Mutmaßlicher Brandstifter fühlt sich vom Fernseher überwacht

Bünde/Kirchlengern/Bielefeld. Viel ist über den Bünder, der für ein Feuer auf dem Gestüt Falkenhöh in Kirchlengern verantwortlich sein soll, bisher nicht bekannt. Ende Februar ist der 31-Jährige von der Polizei in der Nähe des Rathauses festgenommen worden. Zuvor klirren mehrere Fensterscheiben in der Innenstadt, eingeworfen mit Steinen. Auch diese Tat soll der Straßenbauer begangen haben. Doch wer ist der Mann, der sich dafür vor dem Bielefelder Landgericht verantworten muss? Eine Spurensuche. Eine Frau, die bis zum Jahr 2019 gemeinsam in einem Haus mit dem Angeklagten gelebt hat, berichtet über das angespannte Nachbarschaftsverhältnis. Die Rentnerin wohnt im Erdgeschoss eines Hauses, der 31-Jährige lebt zu dem Zeitpunkt gemeinsam mit seiner Mutter im Obergeschoss. "Ich war froh, dass er irgendwann ausgezogen ist. Das muss ich ehrlich zugeben", sagt die 64-Jährige über den jungen Mann, der sie "regelmäßig terrorisiert" haben soll. Häufig sei in dieser Zeit auch die Polizei im Haus gewesen. Haustür mit Steinen eingeworfen Der Frau ist besonders ein Vorfall vom September 2019 in Erinnerung geblieben. Von oben habe der Bünder immer gegen die Wände geklopft. Mehrere Stunden habe sie sich das gefallen lassen, den Nachbar dann zur Rede gestellt. "Da kam er wie von Sinnen die Treppe heruntergerast und hat mich übelst beschimpft. Ich habe daher auch sehr große Angst vor ihm. Er hat mir einige Sachen angedroht", sagt die Frau. Im Januar 2021 wird die Haustür der Frau mit Steinen eingeworfen. Als die Polizei sie fragt, ob sie einen Verdacht hat, wer für die Tat möglicherweise infrage kommen könnte, teilt sie der Polizei den Namen des ehemaligen Mieters mit. Gemeinsam mit seiner Mutter und der Cousine lebt der 31-Jährige anschließend in einer Wohnung in der Bünder Innenstadt. Die Wohnung wird im Frühling zweimal von der Polizei durchsucht. Das erste Mal, als der Bünder im Februar festgenommen wird. Ein weiteres Mal kommen Beamte, weil der Straßenbauer in Verdacht geraten ist, im Januar mehrere Rauchbomben in einen Supermarkt in Bielefeld gezündet zu haben. Bilder von Rauchbomben auf dem Handy Videoaufnahmen zeigen, wie ein Mann, der dem Bünder sehr ähnlich sieht, Rauchbomben in den Gang des Supermarktes rollt. Kleidung, die der Täter auf dem Video trägt, wird später im Zimmer des Bünders gefunden. Auch die Auswertung des sichergestellten Handys des Mannes ergeben Indizien, dass es sich bei dem 31-Jährigen um den Täter aus dem Supermarkt handeln könnte. Auf dem Telefon findet die Polizei Bilder von Presseartikeln, die auf den Vorfall hinweisen, und von Rauchbomben, die bei der Tat benutzt worden sind. Seine Mutter und die Cousine, mit der der Mann in einer Wohnung lebt, haben von den Taten, die dem Bünder vorgeworfen werden, nichts mitbekommen. Man habe zwar wie in einer Wohngemeinschaft zusammengelebt und der Kontakt sei sehr eng gewesen. Ihr Sohn müsse aber allein klar kommen, sagt die Mutter des Mannes. Private Beziehungen zu Freunden habe er wenig gehabt, wie seine Cousine ergänzt. "Außer zur Familie hat er kaum Kontakte gehabt." "Er wirkte manchmal abwesend" Anfang des Jahres sei ihr Sohn irgendwie auffällig geworden, berichtet die Mutter. "Manchmal war er ein bisschen anders, wie kann ich das sagen, so verändert. Er wirkte manchmal so abwesend", sagt die 62-Jährige. Sie vermutet, dass ihr Sohn ein Problem mit Drogen haben könnte. Am Tag der Festnahme habe sie daher Kontakt zu einer Drogenberatungsstelle aufgenommen. "Ich wollte Hilfe und Beratung haben", sagt sie. Ihr Neffe habe ihr einige Wochen vorher erzählt, dass ihr Sohn Stimmen hören und Selbstgespräche führen würde. Weil vermutet wird, dass der Bünder unter einer mentalen Krankheit leidet, droht dem Mann die Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung. Doch wie kommt es zu der Einschätzung der Ermittler? Die Polizei findet bei einer Durchsuchung einen aufgeschraubten Fernseher. Gegenüber der Polizei gibt die Mutter an, dass ihr Sohn sich von dem Gerät überwacht gefühlt habe. Im Gericht gibt sie später an, dass sie diese Aussage nicht getätigt habe. Auch ein Zahnarztbesuch spielt eine Rolle. Dem Bünder ist ein Implantat eingesetzt worden. Ihr Sohn habe immer über einen Chip geredet, das habe sie aber nicht ernstgenommen. "Ich bin nicht darauf eingegangen. Tiere werden gechipt, aber Menschen doch nicht." Bünder äußert sich nicht Der 31-Jährige hat sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert - und wird vorerst auch keine Aussage machen. Am 6. Januar 2022 geht der Prozess weiter. Am dritten Verhandlungstag werden Staatsanwaltschaft und Verteidiger ihre Plädoyers halten. Beginn ist um 9 Uhr im Landgericht Bielefeld.

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