Anwalt prüft mögliche Videoüberwachung in Bünde

Bünde. Als vor zwei Jahren Kinder von einem Unbekannten vor ihrer Grundschule aus einem Auto heraus angelockt worden sein sollen, gerieten Eltern in Angst. Einige verlangten nach mehr Polizeikontrollen, andere setzten auf einen privat finanzierten Sicherheitsdienst und einige verlangten, die Bereiche rund um Schulen mit Kameras zu überwachen. Zumindest um den Unbekannten wurde es dann schnell wieder ruhig. Das Thema Videoüberwachung blieb wochenlang in aller Munde. Anfang 2020 forderten die Bünder Christdemokraten, öffentliche Plätze und Bereiche an Schulen mit Kameras zu überwachen. In den Augen der politischen Gegner sind das &bdquo;Überwachungsfantasien“. So nannte es Alexander Kalteis von der Linken. Jetzt sollen Kameras immerhin auf städtischen Grundstücken eingesetzt werden. Hintergrund sind laut dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Vandalismus, Drogenhandel und nicht zuletzt auch Angriffe auf Personen. Im CDU-Antrag für den Verwaltungsrat der Kommunalbetriebe im vergangenen November begründete Martin Schuster seine Forderung mit dem &bdquo;hinterhältigen Raubüberfall [...] am Stadtgarten, der für das Opfer nicht nur ökonomische, sondern auch körperliche Schäden bedeutet“. Für ihn war dadurch die &bdquo;offensichtliche Notwendigkeit für eine verantwortungsvolle Ausstattung mit Video-Sicherheitstechnik für öffentlich genutzte Gebäude“ gegeben. Auch die Brandstiftungen an der Kita Krempoli, der Vandalismus an Autos oder auch die Zerstörung einer Schaufensterscheibe am Stadtmarketingbüro nannte Schuster. Bislang scheiterte es in den Diskussionen an einer möglichen Verletzung der Persönlichkeitsrechte von unbescholtenen Personen, die von den Kameras aufgezeichnet werden könnten. Im März 2021 stand die Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen noch auf der Tagesordnung des Haupt- und Finanzausschusses. Dirk Zühlke, Chef der Polizei im Kreis Herford, verdeutlichte, dass eine Überwachung für seine Behörde bedeuten würde, dass Beamte die Kamerabilder ständig live sichten müssten. &bdquo;Eine Videoüberwachung muss immer in ein Gesamtkonzept eingebunden sein. Sie kann nicht allein stehen. Es ist aber auch gesetzlich vorgeschrieben, dass bei einer Live-Überwachung 24 Stunden täglich an sieben Tagen in der Woche Personal die Bildschirme im Blick haben muss.“ Eine Videoüberwachung für Bünde sei auch deshalb nur &bdquo;schwer bis gar nicht darstellbar“, so der Polizeichef. &bdquo;Persönlichkeitsrechte dürften hierbei gewahrt bleiben“ Schuster argumentiert aber nun, dass die Kameras nicht den öffentlichen Raum, sondern ausschließlich städtische Liegenschaften filmen sollen – also dem Objektschutz dienen. &bdquo;Dadurch dürfen die Persönlichkeitsrechte einzelner Personen gewahrt bleiben“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende. Dabei gehe es lediglich um die Aufnahme und keine Live-Überwachung. Im Gespräch mit der Neuen Westfälischen sagte Schuster: &bdquo;Wir haben jetzt mehrere Anläufe gebraucht, die vorwiegend am Datenschutz hängen blieben. Auch als wir forderten, den Bahnhof mit Kameras zu überwachen, um Reisenden ein Gefühl der Sicherheit zu geben, wurde das aus datenschutzrechtlichen Gründen abgelehnt. Zwei Wochen später war dann aber zu lesen, dass die Bahn den Bahnhof mit Kameras überwacht und dabei mit dem Hausrecht argumentiert wurde. Das gleiche gilt auch für die Liegenschaften der Stadt Bünde und ihrem Hausrecht.