Darum dürfen Extremisten im Kreis Herford Waffen besitzen

Bünde/Kirchlengern/Rödinghausen. Rund 1.000 Rechtsextreme dürfen bundesweit eine Waffe besitzen. Das hat das Recherchezentrum Correctiv herausgefunden. Im Kreis Herford sind laut offiziellen Zahlen des Innenministeriums zwei Personen mit rechtsextremer Gesinnung in Waffenbesitz, im Nachbarkreis Minden-Lübbecke sieben. Wie kann das sein? Wer in Deutschland eine Schusswaffe und Munition kaufen möchte, braucht eine sogenannte Waffenbesitzkarte (WBK). Grundsätzlich darf sich zunächst jeder für den Besitz von Waffen qualifizieren. Allerdings prüft die Polizei schon beim Antrag genau, wer sich da bewaffnen möchte. &bdquo;Es gibt schon Personen, die auch in diesen schwierigen Zeiten sich vielleicht Waffen zulegen wollen, einfach, um sie zu besitzen. So einfach ist das aber nicht“, erklärt Polizeisprecher Uwe Maser. Denn die Waffenbehörde prüfe sorgfältig, wen sie da vor sich hat. &bdquo;Es braucht eine charakterliche Eignung. Der Antragsteller muss außerdem volljährig sein. Wichtig ist auch, wie die Waffen gelagert werden“, erläutert Maser das Verfahren. Waffen müssen beispielsweise verschlossen aufbewahrt werden. Das werde auch im Wohnraum des Antragstellers kontrolliert. Polizei nutzt verschiedene Quellen Der Antragsteller wird mit Hilfe mehrerer Quellen durchleuchtet, um die &bdquo;charakterliche Eignung“ zu überprüfen: Ist die Person schon aufgefallen? Was sagt das polizeiliche Führungszeugnis? Mit einem Beispiel macht der Polizeisprecher deutlich, was eine &bdquo;charakterliche Eignung“ bedeuten kann: &bdquo;Wenn ein Jäger betrunken Auto fährt, dann würde ihm schon eine solche Erlaubnis entzogen werden.“ Zuletzt habe die hiesige Polizei zur Kontrolle auch &bdquo;neue Leute eingestellt.“ Nachträglich eine Waffe abzuerkennen, ist nicht einfach. Denn das Waffenrecht bildet &bdquo;Rechtsextreme“ nicht ab. Definiert werden Rechtsextreme vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Personen, die davon ausgehen, dass die Zugehörigkeit zu einer Ethnie oder Nation über den Wert eines Menschen entscheidet. In der sogenannten &bdquo;Reichsbürgerbewegung“ versammeln sich ebenfalls Rechtsextreme und Verschwörungstheoretiker. Das bedeutet für das Waffenrecht: In der Regel können Extremisten aktuell nur dann nachträglich entwaffnet werden, wenn bei ihnen eine konkrete Gefahr nachgewiesen werden kann, dass sie ihre waffenrechtliche Erlaubnis missbrauchen könnten. Prüffälle gibt es aber immer wieder. &bdquo;Die Herforder Waffenbehörde bekommt in der Tat Prüffälle zugewiesen, wenn der Hintergrund ein Rechtsextremer ist“, sagt Maser. Das könne &bdquo;zum Beispiel die Mitgliedschaft in einer verbotenen Organisation sein.“ Waffenbesitzer im Kreis müssten ständig mit Überprüfungen rechnen, so Maser weiter. Gebe es konkrete Hinweise, würde nicht die Routinekontrolle abgewartet, sondern die Kontrolle dieser Person bevorzugt behandelt. Aktuell zwei Verfahren Im Kreis Herford gibt es bei der Waffenbehörde aktuell zwei Prüfverfahren. Insgesamt sind seit Einführung des Nationalen Waffenregisters vor zehn Jahren vier Mal Waffen nach einem solchen Prüffall entzogen worden. Der Polizeisprecher erinnert sich an Verfahren, bei denen die Waffenbesitzer zum Beispiel zur Reichsbürgerschaft gehörten, &bdquo;die verhalten sich bei den Ämtern auffällig.“ Das Verhalten gegenüber einer Behörde und auch ein gewisses Vokabular würden &bdquo;zu einem Verfahren der Entziehung führen“, erklärt er. Eins ist Maser in dieser Debatte aber noch wichtig: Abgefragt wurden die Zahlen beim Verfassungsschutz, der eine Statistik führt. Die bilde aber immer nur den Moment ab. &bdquo;Nach dieser Quelle gab es damals zwei Hinweise. Wir kriegen aber immer mal wieder Prüffälle“, sagt er. Die Polizei sei &bdquo;sehr aufmerksam, gerade im extremistischen Bereich.“ Im Nachbarkreis sieben Meldungen In Herfords Nachbarkreis Minden-Lübbecke ordnet die Polizei auf Anfrage die Zahlen ebenfalls ein. Das LKA zählte (Stand 31. Dezember 2022) elf Extremisten mit Waffen im Mühlenkreis. &bdquo;Bei fünf dieser elf Personen haben wir die Erlaubnisse aufgehoben“, sagt Polizeisprecher Nils Schröder. Zwei haben offenbar Widerspruch eingelegt, deswegen stehen da laut Schröder noch verwaltungsgerichtliche Prüfungen aus. Damit wäre auch die Statistik (sieben Rechtsextreme) des Recherchezentrums Correctiv nicht korrekt. Und, darauf weist sein Kollege Uwe Maser hin, die rund 1.000 Rechtsextremen, die auf den Listen der Behörden stehen, sind nur jene, die eine offizielle Besitzerlaubnis erteilt bekommen haben – zum Beispiel, weil sie Jäger oder Sportschützen sind. Hinzu kommt eine Dunkelziffer an Waffen. Regelmäßig hebt die Polizei neue illegale Waffenlager im ganzen Bundesgebiet aus. Wie ernst es manche der bewaffneten Rechtsextremen oder &bdquo;Reichsbürger“ meinen, zeigte sich zuletzt im Dezember 2022: Bei einer Razzia wurden 25 von ihnen festgenommen, die nicht weniger planten als den Regierungsumsturz. Auch der Mord am CDU-Politiker Walter Lübcke im Sommer 2019 durch einen Rechtsextremisten ist präsent. Mühlenkreis-Landrat Ali Dogan (SPD) sagt dazu: &bdquo;Mir erschließt es sich generell nicht, warum Menschen privat Waffen besitzen müssen. Zu welchem Zweck sollte ich zu Hause eine scharfe Waffe haben wollen – wenn ich nicht gerade Jäger oder Hobbyschütze bin?“ Das Gewaltmonopol liege in Deutschland sehr zu Recht allein bei der Polizei, so Dogan. Landrat Jürgen Müller lässt über seinen Polizeisprecher ausrichten, dass er sich für die Entwaffnung von Extremisten einsetzt.

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