Ein Jahr Corona-Pandemie im Kreis Herford: Chronik der Ereignisse

Bünde/Kirchlengern/Rödinghausen. Aus Italien bringt vor einem Jahr, am 6. März 2020, ein älteres Ehepaar das Corona-Virus mit nach Bünde. Es ist der erste bekannte Fall im Kreisgebiet. Der Ehemann zeigt Erkältungssymptome, das Ehepaar reagiert gleich richtig: Nach Absprache mit dem Hausarzt und dem Kreisgesundheitsamt begeben sich beide vorsorglich in häusliche Quarantäne. Das Virus breitet sich trotzdem aus und kommt auf anderen Wegen ins Bünder Land. In Deutschland ist über das Virus noch nicht viel bekannt. Das Lukas-Krankenhaus bereitet sich aber vor. Die NW-Redaktion fragt vor Ort nach und schreibt damals noch: &bdquo;Statistisch gesehen sterben an der normalen Grippe weltweit wesentlich mehr Menschen als am Corona-Virus, weil auch mehr Menschen daran erkranken." Als Referenzzahl ziehen die Mediziner damals die Grippe-Toten von 2017/18 heran, es starben 25.000 Menschen in jener Grippe-Saison. Was freilich noch nicht bekannt ist: 2020 werden in Deutschland 33.071 Menschen in der Statistik des Robert-Koch-Instituts als an oder mit Corona verstorben ausgewiesen. MÄRZ Am 7. März also beginnt mit diesem Fall die Corona-Krise auch im Bünder Land. Zu diesem Zeitpunkt heißt es noch &bdquo;Der Kreis Herford empfiehlt, über mögliche Absagen von Veranstaltungen mit größerem Besucheraufkommen im Einzelfall zu beraten. Auf jeden Fall solle ein Veranstalter im eigenen Interesse eine Risikoabwägung bezüglich des Teilnehmerkreises sowie der Art der Veranstaltung und des Ortes durchführen. Am 9. März wird eine Schülergruppe des Friedrich-List-Berufskollegs vorsorglich unter Quarantäne gestellt, als sie von einer Tirol-Fahrt nach Hause kommt. Während das Land NRW Versammlungen mit mehr als 1.000 Personen ab dem 10. März untersagt, titelt die Lokalredaktion Bünde an diesem Tag noch: &bdquo;Coronavirus: Veranstaltungen im Bünder Land sollen stattfinden". In diesem Monat jagt eine Nachricht die nächste, was am Montag gilt, ist Dienstag schon wieder überholt. So auch bei den Veranstaltungen. Nur einen Tag später schreibt die NW: &bdquo;Corona-Folgen: Veranstaltungen werden abgesagt". Noch bevor das neue Virus überhaupt alle Kommunen im Kreis erreicht, werden alle städtischen Veranstaltungen am 13. März kreisweit abgesagt. Gleichzeitig meldet der Kreis, dass eine zentrale Abstrichstelle eingerichtet werden soll. Die Bünder Lokalredaktion trägt täglich die Absagen zusammen. Einen Tag später wird das Betreuungsverbot bekanntgegeben. Nur Kinder von Eltern mit systemrelevanten Berufen dürfen die Kleinen in die Kitas und zu Tagesmüttern bringen. Am 17. März werden zwei Personen in Kirchlengern positiv getestet. Ab jetzt breitet sich das Virus auch hier aus. Am 19. März wird der erste Fall in Rödinghausen bekannt. Zu dem Zeitpunkt sind in Bünde bereits 14 Menschen infiziert, in Kirchlengern 5. An diesem Tag vermeldet die NW aber auch eine gute Nachricht. Der erste Patient aus Bünde hat Covid-19 überstanden und gilt als virenfrei. Am 13. März beginnt offiziell der erste Lockdown, am 18. März wird beschlossen, dass Geschäfte ab dem 23. März schließen müssen. In Bünde wird am 21. März ein Krisenstab eingerichtet. Nur drei Tage später gibt es erstmals 100 bekannte Corona-Fälle im Kreis Herford. Am 28. März ist in Kirchlengern der Höhepunkt der ersten Welle erreicht: 18 Personen sind in der Elsegemeinde infiziert. APRIL Am 1. April wird die Zahl der Infizierten in Rödinghausen erstmals zweistellig: Zehn Betroffene werden gemeldet. Es folgt eine Woche ohne Neuinfizierte, stattdessen werden am 7. April die ersten Genesenen aus der Wiehengemeinde gemeldet. Am 11. April meldet der Kreis Herford ans Robert-Koch-Institut insgesamt 29 Erkrankte in Bünde. Mehr sollen es in diesem Frühjahr aber nicht werden. Vielmehr kommt mit dem 15. April der Wendepunkt: Erstmals gibt es in der Elsegemeinde mehr Genesene als Erkrankte. 