Wichtige Frage vor der Wahl: Welche Macht hat eigentlich ein Bürgermeister?

Bünde. Kaum im Amt, will ein neuer Bürgermeister vieles umsetzen, anders machen als sein Vorgänger, Akzente setzen, Geld ausgeben, die Macht des Amtes nutzen. Doch meist kommt schnell die Ernüchterung: Übers Geld kann er nicht allein entscheiden, der Stadt einfach so eine neue Politik aufzudrücken, ist ebenfalls nicht einfach. Und auch die Sache mit der Macht hat einen Haken. Fakt ist: Bünde bekommt in ein paar Wochen einen neuen Bürgermeister oder eine neue Bürgermeisterin. Amtsinhaber Wolfgang Koch (CDU) tritt nicht mehr an, macht den Chefsessel frei für einen Nachfolger und eine Nachfolgerin. Wer das sein wird, steht bis zum späten Abend des 13. September in den Sternen. Vermutlich wird auch dann nicht klar sein, wer die Wahl gewonnen hat, denn: Um zu gewinnen, braucht ein Kandidat die absolute Mehrheit der Stimmen. Mehr als 50 Prozent der Wahlberechtigten in Bünde müssen ihr Kreuz bei ihm oder bei ihr gemacht haben. Das zu schaffen bei einem fünfköpfigen Kandidatenfeld, gilt als unwahrscheinlich. Gut möglich also, das erst zwei Wochen später in einer Stichwahl zwischen den beiden Bewerbern mit den meisten Stimmen entschieden wird, wer neuer Chef oder wer neue Chefin im Rathaus werden wird. Und wie geht es dann weiter? "Na klar hat ein Bürgermeister Macht", sagt ein ehemaliger Rathaus-Chef. "Aber leider muss er die Macht teilen mit dem Stadtrat. Denn ohne den geht bei wichtigen Fragen meist nichts." Und schon hat das schöne Gedankenspiel einer Alleinherrschaft ein Ende. Wer keine Mehrheit im Rat hat oder keine Mehrheit für ein Projekt organisieren kann, steht allein auf weiter Flur. Paragrafen regeln die Stellung des Bürgermeisters Das geht bereits bei kostspieligen Projekten los: Der Stadtrat verabschiedet zu Beginn eines Jahres den Haushalt. Darin ist für jedes Amt, für jede Aufgabe und für jedes Vorhaben hinterlegt, was es kosten darf. An diesen Haushalt haben sich der Bürgermeister und die Verwaltung zu halten. Es ist nicht vorgesehen, einfach so eine Million Euro von Aufgabe X abzuziehen und in Projekt Y zu stecken, nur weil der Bürgermeister das gern möchte. Was im Haushalt steht, entscheiden die Mitglieder des Stadtrates. Welche Straßen ausgebaut werden sollen, ist hier festgelegt. Wie viel Geld eine Schule für Büromaterial ausgeben darf, steht hier. Wie viele Millionen für ein neues Freibad freigegeben werden, ist hier hinterlegt. Abweichungen von den Posten sind nicht so einfach möglich, in jedem Fall muss der Stadtrat zustimmen. Und dann gibt es noch die Paragrafen 62 bis 69 der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung. Hier sind die Aufgaben und Pflichten eines Bürgermeisters geregelt. Dort heißt es unter anderem: "Der Bürgermeister ist verantwortlich für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs der gesamten Verwaltung. Er leitet und verteilt die Geschäfte." Im Alltag also leitet der Bürgermeister die Verwaltung, ist oberster Chef aller Mitarbeiter. Doch schon ein paar Sätze weiter wird klar, dass er politisch Grenzen unterworfen ist. So muss er sich an Beschlüsse des Rates halten und diese umsetzen - ob sie ihm persönlich gefallen oder nicht. Und das auch noch "unter der Kontrolle des Rates". Aktuelle und zukünftige Mehrheiten So ist die Situation aktuell: Im Bünder Stadtrat sitzen 20 direkt gewählte Vertreter aus den 20 Wahlbezirken in Bünde. Das sind die Kandidaten, die bei der letzten Wahl in ihrem Bezirk die meisten Stimmen bekommen haben. Dazu kommen noch einmal 20 Politiker, die aufgrund des Wahlergebnisses ihrer Partei in den Stadtrat eingezogen sind. Macht zusammen 40 Mitglieder des Stadtrates, hinzu kommt der Bürgermeister, der qua Amt Mitglied ist und dessen Stimme ebenfalls zählt. Das heißt, um eine Mehrheit für ein Vorhaben zu bekommen, braucht der aktuelle Amtsinhaber Wolfgang Koch 21 Stimmen. Seine eigene Stimme ist ihm sicher, also muss er noch 20 Ratsmitglieder von seiner Idee überzeugen. Und hier beginnt das Problem: Seine CDU hat 14 Mitglieder, das reicht nicht für eine Mehrheit. Rechnerisch am einfachsten wäre es, wenn CDU und SPD zusammenarbeiten würden, zusammen kommen sie auf 29 Stimmen. Da das aber in der Praxis eher selten vorkommt, müssen andere Mehrheiten her. CDU und Grüne haben zusammen 19 Stimmen. Mit UWG (3 Sitze) und FDP (2 Sitze) allein ist auch keine Mehrheit in Sicht. Die CDU müsste sich also mindestens zwei weitere Fraktionen suchen, um eine politische Mehrheit zu bekommen. Und ohne Mehrheit kann der Bürgermeister kein Vorhaben durchsetzen. Acht Parteien kämpfen um Stimmen Die Macht eines Bürgermeisters findet ihre Grenzen in der Zusammensetzung des Stadtrates. Und da dieser von den Bündern gewählt wird, kommt es also am 13. September nicht nur darauf an, wer am Ende neuer Bürgermeister oder neue Bürgermeisterin von Bünde wird, sondern auch, welche Parteien in den Rat einziehen und mit welchem Ergebnis. Bisher gibt es fünf Fraktionen in dem Gremium, hinzu kommt ein Einzelmitglied. Bei der anstehenden Wahl treten acht Parteien an: CDU, SPD, Grüne, UWG und FDP sind bereits im Stadtrat vertreten, dazu kämpfen Linke, "Die Partei" und AfD um Wählerstimmen. Ob eine Mehrheitsfindung in dem neuen Gremium, das weiterhin 40 Mitglieder haben wird, somit einfacher wird, ist zumindest fraglich.

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