Zerstörung in Bünde und Rödinghausen: Automatensprenger werden immer gefährlicher

Bünde/Rödinghausen. An einem warmen Juni-Abend im vergangenen Jahr reißt ein lauter Knall die Anwohner an der Bruchstraße in Rödinghausen aus dem Schlaf. Nur wenige Augenblicke später rast ein Auto mit hoher Geschwindigkeit in Richtung Autobahn 30. Die Insassen des Fahrzeugs: Automatensprenger, mutmaßlich aus den Niederlanden, die in der Sparkassen-Filiale schere Verwüstungen und einen hohen Schaden hinterlassen. Die Zahl der Angriffe auf Banken nimmt seit Jahren zu, und die Täter werden immer gefährlicher. Das Bundeskriminalamt geht davon aus, dass vergangenes Jahr so viele Automaten gesprengt wurden, wie noch nie. Darauf reagieren nicht nur die Ermittler, sondern auch die heimischen Banken. Am 30. Januar möchte die Sparkasse Herford einen Selbstbedienungspavillon in Spradow in Betrieb nehmen. Er soll die Automaten in der SB-Filiale am Konrad-Adenauer-Kreisel ersetzen. Mit der Maßnahme sollen die Immobilie und die Gesundheit der Mieter, die über der Filiale leben, geschützt werden. Denn immer häufiger setzen die Kriminellen Sprengstoffe ein, um an das Geld in den Automaten zu gelangen. &bdquo;Im Jahr 2021 wurden bereits mehr als zwei Drittel der Taten in NRW mittels so genannter Blitz-Knall-Körper begangen“, teilt das Landeskriminalamt in Düsseldorf mit. Im vergangenen Jahr wurden sogar in 87 Prozent aller Fälle Sprengstoffe eingesetzt. Gefährliche Sprengstoffe genutzt Blitz-Knall-Körper hören sich harmlos an, wie ein besserer Silvesterknaller. Doch tatsächlich handelt es sich um scharfe Sprengstoffe mit durchschlagender Wirkung. Ermittlungen zeigen, dass Täter teilweise Material benutzen, dessen Sprengkraft selbst eine massive Tresortür zerstören kann. Nicht selten werden dadurch ganze Gebäude schwer beschädigt – inklusive Geschäftsräume und Wohnungen in umliegenden Immobilien. So ist eine Sparkassen-Filiale im niedersächsischen Teil von Bruchmühlen, die im Februar 2022 Ziel von Automatensprengern wurde, aufgrund des massiven Schadens am Gebäude derzeit immer noch geschlossen. Verletzt wurde bei Sprengungen im Bünder Land sowie im angrenzenden Melle bisher niemand. Noch nicht. &bdquo;Es ist ein Wunder, dass es noch keine Toten gab“, sagte zuletzt ein zuständiger Fahnder aus Hessen gegenüber der Zeitung &bdquo;Welt“. Denn durch eine Sprengung mit den bisher eingesetzten Stoffen ist laut des Landeskriminalamtes mit Gefahren durch Splitter und Trümmern zu rechnen. Diese erreichen laut den Ermittlern &bdquo;Durchschlagskräfte, denen auch massiv verbaute Hauswände oder Fensterscheiben nicht standhalten“. Gefahren für Leib und Leben Die Spezialisten der Polizei rechnen damit, das &bdquo;zukünftig erhebliche Gefahren für Leib und Leben unbeteiligter Dritter nicht ausgeschlossen werden“ können. Doch nicht nur die Sprengstoffe sind gefährlich, auch die Fluchtfahrten der Täter, die die Tatorte meist mit hohen Geschwindigkeiten in PS-starken Autos verlassen, bringen Menschen in Gefahr. Um den Kriminellen, die mehrheitlich aus marokkanischen-niederländischen Gruppen stammen sollen, besser auf die Schliche zu kommen, haben sich die LKA-Experten mittlerweile in einer Einsatzkommission mit dem Namen &bdquo;Heat“ zusammengeschlossen. Der Grund: Nordrhein-Westfalen gilt als Hotspot der Automatensprenger. Allein 152 Mal haben Kriminelle im Jahr 2021 in NRW versucht, einen Geldautomaten illegal mit Gas oder Sprengstoff zu öffnen. Damit belegt Nordrhein-Westfalen im Vergleich der Bundesländer mit Abstand den ersten Platz. Hessen folgt mit 56 Sprengversuchen auf Rang zwei, Platz drei belegt Niedersachsen mit 55. NRW ist Hotspot der Kriminellen Doch warum schlagen die Täter vermehrt in NRW zu? Laut dem LKA spielt die Anzahl der Geldautomaten eine Rolle. Allein 10.000 gibt es derzeit in Nordrhein-Westfalen. Dazu kommt die Infrastruktur, die den kriminellen Banden ihre Diebestour leicht macht. &bdquo;Das gut ausgebaute Autobahnnetz und die hohe Abdeckung an Geldautomaten auch im ländlichen Raum, begünstigen diese Form der Kriminalität zusätzlich“, sagt Udo Rechenbach vom Landeskriminalamt. Die beste Lösung, um die Angriffe auf die Automaten zu verhindern, wäre der Abbau. Das dürfte in Deutschland, wo viele Menschen mit Bargeld zahlen, aber nicht realistisch sein. Um die Zahl der Angriffe auf Geldautomaten zu minimieren, hilft das Landeskriminalamt. &bdquo;Die Polizei NRW hat für die Geldautomaten in Nordrhein-Westfalen eine Risikoanalyse erstellt“, sagt Rechenbach. Die daraus entstandenen Schutzmaßnahmen sind den Banken mitgeteilt worden. Und nun sind die Geldinstitute am Zug. &bdquo;Die Umsetzung der Handlungsempfehlungen des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen liegt im alleinigen Zuständigkeitsbereich der Banken“, sagt Rechenbach. So schützt sich die Sparkasse Herford Bei der Sparkasse setzt man unter anderem auf die Lösung mit den Pavillons. Zwei dieser SB-Filialen sind in Löhne sowie Hiddenhausen bereits in Betrieb genommen worden. Ein weiterer Pavillon soll im Laufe des Jahres in Bruchmühlen dazu kommen. Um die kleinen SB-Filialen vor Kriminellen zu schützen, hat man sich auch bei der Sparkasse Herford an den LKA-Vorschlägen orientiert. So besteht der Pavillon aus einer robusten Stahlbeton-Konstruktion. Zudem ist die Architektur so gestaltet, dass Schäden im Fall einer Sprengung begrenzt werden sollen. Die Polizei empfiehlt zudem, die Automaten nachts nicht mehr für den Publikumsverkehr zu öffnen. Daher ist die SB-Stelle in Spradow von Mitternacht bis 5 Uhr am Morgen geschlossen. Ob diese Maßnahmen die Täter künftig aufhalten werden, muss die Zeit zeigen.

Meistgelesen