26 aktuell Infizierten stehen 28 Genesene gegenüber. Am 29. April stirbt das erste Mal ein Mensch im Bünder Land am Coronavirus: Ein 67-Jähriger aus Rödinghausen sei an Corona verstorben, teilt der Kreis Herford mit. Es handelt sich um den 6. Todesfall im Kreis Herford. MAI Mit der warmen Jahreszeit sinken die Zahlen deutlich: Am 14. Mai gibt es keine Infizierten in Bünde und Kirchlengern. Rödinghausen meldet eine bekannte Person, die sich mit Covid-19 angesteckt hat. In Bünde gelten 60 Personen als genesen, in Kirchlengern sind es 26, in Rödinghausen 14. Die Zahlen sollen vorerst so bleiben. Den restlichen Monat gibt es einen Fall in Bünde und einen in Rödinghausen. Kirchlengern bleibt sogar vom 14. Mai bis zum 8. August coronafrei. Und endlich gibt es auch wieder etwas Kultur: In Holsen eröffnet ein Autokino. Gezeigt wird &bdquo;Der Junge muss an die frische Luft", der verfilmten Autobiografie von Hape Kerkeling. Das Autokino ist so beliebt, dass es immerhin zwei Mal in die Verlängerung geht. JUNI Der nahende Sommer bringt weiter positive Nachrichten: In Bünde gibt es bis zum 22. Juni keinen aktuellen Corona-Fall. In Rödinghausen ist die letzte infizierte Person am 8. Juni genesen. Bis Ende September, genauer gesagt, bis zum 29., soll das in der Wiehengemeinde auch so bleiben. JULI Der Monat bleibt insgesamt unspektakulär. Zum Ende der Sommerferien steigen die Zahlen in Bünde leicht an, am 30. Juli gibt es elf bekannte Fälle. Auf Kreisebene wird über ein zweites Testzentrum in Bünde diskutiert. Denn: Reiserückkehrer, Mitarbeiter von Schulen und Kindertagesstätten sowie Kindertagespflegepersonen können sich ab jetzt kostenlos alle zwei Wochen auf das Coronavirus testen lassen. AUGUST Die Beschäftigen an den Schulen und in den Kitas sollen sich freiwillig und kostenlos testen lassen dürfen. Dafür reichen die bisherigen Testkapazitäten nicht aus. Darum eröffnet am Montag, 10. August, in Bünde an der Viktoriastraße das zweite Testzentrum des Kreises. SEPTEMBER Im gesamten September infizieren sich in Bünde gerade einmal fünf Menschen. Trotzdem überschreitet die Elsestadt den Wert von 100 Infizierten insgesamt und zwar am 24. September. In Kirchlengern werden über den gesamten Monat 15 Neuinfektionen gemeldet, in Rödinghausen gerade mal eine. Trotzdem trudeln auf Kreisebene die ersten Absagen für die Weihnachtsmärkte ein. OKTOBER Die Corona-Zahlen bleiben Anfang des Monats relativ niedrig: Am 1. Oktober gibt es in Kirchlengern fünf Infizierte, in Bünde vier und in Rödinghausen einen. Doch Landrat Jürgen Müller sagt auch: &bdquo;Wir haben seit einiger Zeit konstant höhere Zahlen an Neuinfizierten." Ein Aufreger sind die Falschangaben bei Restaurant- und Kneipenbesuchen. &bdquo;Da sitzt Donald Duck gemütlich mit Bibi Blocksberg am Tisch und lässt sich eine Pizza schmecken, während nebenan der Räuber Hotzenplotz, wohnhaft in der Krachmacherstraße, gerade sein drittes Bier bestellt", schreibt die NW damals als Beispiel für falsche Daten. Ein Bußgeld von 250 Euro droht bei einer Falschangabe. Am 10. Oktober wird bekannt, dass es den ersten Corona-Fall am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium gegeben hat. Die Mitschüler des Siebtklässlers müssen in Quarantäne. Mitte Oktober steigen die Corona-Zahlen – wie im Bundestrend – auch im Kreis Herford wieder an. Der Inzidenzwert erhöht sich auf 33. In Bünde gibt es sieben Fälle. Im Alten- und Pflegeheim Jacobi-Haus in Bünde gibt es einen Corona-Fall bei einer Mitarbeiterin, Bewohner stecken sich nicht an. Auch die Zahlen in Bünde steigen drastisch an: Am 19. Oktober gibt es erstmals seit April wieder 20 Infizierte. Da die Fälle wieder zunehmen, ziehen die ersten Vereine die Reißleine und sagen