Bünder Tageseltern fordern mehr Geld: „Die Erzieher bekommen eine Tariferhöhung und wir einen Fußtritt“

Bünde. Bitte anschnallen: Der &bdquo;Kinderbus“ fährt los. Wenn Tagesvater Markus Stief die tägliche Tour mit dem Sechsitzer macht, wollen in der Regel alle fünf Kinder mit, die er gerade in seiner Betreuung hat. Und auch für seinen Sohn Leonard ist noch ein Platz in dem umgebauten Anhänger zum Ziehen. Auf der Tour um den Block wird jedem Fußgänger und jedem Auto gewunken. &bdquo;Man kennt mich und den Bus hier schon“, sagt der Bünder und schmunzelt. Und wenn ein Traktor vorbei fährt, wird angeregt darüber diskutiert, ob es nun ein Traktor oder ein Trecker war. &bdquo;Ich habe die richtige Entscheidung getroffen“, sagt der 43-Jährige. Ein Tagespflegevater zu sein, sei erfüllend, er sei nicht mehr so ausgebrannt und das Wichtigste: Er hätte mehr Zeit für seine Kinder. Stief wechselte 2021 von einem gut bezahlten Bürojob in die Kindertagespflege. Ihm sei bewusst gewesen, dass er in dieser Branche nicht so viel verdienen würde, aber das Geld habe gereicht – wenn nicht die Inflation dazwischen gekommen wäre. Deshalb sei er in der gleichen Lage wie alle anderen Angestellten, die gerade auf die Barrikaden gehen und streiken. Nur: Stief ist nicht angestellt, er ist selbstständig. Und während die Erzieher nach ihrem Streik eine Tariferhöhung erhalten hätten, hätten er und die anderen Tagespflegepersonen in Bünde einen &bdquo;Fußtritt“ bekommen, sagt er. Bündnis stellt gemeinsam einen Antrag Markus Stief hat nämlich in Zusammenarbeit mit dem Bündnis der Tagespflege in Bünde einen Antrag bei der Stadt gestellt, in dem die Tagespflegepersonen mehr Geld vom Jugendamt fordern. Dieser Antrag soll im Jugendhilfeausschuss am kommenden Montag, 19. Juni, besprochen werden. Doch die Stadtverwaltung hat daraus einen Beschlussvorschlag gemacht, der besagt, dass man das Thema &bdquo;nach hinten schiebt“. Die Verwaltung sei schon seit Anfang des Jahres dabei, die Richtlinien zur Kindertagespflege in der Stadt Bünde als Ganzes zu überarbeiten, steht in dem Schreiben. Im August finde ein Workshop mit Kindertagespflegepersonen statt, um sich dann auch ihre Wünsche dazu anzuhören. Erst dann werde ein erster Entwurf dem nächsten Jugendhilfeausschuss vorgelegt. &bdquo;Wir brauchen das Geld jetzt“, sagt der Vater von sieben Kindern. Er fühlt sich vertröstet. Denn am gleichen Abend soll ein ähnlicher Beschlussvorschlag diskutiert werden. In dem möchte die Verwaltung die Elternbeiträge erhöhen. Wenn der Antrag beschlossen wird, müssen Eltern dann schon zum 1. August mehr bezahlen und das gelte dann gleichermaßen für Kindertageseinrichtungen sowie für die Tagespflege. Gehalt unterm Mindeslohn &bdquo;Wenn es um die Elternbeiträge geht, sind wir, die Tagespflegepersonen und die Einrichtung, also gleichwertig“, fasst Stief zusammen. &bdquo;Bei der Bezahlung sieht es aber ganz anders aus.“ Eine Kita würde mehr als das Doppelte pro Kind erhalten. Unter anderem geht es ihm um die Sachaufwandszulage, die der Bund nun im April 2023 von 300 Euro auf 400 Euro erhöht hat. Diese Zulage pro Kind und pro Monat gilt seit 2013 als steuerliche Betriebskostenpauschale – rückwirkend ab Januar 2023. Dem kommunalen Jugendamt beziehungsweise der Stadt wird aber ein eigener Gestaltungsspielraum überlassen. Die Tagespflegepersonen fordern demnach jetzt eine &bdquo;angemessene“ Erhöhung der laufenden Geldleistungen. Außerdem soll die Stadt transparent machen, wie sie die Beträge errechnet, die sie an die Tagespflegepersonen auszahlt. 11,99 Euro habe Stief errechnet, bekomme er pro Stunde. &bdquo;Das ist noch nicht einmal der Mindestlohn“, sagt er. Damit rutsche er im Alter ganz sicher in die Grundrente. Das werde vielen Tagespflegepersonen so gehen, und dann hat niemand was davon, sagt er. Drei Kindertagespflegen machen dicht Tagespflegepersonen seien privat in der Haftung, machen gleich mehrere Jobs, wie das Übernehmen der Erziehung, die Bildungsdokumentation, die Büroarbeit eines Kita-Leiters und arbeiten genauso lange wie die Eltern auch – aber das scheine noch nicht so in der Gesellschaft angekommen zu sein, sagt Stief. Die Wertschätzung fehle noch sehr. Kein Wunder also, dass es in der Stadt Bünde kaum neue Kindertagespflegestellen gibt – obwohl sie doch so händeringend gebraucht werden, sagt er. Im Gegenteil: Stief weiß von mindestens drei Kindertagesstellen, die jetzt geschlossen hätten. Vielleicht sollte sich die Stadt dann einmal Gedanken darüber machen, warum das so ist und was sie machen kann, um das Berufsfeld attraktiver zu machen, so der Tagesvater.

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