Lahmender Hochwasserschutz?

Man kann schon fast die Uhr danach stellen: Unter dem Tagesordnungspunkt &bdquo;Anfragen von Ratsmitgliedern“ steht Jörn Döring (UWG) auf, tritt ans Mikrofon und stellt seit einiger Zeit immer die selbe Frage: &bdquo;Was ist eigentlich mit der Hochwassersimulation für die gefährdeten Gebiete in Bünde?“ Und in der Tat erscheint es so, als komme nichts voran – während den Betroffenen – vorwiegend in Hunnebrock – zwischenzeitlich schon das ein oder andere Mal wieder der Atem stockte, als ein Unwetter nahte. Und das wohl auch nicht ganz ohne Grund, wie Döring darstellte. Er sei von Anwohnern aus Hunnebrock, die im vergangenen Jahr stark betroffen waren, angesprochen worden, dass Bäche in dem betroffenen Gebiet wohl schon wieder zugewachsen seien. Stellen, die man im vergangenen Jahr als potenzielle Ursache dafür ausmachte, dass das Oberflächenwasser nicht abfließen konnte und über die Grundstücke in die Häuser floss. Wie sich das Wasser bei einem Unwetter in verschiedenen Ausprägungen zumindest rechnerisch verhält, soll eine von der Stadt in Auftrag gegebene Computersimulation zeigen, auf der nach wie vor große Hoffnungen liegen. Sie soll Aufschluss über Fließrichtung und Fließgeschwindigkeit geben – und auch darüber, wo entlang das meiste Wasser fließt. Damit will man gezielter handeln können. Was ist mit der Hochwasser-Computersimulation? In Auftrag gegeben wurde diese Simulation allerdings schon 2019 und im vergangenen Jahr wurde sie seitens der Stadtverwaltung – oft auch in Person der Bürgermeisterin – mehrfach als ein gutes Werkzeug im Hochwasserschutz angepriesen. Doch was ist seit dem passiert? Bei den Hochwasseropfern in Hunnebrock liegen nach wie vor die Nerven blank – einige resignieren ob der vielen Worte aus dem Rathaus. Ein Beispiel aus einer Bürgerversammlung im vergangenen November mit der Bürgermeisterin, weiteren Vertretern der Stadtverwaltung und Hochwasser- und Klimaexperten: Nach 94 Minuten meldete sich zum ersten Mal einer der betroffenen Hunnebrocker mit den Worten &bdquo;Uns interessiert heute Abend nicht das Klima und wie so ein Starkregen zustande kommt. Wir wollen konkrete Antworten darauf, was die Stadt tun will, damit wir solche Schäden künftig nicht mehr haben.“ Eine mehr als nur verständliche Reaktion, zumal damals die Erinnerungen – obwohl auch schon fünf Monate alt – noch präsenter waren als heute. Tief sitzen diese Erinnerungen – und auch die Angst – aber auch heute noch, denn die Schäden gingen überwiegend in hohe fünfstellige Euro-Bereiche. Zum Teil waren sie auch sechsstellig. Hilfsgelder deckten nur einen Bruchteil der Schäden Zwar flossen auch Hilfsgelder aus Düsseldorf, doch deckten die nur einen Bruchteil dessen ab, was den Menschen abhanden gekommen war – und auch nur die materiellen Schäden. Der Gedanke an eine Wiederholung der Geschehnisse sitzt bei vielen so tief, dass sie sich nicht trauen, in den Urlaub zu fahren. Doch wie auch schon vor Monaten in der Bürgerversammlung hieß es auf Dörings Frage an die Bürgermeisterin in der Ratssitzung am Mittwochabend abermals, dass man intern Gespräch führe und dass man mit der Simulation vorankomme. Niemand kann ernsthaft glauben, dass dieses Thema im Rathaus nur noch beiläufig behandelt wird. Aber die Aussage vor Monaten war, dass es ganz oben auf der Prioritätenliste steht. Davon ist allerdings gerade nicht viel zu merken – besonders wenn man bedenkt, dass neuralgische Stellen in Bächen tatsächlich wieder zugewachsen ein sollen. Es ist sicher korrekt, dass in erster Linie jeder Grundstückseigentümer selbst für den Schutz seines Eigentums vor Überschwemmung verantwortlich ist. Aber wenn Erwartungen bei den Betroffenen geweckt werden, wäre es fatal, diese Erwartungen nicht auch wachzuhalten. Und das funktioniert am besten durch Kommunikation, durch Zuspruch, den die meisten der Betroffenen aber offensichtlich nach wie vor vermissen. Wie denken Sie darüber? Ich freue mich auf Ihre Anregungen unter gerald.dunkel@nw.de

Meistgelesen