Jagd auf Handynutzer und Gurtmuffel im Kreis Herford

Bünde/Hiddenhausen. Der erste Fahrer ist gerade kontrolliert, da rauscht über Funk schon die nächste Meldung vom Beobachter rein, der einige hundert Meter entfernt an einer Kreuzung steht und in die Autos schaut. &bdquo;Fahrerin hält Smartphone am linken Ohr“, oder &bdquo;Fahrer hat Sicherheitsgurt nicht angelegt“. Kurz darauf ist die Fahrt für einige Minuten unterbrochen. Die Bilanz nach zwei Stunden gibt zu denken. Wenn der Verkehrsdienst der Polizei Kontrollen durchführt, dann ist das für die angehaltenen Verkehrsteilnehmer ebenso wenig ein Vergnügen, wie für die Beamten selbst. Bei den Reaktionen der Fahrerinnen und Fahrer ist am Freitagvormittag fast alles vertreten: von &bdquo;ich will gar nicht widersprechen, dass ich am Steuer telefoniert habe“, bis &bdquo;bei dieser Abzocke müssen Sie sich nicht wundern, wenn immer mehr Menschen die AfD wählen“. Gleich vorweg: Den Zusammenhang im letztgenannten Zitat bleibt der Fahrer schuldig, der 100 Euro plus Verwaltungsgebühren zu zahlen hat und einen Punkt kassiert. Nirgends ist das Telefonieren teurer als am Steuer eines Kraftfahrzeugs – es sei denn, man nutzt die Technik. Handykopplung mit dem Auto ist vielen unbekannt - oder zu umständlich Was Polizeihauptkommissar Willi Kreft und seinem Team am Freitagmorgen auffällt: Viele der angehaltenen Fahrzeuge sind so modern, dass sie die Funktion, sich mit dem Smartphone zu verbinden, bieten, so dass das Annehmen von Anrufen über Tasten am Lenkrad möglich ist. Und wer selbst anrufen will, kann dem System die Zahlen per Sprache diktieren, ohne dabei den Blick von der Straße zu nehmen. &bdquo;Ich hatte bis jetzt noch keine Zeit, das einzurichten“, entschuldigt sich ein Fahrer. Doch oft haben die Verkehrsteilnehmer das Smartphone in der Hand, um es als Navi zu nutzen. So will die Mitarbeiterin eines Pflegedienstes das Gerät &bdquo;in diesem Augenblick in die Halterung stecken“, als sie dabei gesehen wird. Sie ist dabei aber schon längst auf der Bünder Straße in Eilshausen unterwegs. &bdquo;Wir wissen natürlich auch, dass die Mitarbeiter der Pflegedienste einen engen Zeitplan haben“, sagt Willi Kreft. Aber letztlich mache das bei einem Unfall aus Unachtsamkeit keinen Unterschied. Oft wird am Freitagmorgen die Nutzung des Smartphones abgestritten. &bdquo;Meistens sieht man aber auf dem Beifahrersitz noch, dass das Display leuchtet, weil das Handy gerade erst genutzt wurde. Wir müssen allerdings aufpassen, wenn jemand ein privates und ein dienstliches Smartphone bei sich führt. Wollen wir kontrollieren, wann es zuletzt genutzt wurde, müssen wir beide Geräte in Augenschein nehmen“, erklärt der Polizeihauptkommissar. Insgesamt sind es zwölf Vergehen wegen der &bdquo;Nutzung von Geräten, die der Kommunikation dienen“ innerhalb von zwei Stunden. Niederländer nehmen Strafe freundlich an In vier Fällen ist der Sicherheitsgurt nicht angelegt – oder wird gerade angelegt, als Willi Kreft im Kreisverkehr in Eilshausen vor dem Fahrzeug auftaucht. &bdquo;30 Euro sind doch da nicht angemessen“, sagt ein älterer Mann, der nur eine Kopie seines alten Führerscheins mit sich führt, weil er fürchtet, das Original zu verlieren. &bdquo;30 Euro, weil ich nicht angeschnallt war.“ Dann konstruiert er den Zusammenhang zur Wahl der AfD. Bei bester Laune hingegen sind zwei niederländische Schrottsammler, deren Ladung auf der Ladefläche nicht gesichert ist. &bdquo;Hier fehlt außerdem die Reisegewerbekarte, die zum Beispiel Schrottsammler immer bei sich führen müssen“, sagt Willi Kreft. Der Fahrer beteuert, sie zuhause zu haben, nimmt aber ansonsten freundlich die Strafe wegen der nicht gesicherten Ladung und wegen des fehlenden Dokuments entgegen. Bei einer weiteren Kontrolle, bei dem sich das Team am Freitag vorrangig auf Lkw konzentriert, stechen neben der Handynutzung vor allem ungenügend gesicherte Kraftstoffkanister und Verstöße gegen das &bdquo;Personalfahrrecht“ auf. &bdquo;In drei Fällen haben die Fahrer nicht genügend Pausen eingelegt“, so Kreft. Bei einem ergibt die Auswertung seiner digitalen &bdquo;Tachokarte“ eine so deutliche Überschreitung der Fahrzeiten, dass er rund 700 Euro Strafe zahlen muss. Ein Rekordhalter unter den Lkw-Fahrern Ein Problem, das im Transportgewerbe seit Jahren besteht. Beim Auslesen der elektronischen Karten werden die vergangenen 28 Tage von der Software berücksichtigt. Einen der Negativrekorde markiert ein heute 71-jähriger Niederländer, den vor einigen Jahren unter anderem auch Willi Kreft mit Kollegen kontrollierte. 15 der zu dem Zeitpunkt vergangenen 28 Tage zeigte das Kontrollprogramm rot an. Nachdem alten Punktesystem wären damals wegen Tempo- und Ruhezeitenverstößen auf einen Schlag 16 Punkte und 1.020 Euro Bußgeld fällig gewesen. Punkte hatte der Holländer hier damals zwar nicht zu erwarten und nachdem die Beamten alle Verwarngelder bis 10 Euro aus den elektronischen Aufzeichnungen herausgerechnet hatten, blieben noch 720 Euro übrig. &bdquo;Für manchen Fahrer ist das ein halber Monatslohn“, sagt einer der Beamten.

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