Debatte neu entfacht: Lettow-Vorbeck-Straße soll umbenannt werden

Bünde. Lange debattierten die Fraktionen 2017 darum, die nach dem deutschen General Paul von Lettow-Vorbeck benannte Straße in Bünde umzubenennen. Lettow-Vorbeck führte deutsche Truppen im Ersten Weltkrieg in Afrika, galt als Rassist und war laut einem Antrag der Grünen aus 2017 an den Verkehrsausschuss "am Völkermord an dem Volk der Herero und am Kapp-Putsch gegen die demokratische Reichsregierung maßgeblich beteiligt". Fast zwei Jahre stritten sich die Fraktionen im Stadtrat und laut einer Umfrage der Stadt Bünde entschied sich 2018 die Mehrheit der Anlieger dafür, den Straßennamen zu behalten, den die Antragsteller als "belasteten Straßennamen" bezeichneten. "Wir sollten an unserer Erinnerungskultur arbeiten, anstatt zu versuchen, unliebsame Zeugnisse der Zeit aus unserer Gegenwart zu verbannen", sagt damals CDU-Fraktionschef Martin Schuster. Nun gerät Lettow-Vorbeck erneut in den Fokus - allerdings mit veränderten Vorzeichen. Grünen-Fraktionsvorsitzende Stefanie Janßen-Rickmann schreibt stellvertretend für alle drei Fraktionen im Antrag: "Eine Person, die aufgrund eines rassistischen Überlegenheitsgefühls Raub und Terror nach Afrika brachte und sich als Wegbereiter des Nationalsozialismus hervortat, verdient es nicht, Namensgeber einer Straße unserer Stadt zu sein. Anti-Rassismus heißt hier, sich nicht mit dem Status Quo abzufinden. Wenn wir glaubwürdig nach einer faireren und gerechteren Welt streben wollen, braucht die Straße einen neuen Namen." In der Sitzung des Verkehrsausschusses am Mittwoch, 5. Mai, dürfte die Debatte erneut aufflammen. Eine Tafel soll Gründe für die Umbenennung erläutern Die Antragsteller wollen einerseits den Namen Lettow-Vorbeck verschwinden lassen und die Bünder an der Findung eines neuen Namens beteiligen. Darüber hinaus soll mit einer Tafel unter dem Straßenschild auf den früheren Namensgeber hingewiesen und die Gründe für die Umbenennung der Straße erläutert werden. Janßen-Rickmann zitierte in ihrem Schreiben Angela Davis, die sich in den USA für die Black-Power-Bewegung starkmachte und in den 1970er Jahren sagte: "In einer rassistischen Gesellschaft reicht es nicht, nicht-rassistisch zu sein. Wir müssen anti-rassistisch sein." Keine "Privatsache der Anlieger" Straßennahmen sind laut den Antragstellern auch keine "Privatsache der Anlieger". Weniger als 30 Privatpersonen habe man gezählt, die an der Straße gemeldet sind. Janßen-Rickmann: "Wir haben im Vorfeld geklärt, dass keine hohen Kosten auf die Anlieger zukommen. Zum Beispiel würde die Änderung der Meldeadresse im Personalausweis kostenlos vorgenommen." 2017 und 2018 gerieten in Bünde aber noch weitere Straßen mit Namen zweifelhaften Ruhms in die Diskussion. Doch auf die haben es SPD, Grüne und Linke nicht abgesehen, wie sie bekunden. "Der Antrag bezieht sich allein auf die Lettow-Vorbeck-Straße", so Stefanie Janßen-Rickmann. Jedenfalls "aktuell" strebe man hinsichtlich der anderen Straßen keine Umbenennung an. "Die betrifft insbesondere Straßennamen, deren vormaliger ideologischer Subtext mittlerweile nicht mehr präsent ist, wie Frühlingsweg, Saarlandstraße und Kameradschaft", so die Grünen-Fraktionsvorsitzende. 2018 lehnten mehr als 80 Prozent der antwortenden Anwohner eine Umbenennung ab Die Umbenennung soll nach der Forderung der Antragsteller erfolgen, sobald ein neuer und "angemessener Straßename gefunden wurde". Die Bünder seien aufgerufen, sich daran zu beteiligen. "Den Schulen und Bildungseinrichtungen bietet sich hier die Gelegenheit, anhand der deutschen Kolonialgeschichte und ihren aktuellen Wirkungen, ein kritisches Geschichtsbewusstsein zu entwickeln. Die hierdurch begünstigte Verbreitung anti-rassistischer Einstellungen wäre dann eine ebenso wünschenswerte wie logische Folge", heißt es in dem Antrag. Zur Information der Bürger hätten laut Janßen-Rickmann auch die Stadtbücherei und das Museum ihre Mitarbeit zugesagt. Aus der Diskussion um die Lettow-Vorbeck-Straße und weitere Straßen in Bünde initiierte die Stadt Bünde Ende 2018 eine Anwohner-Umfrage. Auch der Friedrich-Langewiesche-Weg, die Carl-Diem-Straße, die Wagenfeldstraße und Rudolf-Kinau-Straße galten als "belastet". Mehr als 80 Prozent der Antwortenden sprach sich jeweils gegen eine Umbenennung ihrer Straße aus. Nichts mehr verpassen: Abonnieren Sie den Newsletter für Bünde und erhalten Sie einmal wöchentlich die wichtigsten Nachrichten aus Ihrer Region per E-Mail.

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