Bünder Traditionsgeschäft schließt nach mehr als 140 Jahren

Bünde. Es war im März 1883, als ein gewisser Bernhard Rothe zum ersten Mal die Türen seines Geschäfts an der Eschstraße öffnete - und seinen Kunden schicke Hüte und Mützen anbot. Kürschnermeister und Hut- und Mützenmacher sei er gewesen, weiß Sabine Hemminghaus-Köster, die Frau, die das kleine aber feine Geschäft nun schon seit drei Jahrzehnten führt. Allerdings nicht mehr lange: &bdquo;Rothe classic“ schließt die Türen demnächst für immer - nach mehr als 140 Jahren. &bdquo;Bernhard Rothe war auch schon Verwandtschaft von uns - man kann also sagen, dass sich das Geschäft seit den Anfängen in Familienhand befindet“, sagt die 55-Jährige. Nach dem Gründer habe dessen Tochter Paula das Geschäft übernommen, dann werde es mit all den Tanten und Onkels ein bisschen unübersichtlich, entschuldigt sich Hemminghaus-Köster. Fakt sei jedenfalls, dass es immer Familienmitglieder waren, die den Laden führten. Ihre eigenen Erinnerungen setzen zu jener Zeit ein, in der ihre Eltern Albrecht und Ursula Köster die Zügel in der Hand hielten. Die kleine Sabine bekam in den 1970er Jahren mit, wie Mama und Papa damit anfingen, das Warenangebot zu erweitern - und wie sie den ganzen Laden komplett umbauten und sanierten. Von der Stadt Bünde sei damals der Rat gekommen: &bdquo;Reißen sie den ganzen Kotten einfach ab.“ Der Vater habe sich glücklicherweise anders entschieden. &bdquo;Und heute steht das Gebäude unter Denkmalschutz“, sagt Hemminghaus-Köster - nicht ohne einen gewissen Stolz in der Stimme. Eigentlich sollte die Schwester übernehmen Dass sie das Geschäft dereinst selbst übernehmen würde, war ihr lange Zeit nicht klar. &bdquo;Ich hatte Bankkauffrau gelernt. Und eigentlich war klar, dass meine ältere Schwester eines Tages in die Fußstapfen meiner Eltern treten würde. Aber dann ist sie der Liebe wegen weggezogen“, erzählt Hemminghaus-Köster und lächelt. Ihre Eltern hätten sich dann mit dem Gedanken getragen, das Geschäft in fremde Hände zu geben. Eine Vorstellung, die der jüngeren Tochter nicht gefiel. &bdquo;Mein Herz hing ja auch daran“, sagt sie. Also habe sie ihren Job als Bankkauffrau hingeschmissen und Mitte der 1990er Jahre - zur großen Freude ihrer Eltern - das Geschäft übernommen. &bdquo;Diesen Schritt habe ich nie bereut. Ich habe hier noch sehr schöne Jahre mit meinen Eltern erlebt - die haben hier ja quasi noch bis an ihr Lebensende mitgemacht“, erzählt die Geschäftsfrau. Lesen Sie weitere Wirtschaftsnachrichten aus Bünde Und nun soll plötzlich Schluss sein? &bdquo;Nicht plötzlich“, sagt Hemminghaus-Köster. &bdquo;Der Gedanke war schon lange in mir gereift.“ Das Kaufverhalten der Menschen, sagt sie, habe sich sehr verändert, das sei ja keine Neuigkeit mehr. Das Internet mit seinem unendlichen Angebot, der Trend zu &bdquo;Geiz ist geil“ und zu durchgängigen Rabatt-Aktionen - die Liste sei lang, sagt sie. Nebenkosten steigen und steigen Corona habe sie sogar noch recht gut überstanden, &bdquo;aber dann die Ukrainekrise und die damit verbundene Energiepreis-Erhöhung - es wird halt immer schwieriger für uns kleine Einzelhändler, da ziehe ich dann lieber rechtzeitig einen Schlussstrich“, sagt sie. Einen Nachfolger hätte sie ohnehin nicht gehabt, ihre zwei Söhne seien anderweitig interessiert. Wie es nun weitergeht, weiß sie noch nicht so genau. &bdquo;Erst mal noch so viel wie möglich verkaufen“, sagt sie und schaut sich um. Bis zu 50 Prozent Erlass können Kunden bei ihr seit gut zwei Wochen bekommen - je nach Artikel. Wann sich die Türen dann endgültig schließen, weiß sie noch nicht. Und wie soll es mit den Räumlichkeiten weitergehen? Verkauf? Vermieten? &bdquo;Weiß ich auch noch nicht“, sagt die 55-Jährige und zuckt mit den Schultern. &bdquo;Ich weiß auch noch nicht, was ich dann beruflich machen werde“, sagt sie. &bdquo;Ich weiß nur, dass ich weiter arbeiten möchte, aber nicht mehr im Einzelhandel, vielleicht wieder etwas Kaufmännisches.“ Sabine Hemminghaus-Köster macht nicht den Eindruck, als würde sie diese Ungewissheit in irgendeiner Form belasten. Es sieht eher so aus, als freue sie sich auf eine neue Herausforderung.

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