Veranstaltungen wie den Laternenumzug ab. Am 23. Oktober ist der Kreis ein &bdquo;Corona-Risikogebiet": Der Inzidenzwert steigt auf 55 – und liegt somit über der 50er Marke. &bdquo;Es ist auch im Kreis Herford nicht mehr kurz vor 12 Uhr – es ist 12 Uhr", sagt Landrat Jürgen Müller. In Bünde gibt es zu diesem Zeitpunkt 44 Corona-Fälle, in Rödinghausen 8 und in Kirchlengern 2. Vor allem in Bünde steigen die Fallzahlen: Wenige Tage später sind es 61 nachweisliche Corona-Infizierte. Am 27. Oktober sind es 109 Corona-Erkrankte in Bünde. Der Inzidenzwert steigt und steigt weiter. Er liegt am 27. Oktober bei 144, einen Tag später bei 161. Es kommt zum &bdquo;Lockdown light". Dazu schreibt die NW: &bdquo;Nun kommt es erneut zu einem Lockdown. Nicht ganz so heftig zwar wie das im Frühjahr der Fall war und nach jetzigem Stand der Dinge jedenfalls auch nicht so lang." Schwimmbäder, Kinos, Museen und die Gastronomie müssen für den Publikumsverkehr zum zweiten Mal schließen. Der Bünder Bauernmarkt wird abgesagt. NOVEMBER Anfang November knackt der Inzidenzwert im Kreis Herford die 200er Marke und liegt bei 218. &bdquo;Der Trend im Kreis Herford ist bedenklich", gibt Jürgen Müller zu Protokoll. Mitten in der zweiten Corona-Welle treten zwei neue Bürgermeister im Bünder Land ihr Amt an: Susanne Rutenkröger in Bünde und Siegfried Lux in Rödinghausen. Gleich am ersten Tag haben sie mit den anderen Bürgermeistern im Kreis eine Videokonferenz. Das Thema: die aktuelle Corona-Lage und Maßnahmen. Dieses Thema wird sie bis heute begleiten. Bei Gerresheimer in Bünde gibt es einen Corona-Ausbruch: 36 infizierte Mitarbeiter im Bünder Werk und deren Kontaktpersonen müssen in Quarantäne. Bünde zählt zwischenzeitlich 180 Infizierte. Am 11. November steht fest: Es kommt eine Maskenpflicht auf dem Bünder Marktplatz. Die Schülerinnen und Schüler des Grundschulverbunds Elseaue in Kirchlengern müssen alle für zwei Wochen ins Homeschooling. Der Grund: Zwei Pädagogen haben sich mit Corona infiziert. Zuvor hatte es eine Besprechung mit allen Lehrern gegeben. Das Thema der Besprechung war – so die Ironie des Schicksals – das Homeschooling. Am 14. November wird bekannt, dass es den ersten Corona-Todesfall in Bünde gibt, es folgen bedauerlicherweise weitere Todesfälle. Die Maskenpflicht in Bünde wird ausgeweitet: Auch am Museumsplatz und am ZOB muss eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden. Am 18. November liegt der Inzidenzwert im Kreis Herford bei 154. Auch Kirchlengern verzeichnet den ersten Corona-Todesfall. Besserung in Sicht? Der Inzidenzwert sinkt leicht, am 27. November liegt er bei 123. Für Wirbel sorgt der Abbruch des Weihnachtsmarktes &bdquo;Weihnachtliches Bünde": Alle Stände müssen am Sonntag auf Anweisung von Susanne Rutenkröger sofort schließen. Als die Bürgermeisterin am Sonntagmorgen &bdquo;den stahlblauen Himmel und die Sonne" sah, fürchtete sie, dass es in Bünde zu einer &bdquo;unkontrollierbaren Situation" kommen könnte, erklärt sie einen Tag später. DEZEMBER Weiterhin ist keine Entspannung in Sicht: Über das erste Dezember-Wochenende gibt es im Kreis Herford 126 neue Corona-Fälle. In Bünde sind es 86 Infizierte. Der Inzidenzwert steigt wieder auf über 150. Ab Mitte Dezember bieten die Testzentren in Herford und Bünde Schnelltests an. Anfang Dezember hegt man im Kreishaus noch die Hoffnung, dass sich die Zahl der Infizierten stabilisiert habe und langsam sinken würde. Doch diese Hoffnung wird enttäuscht: Die zweite Welle hat deutlich an Kraft und Dynamik gewonnen und die Corona-Fälle nehmen deutlich zu. Die Inzidenz liegt Mitte Dezember bei 177. In Bünde gibt es dann 128 Fälle, in Kirchlengern 34 und in Rödinghausen 18. Am 14. Dezember beginnt der härtere Lockdown: Geschäfte machen dicht, Rathäuser schließen für den Publikumsverkehr. Trauriger Zwischenstand