“ Werden Orte des Handelns so nicht nur verlagert? Dazu zählen neben dem Rathaus, dem Gelände der Kommunalbetriebe oder der Kläranlage auch die öffentlichen Schulen. Von Vandalismus können die Angehörigen der Realschule Bünde-Nord und des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums allein aus dem vergangenen Jahr ein trauriges Lied singen. Unbekannte zerstörten Bänke und Spielgeräte, schlugen Scheiben ein oder verbrannten eine von Schülern aufgehängte Regenbogenflagge, die für Vielfalt in ethnischer, sexueller und geschlechtlicher Sicht steht. Vermutlich ist es auch ein offenes Geheimnis, dass vor allem am Schulzentrum Nord von Schülern ein gewisser Handel mit Cannabis und anderen Drogen betrieben wird. Aber würde Überwachung besonders mit Blick auf das Dealen die Orte des Handelns nicht nur verlagern? Schuster: &bdquo;Das ist immer das Argument, dass man gewisse kriminelle Aktivitäten durch Videoüberwachung nur in andere Bereiche verlagert. Ich weiß nicht, ob das immer so stimmt. Aber Vandalismus und Drogenhandel haben schon gar nichts auf einem Schulgelände zu suchen. Schulgelände sind Orte, wo sich ein Kind frei und sicher bewegen können muss. Das ist eine Verantwortung, die wir da haben. Schule ist Zufluchtsort und Lebensmittelpunkt für die Kinder. Und da sollen sie auch gute Erfahrungen machen.“ "Wir dürfen bei Eltern aber keine Ängste schüren" Martin Schuster will diese Forderung besonders für Schulgelände nicht missverstanden wissen und betont: &bdquo;Es hat immer irgendwo Raucherecken auf Schulhöfen gegeben, aber ich bin schon der Meinung, dass wir als Schulträger die Verantwortung haben, den Eltern und Kindern das Gefühl zu geben, dass Schule ein Ort ist, an dem das Kind sicher ist, ohne da Ängste bei den Eltern zu schüren. Ich bin der Meinung, dass wir sichere Schulen und aufmerksame Kollegien haben, aber man kann seine Augen halt nicht überall haben.“ Die Grenze zum öffentlichen Raum müsse dabei laut Schuster natürlich beachtet werden. Kameras dürften also nicht von einem Gebäude auf die Straße gerichtet sein. &bdquo;Ich hoffe hierbei ja, dass wir das jetzt solide und emotionsfrei umsetzen können und damit vielleicht auch den ein oder anderen Erfolg an verschiedenen Stellen der öffentlichen Liegenschaften erzielen. Vielleicht setzt dann auch mal ein Umdenken ein. Auf der anderen Seite wollen wir ja auch nicht ganz Bünde mit Videokameras überwachen und alle Menschen unter einen Generalverdacht stellen“, sagt Martin Schuster. Ganz aus dem Kopf ist die Überwachung von so genannten &bdquo;kritischen öffentlichen Orten“ also offenbar noch nicht. Den Antrag der CDU im Verwaltungsrat hat das Gremium mit 12 zu 4 Stimmen angenommen. Darin beinhaltet war die Beauftragung eines Juristen, der auf das Gebiet der Sicherheitsüberwachung spezialisiert ist. In einer ersten Stellungnahme wies er darauf hin, dass &bdquo;unter bestimmten Voraussetzungen eine Videoüberwachung in Frage kommen kann“. Im weiteren Schritt ist eine Auswahl vorzunehmen, bei welche Objekten exemplarisch der Einsatz von Videoüberwachung geprüft werden soll. Im weiteren Verlauf soll der Jurist die Erstellung eines Sicherheitskonzepts zur Zulässigkeit von Videoüberwachungstechnik an &bdquo;einzelnen Plätzen und Objekten in der Stadt Bünde“ begleiten.

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