins werben. .responsive23-UKy1pBxdUdsQQ9wa-pie-mpu-anzahl-der-gutachten { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-UKy1pBxdUdsQQ9wa-pie-mpu-anzahl-der-gutachten { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-UKy1pBxdUdsQQ9wa-pie-mpu-anzahl-der-gutachten { padding-top: 142.86%; } } Aktuelle Diskussionen auf dem Verkehrsgerichtstag Die Sedura-MPU-Beratung etwa fällt durch besonders offensives Marketing auf. Sie wirbt für sich nicht nur mit &bdquo;Erfolgsgeschichten” von Absolventen, die mit 708 Punkten in Flensburg die MPU bestehen, sondern auch mit vermeintlichen Presseberichten in Medien wie &bdquo;Süddeutsche“, &bdquo;Focus Online“ oder &bdquo;Münchner Merkur“. Bei genauem Hinschauen entpuppen sich diese Jubel-Storys jedoch als Pressemitteilungen, die über das Presseportal ots automatisch auf dafür bestimmten Seiten der Verlagshäuser ausgespielt werden. Es sind keineswegs redaktionelle Beiträge der Medien. Lesen Sie auch: Punkte und hohe Geldbußen: Diese Strafen drohen Fußgängern und Radfahrern Das Problem der fragwürdigen Anbieter hat ein Ausmaß angenommen, dass sich auch der diesjährige Verkehrsgerichtstag in Goslar jetzt erneut damit befasste. Auf der Konferenz werden aktuelle Themen der Verkehrspolitik und -sicherheit diskutiert. Gefährdungspotenzial durch ungeeignete Verkehrsteilnehmer &bdquo;Der Markt der unseriösen und zum Teil kriminellen MPU-Vorbereiter floriert mehr denn je“, beklagte dort der Verkehrstherapeut Stefan Swat aus Köln. Für Hilfesuchende sei es schwer, zwischen seriösen und unseriösen Angeboten zu unterscheiden. Darüber hinaus droht Gefahr auch für alle anderen, die auf den Straßen unterwegs sind. &bdquo;Wer mit unentdeckten gefälschten Bescheinigungen oder auswendig gelernten Lügengeschichten eine positive MPU erzielt, stellt nach der Wiederteilung der Fahrerlaubnis ein erhebliches Verkehrsrisiko dar“, kritisierte Swat. Das sieht auch Ralf Rieser so. Als Vorsitzender der Sektion Verkehrspsychologie im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen ist er seit vielen Jahren mit dem Thema MPU befasst. Es gebe mittlerweile Zehntausende, die weiterhin Auto fahren, obwohl sie dazu nicht geeignet seien. &bdquo;Das hat enormes Gefährdungspotenzial.“ Zunahme illegaler Rückerlangungsversuche steigt Denn wer sich nicht mit den Gründen für seinen Führerscheinentzug befasse, also seinen Alkohol- oder Drogenkonsum kritisch hinterfrage, komme nicht zum Kern des Problems, betont der Psychologe. &bdquo;Es geht um eine echte Verhaltensänderung und stabile Einstellungen, nicht nur um eine oberflächliche Geschichte, die dem Gutachter in der MPU erzählt wird.“ Rieser ergänzt: &bdquo;Auch Verbraucherschutz ist wichtig. Den Leuten wird das Geld aus der Tasche gezogen.“ Die Summen seien oft deutlich höher als die einer qualifizierten Beratung durch diplomierte Psychologen. Auch Fahrerlaubnisbehörden meldeten sich in Goslar kritisch zu Wort. &bdquo;Die Versuche, eine Fahrerlaubnis durch illegale Handlungen zu erhalten oder zurückzubekommen, nehmen zu“, bestätigte Thomas Klein von der zuständigen Behörde in Köln. Lesen Sie auch: Experten fordern strengere Cannabis-Grenzwerte im Verkehr Um die Situation zu entschärfen, empfiehlt die Expertengruppe nun: Die Fahrerlaubnisbehörden sollten die Betroffenen schnellstmöglich – am besten schon beim offiziellen Führerscheinentzug – darüber informieren, dass nicht nur die Wartezeit, sondern gegebenenfalls auch andere Auflagen wie Abstinenzphase und MPU notwendig sind, um den Führerschein zurückzuerlangen. Bisher passiert das oft erst viele Monate später. Experten empfehlen Beratung nach Qualitätskriterien Auch eine Positiv-Liste mit seriösen Anbietern, die nach Qualitätskriterien beraten, sollte erstellt und den Betroffenen ausgehändigt werden, empfehlen die Experten. Sie fordern auch, die steigende Zahl von Manipulationsversuchen und Straftaten konsequent anzuzeigen und strafrechtlich zu bekämpfen. Dass sich in absehbarer Zeit gesetzlich etwas ändert oder die Vorbereitung reguliert wird, ist nicht zu erwarten. Das Bundesverkehrsministerium werde das Thema mit den Ländern erörtern, teilte eine Sprecherin mit. Die Empfehlungen würden sich jedoch in erster Linie an die Länderbehörden richten. Psychologe Rieser sieht dennoch Fortschritte. &bdquo;Wer früh Bescheid weiß, kann die Zeit nutzen, um sich ehrlich mit den Ursachen für den Führerscheinentzug auseinanderzusetzen.“ Fragwürdige Hauruck-Methoden à la &bdquo;MPU-Erfolg in 4 Wochen” würden dann auch weniger attraktiv.

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