Baby in Bünde in die Tiefe geworfen: Mutter schildert die Tat

Bünde/Bielefeld. Das Kind hätte schwerste Verletzungen davontragen, möglicherweise sogar sterben können – doch wie durch ein Wunder überlebte ein damals drei Monate alter Säugling das, was ihm im März dieses Jahrs in seinem Elternhaus in Bünde widerfuhr: Seine Mutter befand sich an jenem Tag unter dem akuten Einfluss einer Psychose und warf das Kind über das Geländer einer Empore. Doch fing eine Deckenleuchte den Sturz des Jungen ab. Nun muss sich die Mutter für das Geschehen, das die Staatsanwaltschaft als versuchtes Tötungsdelikt einstuft, vor dem Bielefelder Landgericht verantworten. In der Verhandlung vor der I. Großen Strafkammer des Bielefelder Landgerichts wirkt Saskia N. (Name geändert) reflektiert. Sie räumt ein, etwas nervös zu sein, doch berichtet sie ruhig von dem, was am 21. März im Haus der Familie N. in Bünde geschehen ist. Oder besser gesagt: von dem, was sie davon noch in Erinnerung hat. Sie sei damals morgens ganz normal aufgestanden, doch dann sei es auch schon losgegangen: &bdquo;Ich kann mich nur schemenhaft daran erinnern, aber ich war habe mich völlig anders gefühlt. Ich war in einer ganz anderen Welt. Ich habe das nicht verstanden, es war das erste Mal.“ An diesem Tag war Saskia N. offenbar akut psychotisch. &bdquo;Eine Stimme sagte mir, ich sei frei und müsse nie wieder arbeiten. Und dann habe ich völlig verrückt gespielt“, sagte sie vor Gericht. So habe sie die Glasscheiben im Haus der Familie beschmiert, sich die Haare mit der Klobürste gekämmt und sich eine volle Puddingschüssel auf den Kopf gesetzt und dazu getanzt – während sie den herunterlaufenden Pudding auf dem Fußboden verteilte. Erinnerungen nur verschwommen An das, was dann passierte, hat Saskia N. nur noch verschwommene Erinnerungen. Kurz zuvor war ihr Ehemann von der Arbeit nach Hause gekommen. Diesem gab sie zunächst unvermittelt und ohne Anlass eine Ohrfeige, dann schlug sie ihm mit der Faust ins Gesicht. Offenbar war Saskia N. der Meinung, sie und ihre Kinder könnten schweben. Und so warf sie ihren drei Monate alten Sohn über das Geländer einer Empore in Richtung des etwa vier Meter tiefer liegenden Fliesenbodens. Es war unglaubliches Glück, dass der Sturz des Säuglings durch eine herunterhängende Deckenleuchte abgebremst wurde und der Junge schließlich auf den Wohnzimmertisch fiel. Er trug lediglich einen Kratzer, Beulen und kleine Hämatome davon – alles Kleinigkeiten im Vergleich zu dem, was hätte geschehen können. Der Vater der Kinder lief sofort zu dem Säugling, rief dann den Notarzt, öffnete die Tür, damit die ebenfalls informierte Polizei eintreten könne – und rannte wieder zur Empore, auf der seine Frau nun die kleine Tochter des Paars an den Armen gefasst hatte und über das Geländer hielt. Der Mann zog das Kind wieder nach oben und drückte seine Frau auf den Boden. Dabei biss sie ihn, weil sie glaubte, er sei kein Mensch, sondern ein programmiertes Wesen. Saskia N. kam in eine Klinik, wo sie derzeit medikamentös offenbar gut eingestellt ist. Das Bielefelder Landgericht hat nun darüber zu befinden, ob sie unbefristet in einem psychiatrischen Krankenhaus bleiben muss, ob krankheitsbedingt weiterhin eine Gefahr für die Allgemeinheit von ihr ausgeht. Denn strafrechtlich belangt werden kann N. nicht: Aufgrund des akuten psychotischen Geschehens war ihre Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit wohl aufgehoben. Das Urteil wird für den 29. September erwartet.

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