einiges Tage später: Im Kreis Herford gibt es mittlerweile 49 Corona-Todesfälle. Kurz vor Weihnachten (23. Dezember) steigt der Inzidenzwert für den Kreis Herford auf 233. Die Zahlen fürs Bünder Land: Bünde 116, Kirchlengern 43 und Rödinghausen 24 Corona-Erkrankte. Es kommt zur Ausgangssperre im Kreis Herford. Einen Hoffnungsschimmer im Kampf gegen das Virus gibt es am zweiten Weihnachtstag: Gabriele Hofmann ist die erste im Kreis Herford, die eine Corona-Schutzimpfung erhält. Die Leiterin des Heinrich-Windhorst-Hauses in Herford reißt nach der Impfung die Arme in die Luft und jubelt. &bdquo;Ich fühle mich, als sei es der Tag meiner Hochzeit", sagt sie. Die Impfungen in Seniorenheimen starten. JANUAR Anfang Januar sinken die Zahlen leicht, das habe allerdings mit der geringeren Testaktivität zu tun, sagen Experten. Die Lage in den Krankenhäusern bleibt angespannt. Von den 89 Patienten (67 aus dem Kreisgebiet) liegen derzeit 19 auf einer Intensivstation, elf müssen beatmet werden. Das Bünder Land ist im Lockdown – und bleibt es auch. Bund und Länder beschließen, dass der Lockdown bis Ende Januar verlängert wird. Am 5. Januar überschreitet die Gesamtzahl der Corona-Infektionen in Bünde erstmals die 1.000er Marke. In Kirchlengern gibt es seit Beginn der Pandemie etwas mehr als 300 Infektionen, in Rödinghausen sind es zu diesem Zeitpunkt fast 190. In der Wiehengemeinde gibt es eine größere Anzahl an Infektionen in einem Altenpflegeheim: Mehrere Bewohner und Mitarbeiter im Haus am Wiehen werden positiv auf das Coronavirus getestet, obwohl einige Tage zuvor Corona-Schutzimpfungen durchgeführt worden waren. Am 11. Januar endet die Ausgangssperre im Kreis. Corona-Hotspots im Kreisgebiet bleiben vor allem Altenheime. Eine wichtige Rolle im Kampf gegen das Virus kommt einer Firma aus Bünde zuteil: Bei Gerresheimer werden die Injektionsfläschchen für den Corona-Impfstoff produziert. Mitte Januar heißt es: Die erste Impfung in allen Alten- und Pflegeheimen im Kreis Herford ist durchgeführt worden. Es wird nun mit den zweiten Impfungen gestartet. Keine guten Nachrichten vom Impfzentrum in Enger: Der Start wird auf den 8. Februar verschoben. Ende Januar liegt die Inzidenz bei unter 100 – am 29. Januar bei genau 90,2. In Bünde gibt es am 29. Januar 58 Infizierte, in Kirchlengern sind es 16 und in Rödinghausen 38. Über 80-jährige Menschen können in NRW einen Termin für die Corona-Impfung ausmachen. Doch die dafür eingerichtete Telefon-Hotline und die Internetseite sind tagelang völlig überlastet. Das sorgt für Frust. FEBRUAR Es ist weiterhin Lockdown, die Geschäfte – außer für den täglichen Bedarf – sind dicht. Einige Bünder Einzelhändler bieten kreative Lösungen an. Dazu gehören die Beratung per Video oder die Übergabe durch eine Klappe. Auch an den Schulen ist Distanzunterricht angesagt. &bdquo;Jetzt sind wir seit Weihnachten im zweiten Lockdown und im Homeschooling und müssen mit den schlechten Bedingungen klarkommen und beschweren uns schon gar nicht mehr darüber", schreibt eine Schülerin aus Bünde an die NW. Im Februar startet dann der Betrieb des Impfzentrums in Enger. Ärger gibt es über abgesagte Impftermine und die Schwierigkeiten, überhaupt einen Impftermin zu bekommen. Am Wochenende des 14. Februar rutscht der Inzidenzwert unter die 50er Marke – auf 43,5. In Bünde gibt es zu diesem Zeitpunkt 62 Infizierte. Ab dem 22. Februar kehren Grundschüler und Abschlussklassen in den Präsenzunterricht zurück. Im Februar treten im Kreis erstmals auch die britische und südafrikanische Mutation auf. Ende Februar liegt die Inzidenz bei 61,5. In Bünde sind zum 27. Februar 37 Personen infiziert, in Kirchlengern sind es 20 und in Rödinghausen 19 Personen. Bis zu diesem Zeitpunkt gibt es im Bünder Land 31 Corona-Todesfälle.

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